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Digital Ethics Summit 2024: Was vom Menschen übrig bleibt und die ethische Zukunft der KI

| Redaktion 
| 19.09.2024

Auf Einladung der Rheinischen Post und unter der Leitung von Chefredakteur Moritz Döbler sowie Henning Bulka, Leiter des Digitaldesks, versammelten sich am 19. September 2024 mehr als 300 Teilnehmer auf der MS RheinGalaxie in Düsseldorf. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie die Digitalisierung unsere Gesellschaft verändert und wie dieser Wandel verantwortungsvoll gestaltet werden kann.

Beim vierten Digital Ethics Summit kamen namhafte Experten und Expertinnen aus verschiedenen Disziplinen zusammen, um die ethischen Herausforderungen und Chancen der Künstlichen Intelligenz (KI) zu diskutieren. 

Die Keynote von Prof. Dr. Thomas Druyen: KI als größte Veränderung

Zu den Highlights der Veranstaltung zählte die Keynote von Prof. Dr. Thomas Druyen, einem renommierten Zukunftsforscher und Professor für Zukunftspsychologie. Druyen stellte die These auf, dass die Künstliche Intelligenz die tiefgreifendste und nachhaltigste Veränderung in der Geschichte der Menschheit darstellt – größer noch als die landwirtschaftliche und industrielle Revolution. Seiner Ansicht nach verändert KI das Verhältnis des Menschen zu sich selbst und markiert den Beginn einer neuen Ära, in der Technologie unsere kognitiven Fähigkeiten erweitert und unsere Lebensrealität transformiert.

Druyen hob hervor, dass der Mensch historisch immer mit Angst auf Veränderungen reagiert hat, doch KI biete enorme Chancen, insbesondere in der Medizin und Bildung. Entscheidend sei jedoch, dass ethische Überlegungen von Anfang an in die technologischen Entwicklungen integriert werden. „Nur wenn ethische Prinzipien nicht nur moralisch, sondern auch ökonomisch vorteilhaft sind, könnten sie nachhaltig umgesetzt werden.“

Deepfakes und ethische Grauzonen: Dr. Benjamin Lange

Dr. Benjamin Lange, Experte für digitale Ethik, beleuchtete die bedrohlichen Auswirkungen von Deepfake-Technologien. Er verwies dabei auf das Beispiel Südkoreas, wo eine Welle täuschend echter Deepfake-Pornografie das Vertrauen in soziale Medien erschüttert hat. Dieses Phänomen sei kein Einzelfall, sondern Symptom einer größeren, globalen Entwicklung. Experten schätzen, dass in den kommenden Jahren bis zu 90 % der Internetinhalte synthetisch erstellt werden könnten, was die Erkennung von Desinformation erheblich erschwert.

Lange betonte die ethischen Herausforderungen, die der rasante technologische Fortschritt mit sich bringt. Während KI neue Chancen in Bereichen wie Bildung, Gesundheit und Produktivität schafft, birgt sie auch Risiken wie den Verlust von Arbeitsplätzen und die Manipulation durch Deepfakes. Er sprach vom sogenannten „Pacing-Problem“ – dem Missverhältnis zwischen der Geschwindigkeit der technologischen Innovation und der Fähigkeit der Gesetzgebung, angemessen zu reagieren. In diesen rechtlichen Grauzonen spielt die Ethik eine zentrale Rolle, um moralische Leitplanken zu setzen.

Menschlichkeit in Zeiten der KI: Christiane Woopen

Christiane Woopen, ehemalige Vorsitzende des deutschen Ethikrates, rückte die Frage nach der Menschlichkeit in den Mittelpunkt ihres Vortrags. In einer Zeit, in der KI immer mehr Aufgaben übernimmt, dürfe der Fokus nicht allein auf Perfektion und Effizienz liegen, sondern auf der Zwischenmenschlichkeit, die das Wesen des Menschseins ausmacht. KI solle den Menschen unterstützen, ohne seine Werte zu verdrängen, betonte sie.

Die Singularität und die Grenzen der KI: Jan Hiesserich

Jan Hiesserich, Strategiechef des KI-Unternehmens Aleph Alpha, sprach über die oft diskutierte Singularität – den Moment, in dem Künstliche Intelligenz die Fähigkeiten menschlicher Intelligenz übertreffen könnte. Anstatt dies als Bedrohung für die menschliche Autonomie zu betrachten, plädierte Hiesserich dafür, die KI als Werkzeug zu nutzen, das den Menschen unterstützt.

„Künstliche Intelligenz ist keine Simulation des menschlichen Denkens, sondern eine völlig andere Form der Intelligenz,“ so Hiesserich. Anstatt in Konkurrenz zur Maschine zu treten, sollten wir uns auf die Stärken des Menschen konzentrieren. Hiesserich hob das Konzept der „Augmented Intelligence“ hervor, bei dem Technologie die menschlichen Fähigkeiten ergänzt und erweitert. „Technologie eröffnet Möglichkeiten, aber sie füllt diese nicht automatisch – das bleibt die Aufgabe des Menschen,“ betonte er.

Bildung im Zeitalter der KI: Daniel Jung

Der bekannte Mathematik-Youtuber und KI-Experte Daniel Jung sprach über die weitreichenden Veränderungen, die KI im Bildungssektor ermöglichen könnte. Er unterstrich, dass sich das Bildungssystem schneller an den technologischen Fortschritt anpassen müsse, um das Potenzial der KI optimal zu nutzen. „Jeder Mensch wird irgendwann einen digitalen Tutor haben,“ prognostizierte Jung und machte damit deutlich, wie individuell und effizient Lernprozesse durch KI gestaltet werden könnten.

Praxisnahe Einblicke und kreative KI-Anwendungen

Neben den inspirierenden Vorträgen bot die Veranstaltung auch praxisnahe Einblicke in die Anwendung von KI. In interaktiven Workshops konnten die Teilnehmer selbst kreativ werden und lernen, wie sie KI für eigene Projekte einsetzen können. Ein besonderes Highlight war ein von KI generierter Hip-Hop-Song, der live präsentiert wurde und die kreativen Potenziale der Technologie eindrucksvoll demonstrierte.

Medien und Journalismus im KI-Zeitalter

Zum Abschluss des Digital Ethics Summits fand ein hochkarätig besetztes Panel zum Thema „Medien und Journalismus im KI-Zeitalter“ statt. Unter der Moderation von Christina Pulido Lopez diskutierten Tabea Rößner, Vorsitzende des Digitalausschusses im Deutschen Bundestag, der Netzjournalist Richard Gutjahr und RP-Chefredakteur Moritz Döbler darüber, wie sich der Journalismus durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz verändert. KI eröffnet neue Möglichkeiten in der Recherche, Produktion und Verbreitung von Inhalten, wirft jedoch auch ethische und gesellschaftliche Fragen auf. Im Panel wurden sowohl die Chancen als auch die Herausforderungen der KI im Medienbereich intensiv beleuchtet.

 

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