LEADERSNET: Wie definieren Sie Internetsicherheit?
Lennart Wetzel: Internetsicherheit bedeutet für uns, dass Menschen digitale Plattformen ohne Angst vor Risiken nutzen können. Das umfasst den Schutz vor schädlichen Inhalten, Belästigung und unerwünschten Kontakten ebenso wie den verantwortungsvollen Umgang mit Daten und Privatsphäre. Internetsicherheit ist aber nicht nur eine Frage der Technologie, sondern auch der Medienkompetenz.
LEADERSNET: Welche Rolle spielt die Aufklärung in Bezug auf Sicherheit?
Lennart Wetzel: Aufklärung ist ein essenzieller Bestandteil digitaler Sicherheit. Je besser Nutzer:innen über Risiken und Schutzmaßnahmen informiert sind, desto sicherer können sie sich im Netz bewegen. Besonders für Jugendliche, die soziale Plattformen intuitiv nutzen, ist es wichtig, dass sie die Mechanismen hinter Datenschutz, Privatsphäre und sicherem Verhalten verstehen. Unser Ziel ist es, einen verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Plattformen zu fördern und Nutzer:innen das Wissen und die Werkzeuge an die Hand zu geben, um sich selbstbestimmt und sicher im Netz zu bewegen.
LEADERSNET: Was tut Snapchat, um für Jugendliche ein sicheres digitales Erlebnis zu schaffen?
Lennart Wetzel: Snapchat setzt auf eine Vielzahl von Sicherheitsfunktionen, um ein sicheres Umfeld für Jugendliche zu gewährleisten. Wir stellen sicher, dass bei minderjährigen Nutzer:innen altersgerechte Schutzmaßnahmen greifen, etwa durch restriktive Kontakteinstellungen, die nur den Austausch mit Freundinnen und direkten Kontakten ermöglichen. Die Standortfreigabe ist bei Jugendlichen standardmäßig deaktiviert, und wir erinnern sie regelmäßig daran, ihre Datenschutzeinstellungen zu überprüfen. Wir arbeiten ständig daran, unsere Sicherheitsfunktionen weiterzuentwickeln. Durch diese Maßnahmen stellen wir sicher, dass Snapchat ein Ort für kreative, authentische und vor allem sichere digitale Interaktionen bleibt – gerade für junge Menschen.
LEADERSNET: Wie können Eltern ihre Kinder auf digitalen Plattformen begleiten, ohne deren Privatsphäre zu verletzen?
Lennart Wetzel: Wir möchten Eltern mit Tools und Ressourcen dabei unterstützen, für und gemeinsam mit ihren Teenagerinnen die richtigen Entscheidungen zu treffen – basierend auf dem Alter ihres Kindes sowie den Werten der Familie. Deshalb haben wir 2022 das Family Center eingeführt, das Eltern oder gegebenenfalls anderen Betreuungspersonen mehr Transparenz und Kontrolle bietet. Mit diesem Tool können sie sehen, mit wem ihre Kinder auf Snapchat kommunizieren und wer zu ihrem Freundeskreis gehört. Zudem lassen sich Inhaltseinstellungen anpassen, um sensible oder anstößige Inhalte in Stories oder Spotlight herauszufiltern. Eltern haben außerdem die Möglichkeit, vertraulich Bedenken an Snaps Trust & Safety-Teams zu melden. Darüber hinaus können sie überprüfen, ob ihr Kind den Chatbot My AI genutzt hat, und festlegen, dass dieser nicht mehr antwortet. Auch das deklarierte Alter ihres Kindes ist einsehbar, um sicherzustellen, dass die Schutzmaßnahmen für Minderjährige greifen. Bald werden Eltern von Teenagerinnen im Alter von 16 und 17 Jahren im Family Center außerdem sehen können, ob ihr Kind öffentlich Inhalte teilt. Dieses neue Feature soll Familien dabei helfen, wichtige Gespräche darüber zu führen, was das öffentliche Teilen von Inhalten bedeutet und was im individuellen Fall richtig ist.
LEADERSNET: Wie können Pädagog:innen heutzutage wirkungsvoll Medienkompetenz vermitteln?
Lennart Wetzel: Ein offener Austausch zwischen Jugendlichen und Lehrkräften über die sichere Nutzung digitaler Plattformen ist aus unserer Sicht essenziell. Damit Medienkompetenz wirkungsvoll vermittelt werden kann, sollten Lehrkräfte mit den Plattformen vertraut sein, die junge Menschen in Deutschland täglich nutzen. Um sie dabei zu unterstützen, haben wir den Educator’s Guide für Snapchat entwickelt. Dieser bündelt umfassende Informationen zu Sicherheitsfunktionen, Meldemöglichkeiten und Privatsphäre-Einstellungen sowie Weiterbildungsmaterial für Lehrkräfte und Eltern. So möchten wir dazu beitragen, dass Pädagog:innen ihre Schüler:innen bestmöglich auf einen verantwortungsbewussten Umgang mit digitalen Medien vorbereiten können.
