Leadership: Downshifting
Kürzertreten ohne Gehaltsverlust: Strategien für ein erfolgreiches Downshifting

| Redaktion 
| 11.11.2024

Für viele Führungskräfte wird die Frage nach einer Neuorientierung irgendwann im Berufsleben zentral – vor allem, wenn das Karriereleben intensiv, aber auch kräftezehrend ist. Während einige den Wunsch verspüren, vollständig auszusteigen, möchten andere bloß Druck reduzieren, ohne ihre Karriere komplett aufzugeben. Doch wie gelingt dieses sogenannte "Downshifting“?

Laut Sozialwissenschaftlerin Julia Gruhlich, die das Downshifting-Phänomen erforscht hat, sind Downshifter keine Aussteiger. "Sie verweigern sich nicht dem Leistungsprinzip, sondern suchen nach einer neuen, erfüllenderen Balance,“ erklärt Gruhlich im Handelsblatt. In Interviews mit Menschen, die diesen Schritt gegangen sind, zeigt sich, dass viele weiterhin aktiv und engagiert im Berufsleben stehen möchten – nur auf eine Weise, die ihren Prioritäten besser entspricht.

Die zentralen Gründe für ein Downshifting lassen sich in die Kategorien Fürsorge, Selbstsorge und Sinnstiftung einteilen. Oft spielen familiäre Verpflichtungen wie die Pflege von Angehörigen oder der Wunsch, der eigenen psychischen und physischen Gesundheit Vorrang zu geben, eine wesentliche Rolle. Manche Führungskräfte wollen auch ihre berufliche Sinnhaftigkeit neu definieren und von operativen Aufgaben zu strategischen, langfristigen Projekten wechseln.

Herausforderungen und gesellschaftlicher Druck

Wie Karriereexperten betonen, ist Downshifting auch ein gesellschaftlich bedingter Entschluss. Viele Menschen erleben in der Mitte ihres Berufslebens einen "Rechtfertigungsdruck“, vor allem in einer Kultur, die Vollzeit und steile Karrierewege betont. Die klassisch karriereorientierte Vorstellung, immer "höher, schneller, weiter“ zu kommen, hat für viele Downshifter oft an Bedeutung verloren. Stattdessen steht der Wunsch nach beruflicher Erfüllung und einer Work-Life-Balance im Vordergrund.

Für viele kann es dabei zu einem Spannungsfeld kommen: Der Schritt zurück wird häufig als ungewöhnlich wahrgenommen, und einige Führungskräfte empfinden es als schwierig, diesen Wechsel gegenüber ihrem Umfeld zu rechtfertigen. Dies betrifft vor allem Wechsel zu anderen Arbeitgebern, bei denen Downshifter befürchten, dass ihr Schritt als Überforderung interpretiert wird. Karrierecoach Bernd Slaghuis empfiehlt daher eine klare Kommunikation in Bewerbungsunterlagen, die den Grund für den Wechsel ehrlich darlegt und zeigt, dass dieser ein reflektierter Karriereschritt ist.

Downshifting ohne Gehaltsverlust

Das Herunterschalten muss nicht unbedingt mit einem Gehalts- oder Statusverlust einhergehen – vorausgesetzt, der Schritt wird strategisch geplant. Eine Möglichkeit ist der Übergang in eine Expertenrolle innerhalb des Unternehmens. Arbeitgeber schätzen erfahrene Mitarbeiter oft als wertvolle Ressource, und ein Seitenwechsel ohne Führungsverantwortung kann sowohl für das Unternehmen als auch für den Arbeitnehmer Vorteile bringen. Wichtig ist dabei die Eigeninitiative: Wer den Wunsch zum Downshifting äußert, sollte Vorschläge für eine neue Position oder Rolle im Unternehmen mitbringen.

Ein Wechsel zu einem anderen Unternehmen kann anspruchsvoller sein, da hier möglicherweise Bedenken hinsichtlich der Motivation und der Leistungsfähigkeit aufkommen könnten. In solchen Fällen empfiehlt sich ein transparenter Bewerbungsprozess, der klar die eigenen Ziele kommuniziert und die Neuausrichtung als positiv darstellt.

Perspektiven für die Zukunft

Ein weiterer Vorteil des Downshifting ist seine Flexibilität. Für viele Führungskräfte bleibt die Möglichkeit bestehen, in späteren Lebensphasen wieder in eine verantwortungsvolle Rolle zurückzukehren, wenn der Wunsch oder die Notwendigkeit besteht. So beschreibt Gruhlich das Downshifting nicht als endgültigen Schritt, sondern als bewusste, anpassungsfähige Entscheidung für bestimmte Lebensphasen.

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