Horváth-Studie
KI-Transformation: Viele Chefs überschätzen ihre Fortschrittlichkeit

| Redaktion 
| 25.03.2024

Vorstand und Geschäftsführung schätzen das eigene Unternehmen oft positiver als ihre Führungskräfte auf operativer Ebene ein, wenn es um den Eintritt ins KI-Zeitalter geht. Auch fehlender Fokus bei der Budgetallokation und der strategischen Ausrichtungen wirkt als Transformationshemmer.

"Mit Vorsprung durch die KI-Revolution – Was CXOs jetzt wissen müssen" nennt sich eine aktuelle Studie der international tätigen Managementberatung Horváth. Zur Durchführung wurden mehr als 150 Führungskräfte von branchenübergreifenden Unternehmen befragt, die mindestens 200 Mitarbeiter beschäftigen und einen Jahresumsatz oberhalb der 200 Millionen Euro generieren. Über 100 der Befragten kommen aus Deutschland; die restlichen aus Großbritannien, Frankreich, Italien, Spanien und Dänemark.

Dabei zeigt sich, dass sich ein überwiegender Großteil dieser Führungskräfte "überdurchschnittlich gute Kenntnisse der Funktionsweise und Potenziale generativer KI" bescheinigt: Stolze 85 Prozent schätzen ihren Wissensstand entsprechend ein. "Die Mehrheit der CxOs ist sich der Bedeutung von GenAI für ihr Unternehmen und ihre Branche absolut im Klaren. Sie sind funktionsübergreifend sehr gut informiert über wirtschaftliche Potenziale und wollen aktiv die Weichen stellen, um GenAI top-down in der Organisation voranzutreiben", stellt Studienleiter und Horváth-Partner Rainer Zierhofer fest.

Diskrepanz zwischen Vorstand und Fachebene

"Das Problem: Der aktuelle Stand der KI-Implementierung im eigenen Unternehmen wird überschätzt – Aufwände und Herausforderungen im Operativen dagegen unterschätzt", führt Zierhofer aus. Deutlich wird das etwa, wenn man die Einschätzungen von Vorstand und Geschäftsführung mit der Selbstwahrnehmung der betreffenden Fachbereiche vergleicht.

Eine "Organisation, in der künstliche Intelligenz tief verankert ist, in der sowohl intern in nahezu jeder Abteilung als auch zur Verbesserung von Produkten und Dienstleistungen KI eingesetzt wird und außerdem neue Geschäftsmodelle auf Basis von KI entwickelt werden" – das kennzeichnet der Horváth-Definition zufolge ein Unternehmen mit sehr hohem KI-Reifegrad aus.

Auf Vorstands- beziehungsweise Geschäftsführungsebene würden dennoch 27 Prozent der Befragten sagen, dass sie diese bemerkenswerten Kriterien erfüllen. In der Bereichsleitung und auf Fachebene würden dem dagegen nur 15 beziehungsweise elf Prozent zustimmen. "Die Messlatte ist vielfach zu weit unten angesetzt", gibt Rainer Zierhofer zu bedenken. "Selbst die rundum erfolgreiche Einführung eines firmeneigenen ChatGPT ist erst der Anfang der KI-Transformation."

Horváth empfiehlt strategischen Fokus

Die Horváth-Studie macht deutlich, dass aktiv mit KI arbeitende Fachebenen großen Herausforderungen gegenüberstehen. Besonders Qualität und Schutz von Daten oder mangelnde Expertise stellen im grundsätzlichen Anfangsstadium der technischen Transformation demnach noch nennenswerte Stolpersteine dar. Diese Probleme würden auf oberster Ebene häufig nicht in ihrer tatsächlichen Deutlichkeit wahrgenommen.

Auch eine aufgebauschte Klarheit der strategischen Positionierung rund um KI fällt dem Personal im operativen Bereich auf – immerhin gesteht sich rund ein Viertel der Befragten aus dem Vorstand oder der Geschäftsführung ein, dass der optimale Ansatz hier vermutlich noch nicht gefunden werden konnte. Ein Umstand, der sich vielfach auch in der Budgetallokation bemerkbar macht: Der Studie zufolge wollen befragte Unternehmen ihre KI-bezogenen Projekte in den nächsten Monaten verdoppeln, gleichzeitig wird das dafür bereitgestellte Geld jedoch lediglich um durchschnittlich 30 Prozent erhöht.

"Der fehlende strategische Fokus wird sich rächen. In vielen Unternehmen werden sich die erwarteten Benefits nicht im gewünschten Maß einstellen, weil das KI-Budget wie mit der Gießkanne über alle Unternehmensbereiche sowie übergreifenden Projekte und Aktivitäten verteilt wird", mahnt Horváth-Fachmann Rainer Zierhofer. Deshalb legt er Unternehmen zumindest für dieses Jahr ans Herz, sich stattdessen auf wenige Unternehmensbereiche und sorgsam selektierte Use Cases zu konzentrieren.

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