LEADERSNET: Wie beeinflussen politische Entwicklungen in der DACH-Region die strategischen Entscheidungen von Snap?
Lennart Wetzel: Unsere strategischen Entscheidungen basieren darauf, wie wir langfristig ein sicheres und kreatives digitales Erlebnis bieten können, das den Bedürfnissen unserer Nutzer:innen und den regulatorischen Anforderungen entspricht.
LEADERSNET: Welche Herausforderungen begegnen Ihnen häufig in Ihrer Position?
Lennart Wetzel: Technologiethemen, wie zum Beispiel Künstliche Intelligenz (KI) und Augmented Reality, werden immer komplexer. Eine der größten Herausforderungen ist die Tatsache, dass Innovationszyklen in der Regel kürzer sind als die Entscheidungszyklen in der Politik. Ein Beispiel dafür ist, dass die Verabschiedung eines Gesetzes oft mehrere Jahre in Anspruch nimmt, während technologische Innovationen, wie etwa ChatGPT, innerhalb kürzester Zeit alles verändern können. So musste die Technologie von ChatGPT beispielsweise nachträglich in das Europäische KI-Gesetz (AI Act) aufgenommen werden. Dies unterstreicht, wie wichtig es ist, dass Politik, Wirtschaft und Forschung in engem Austausch stehen, um auf die dynamischen Veränderungen der Technologie schnell und effektiv reagieren zu können.
LEADERSNET: Wie positioniert sich Snap im Vergleich zu anderen sozialen Plattformen in der DACH-Region?
Lennart Wetzel: Snapchat wurde als Gegenentwurf zu Social Media entwickelt. Die App öffnet sich zur Kamera und bietet vor allem eine schnelle, unterhaltsame Möglichkeit, visuell mit Freund:innen und Familie zu kommunizieren oder Momente unmittelbar zu teilen. Der Hauptanwendungsfall von Snapchat ist es also, mit Menschen direkt im Austausch zu sein, statt durch einen öffentlichen Feed zu scrollen.
LEADERSNET: Wie sehen Sie die Zukunft von sozialen Medien in der DACH-Region?
Lennart Wetzel: Ich denke, dass die Bedeutung von Authentizität und individuellen Ausdrucksformen weiter zunehmen wird. Nutzer:innen suchen immer mehr nach Plattformen, die ihnen ermöglichen, echte, unperfekte Erlebnisse zu teilen, anstatt einem ständigen Perfektionsdrang zu folgen. Die Zukunft wird den Plattformen gehören, die die Bedürfnisse nach neuen Technologien, Sicherheit und Spaß miteinander verbinden.
LEADERSNET: Welche Trends beobachten Sie?
Lennart Wetzel: Wir beobachten, dass sich Nutzer:innen nach echten und nahbaren Inhalten sehnen. Auf Snapchat setzen auch Creator:innen auf authentische und kreative Inhalte, die ihre persönliche Perspektive widerspiegeln, anstatt sich auf kommerzielle oder perfekt inszenierte Darstellungen zu konzentrieren.
LEADERSNET: Wie reagiert Snap auf die steigenden Anforderungen an Transparenz und Verantwortung in sozialen Medien?
Lennart Wetzel: Wir sind uns unserer großen Verantwortung in Bezug auf Datenschutz, Sicherheit und die Verantwortung von Plattformen bewusst. Angesichts der gesellschaftlichen Bedenken, die aktuell gegenüber Plattformen aus den USA und Asien bestehen, nehmen wir diese Herausforderungen sehr ernst. Deshalb investieren wir kontinuierlich in die Sicherheit von Snapchat und stehen im engen Austausch mit den zuständigen Behörden im DACH-Raum sowie in Brüssel.
LEADERSNET: Was hat Sie dazu motiviert, in den Bereich der Unternehmenspolitik einzusteigen?
Lennart Wetzel: Schon immer hat mich das Zusammenspiel von Politik und Wirtschaft fasziniert. Was mich an meiner aktuellen Arbeit besonders motiviert, ist die Möglichkeit, täglich an der Schnittstelle von Gesellschaft, Politik und Wirtschaft zu agieren. Es ist spannend, in einem Bereich tätig zu sein, der direkten Einfluss auf die gesellschaftliche Entwicklung hat und ständig neue Herausforderungen mit sich bringt.
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