"Anonymous macht die beste PR der Welt"

Ein Experte aus der Hackerszene erklärt gegenüber LEADERSNET das "Franchise-System" Anonymous – und schätzt ein, wieviel Wirkmacht die Cyberangriffe tatsächlich haben.

Rund um den Krieg in der Ukraine ist viel von Cyberangriffen die Rede. Die Lage ist verworren. Das Anonymous-Kollektiv soll für Hacks auf russische Medien und Unternehmen, darunter Gazprom und das Staatsfernsehen RT verantwortlich sein.

Derweil sicherte die Ransomware-Bande Conti Putin vor zwei Tagen noch die uneingeschränkte Unterstützung zu, vollzieht in der Nacht auf heute aber eine Trendwende. Eines ihrer Mitglieder veröffentlicht unter "F*** Putin" einen Berg an Logfiles. Die werden von der Gemeinde gerade zerpflückt – mit dem Ziel neue Angriffsmöglichkeiten zu finden.

Anonymous ist ein Label

Fest steht jedenfalls, welcher Name in der breiten Masse am wirkmächtigsten ist: Anonymous. Ein Name, der für einen unbekannten Hacker mit Kaputzenpulli steht, der sein Gesicht hinter der allseits bekannten gruseligen Maske versteckt.

Ein Experte der Szene erklärt gegenüber LEADERSNET, was es damit auf sich hat: "Anonymous ist ein Label. Wenn nichts los ist, dann sind es fünf Leute, die im Netz unterwegs sind. Wenn sich wie jetzt gerade die Ereignisse überschlagen, dann beschließt eine Aktivistengruppe, wie jetzt zum Beispiel eine ukrainisch/anti-russische, dass sie unter dieser Marke auftreten werden. Um mächtiger zu wirken. Denn der Vorteil von Anonymous ist, dass sie die beste PR der Welt machen."

News im Netz hinterfragen

Wobei uns Medienkonsument:innen dem Experten zufolge eines klar sein müsse: Je spektakulärer eine Hacker-Geschichte klingt, desto weniger wahrscheinlich ist sie wahr. Es gelte, sich die Zeit zu nehmen, all diese Meldungen zu hinterfragen, besonders in Kriegszeiten. Wer Inhalte unreflektiert im Netz teilt, kann sich zum Teil einer Propagandamaschinerie machen, und dann ist oft nicht einmal klar von welcher Seite.

Gegen Putin selbst vermögen die Cyberangriffe auf dem Westen nicht allzu viel auszurichten, vermutet der Experte. Besser sei da schon der "Hack", den russischen Oligarchen den Hahn zuzudrehen. "Das macht mehr Druck". Im Cyberspace sei es in Krisenzeiten auch nicht anders als im realen Leben. "Menschen sind unter Stress und wollen helfen. Sie treffen Kurzschlussentscheidungen und sind dabei nicht unbedingt hilfreich, sondern, im Gegenteil, verkomplizieren die Lage nur noch mehr." So passiert es, dass sich dieser Tage viele Amateurhacker in den Cyberkrieg einklinken – nicht unbedingt immer zum Guten. (no)

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