Ravi Walia: "Der Peak der Influencer:innen ist noch nicht erreicht“

Er ist ein Influencer der ersten Stunde: Ravi Walia. Mittlerweile seit zehn Jahren im Business tätig, betreut er mit seiner Agentur u. a. Influencer-Kampagnen für verschiedene Brands. Auch Stars wie Barbara Becker und Nazan Eckes vertrauen seiner Expertise. Wie gute Social-Media-Arbeit aussieht, welche Entwicklungen sich abzeichnen und was er von Threads hält, verrät er im LEADERSNET-Interview.

LEADERSNET: Was sind die Mega-Trends in 2024?

Ravi Walia: Ich sehe vor allem einen: Die Werbung wird sich zunehmend darauf konzentrieren, dass man als "beste:r Freund:in“ in Storys nur nebenbei Produkte platziert. Die Werbung verändert sich hin zu einer bewussteren und weniger plakativen Form. Aus Filmen und Serien kennt man Product Placement ja ohnehin schon. Außerdem bin ich der Überzeugung, dass Künstliche Intelligenz im Jahr 2024 noch mehr Einzug halten wird – sei es als Filter, in Form von Virtual Reality oder als Tools und Gadgets.

LEADERSNET: Wenn Sie die Zeit, als Sie angefangen haben, und heute vergleichen, welche Veränderungen stellen Sie fest?

Ravi Walia: Alles ist heute sehr viel professioneller und durchdachter. Einfach mal etwas zu posten, macht man heutzutage nicht mehr! Es ist kaum vorstellbar, dass wir früher schnell Fotos auf Snapchat geschickt haben. Der Content muss von hoher Qualität sein und den Ansprüchen gerecht werden. Gerade Newcomer legen großen Wert darauf und wissen genau, wie man schneidet und das Licht positioniert. Der Trick besteht darin, sehr gut zu sein, ohne Stunden damit zu verbringen.

LEADERSNET: Was bedeutet das für den Laien?

Ravi Walia: Ganz generell rate ich immer: Einfach mal machen, Spaß haben, nicht zu verbissen sein, nicht viel nachdenken, dann passieren die besten Sachen.

LEADERSNET: Ihre Meinung zu Threads?

Ravi Walia: Es ist zu früh, um ein Statement abzugeben, da man bei anderen Trends wie Clubhouse gesehen hat, wie schnell der Hype abflachen kann. Die Deutschen sind keine großen Fans von X (ehemals Twitter) und im internationalen Vergleich gibt es dort wenig User aus Deutschland. Die Deutschen tippen einfach nicht gerne und sind eher auf Instagram oder TikTok unterwegs. Wenn es sich ähnlich wie bei X entwickelt, sehe ich keine große Zukunft. Allerdings könnte auch die Zeit gekommen sein, dass sich die Leute etwas Neues, Erfrischenderes wünschen. Man muss Threads ein paar Wochen beobachten, um zu sehen, ob es wirklich langfristig erfolgreich ist.

LEADERSNET: Zurück zur Werbung: Fühlen sich Follower:innen davon eher angezogen oder abgestoßen?

Ravi Walia: Tatsächlich kommt es auf die Werbung an: Wenn sie gut gestaltet ist und einen Mehrwert bietet, schätzen das die Leute. Dauerbeschallung wird dagegen bestraft – das nervt einfach nur.

LEADERSNET: Wie sieht die Zukunft von Influencer:innen aus?

Ravi Walia: Influencer:innen werden verstärkt in Events involviert sein, z.B. bei virtuellen Get-togethers oder. Konzerten. Sie werden als Moderatoren von Fernsehsendungen auftreten und auf noch mehr Zeitschriftencovers erscheinen. Das Thema wird weiter an Bedeutung und an Relevanz gewinnen, vor allem durch die nachkommende Generation. Obwohl viele denken, dass der Peak bereits erreicht ist, bin ich davon überzeugt, dass es noch weiterwachsen wird.

LEADERSNET: Wird der Beruf des Influencers ein besseres Standing bekommen?

Ravi Walia: In allen Ländern außer bei uns haben Influencer:innen ein gutes Standing. Die Amerikaner feiern Influencer:innen, auch in England sind sie angesehen. Es ist ein eher deutsches Ding, dass die Arbeit nicht anerkannt. Ein guter Vergleich: Heidi Klum, die in den USA ein Superstar ist und bei uns kritisch beäugt wird. Ich denke, das ist der deutschen Mentalität geschuldet, auch Neid spielt eine Rolle.

LEADERSNET: Hat ein Account heute überhaupt noch die Chance, organisch zu wachsen?

Ravi Walia: Auf jeden Fall – sofern man einen Mehrwert bietet. Die Menschen haben heutzutage das Bedürfnis nach echten Tipps, die ihr Leben bereichern. Schöne Fotos allein reichen nicht mehr aus. Wer es schafft, eine spezifische Nische zu bedienen, hat ein enormes Potenzial. In den letzten zwei, drei Jahren ist es einigen Creator wie @dejanhairstylist oder @docxalina tatsächlich gelungen, genau das zu schaffen.

LEADERSNET: Braucht man dafür einen Experten wie Sie an seiner Seite?

Ravi Walia: Natürlich lässt sich das Thema allein stemmen, aber es lohnt sich, auf einen Experten zu vertrauen. Wenn ich fit werden möchte, hole ich mir für den Sport ja auch einen Personal Trainer. Ich berate nicht nur Brands, sondern auch Menschen: Kosmetikerinnen, Ärztinnen, die mit Social Media ihr Business voranbringen wollen.

LEADERSNET: Was, wenn ich dafür keine finanzielle Mittel habe?

Ravi Walia: Social-Media-Profilen folgen, sehr aktiv zu sein, dranzubleiben und stets schauen, was gerade Thema ist und wohin der Trend geht. Immer am Ball bleiben. Das, was heute in ist, kann morgen schon wieder out sein. Wachsam sein, aufmerksam sein, "alert“ sein.

LEADERSNET: Wo und wie sammeln Sie Ihr Wissen?

Ravi Walia: Ich habe das große Glück, dass ich selbst von den Apps eingeladen werde, wenn es Updates gibt oder Neuheiten vorgestellt werden. Ich recherchiere sehr viel selbst, lese viel und schaue genau auf amerikanischen Profilen – schließlich kommen aus den USA die meisten Trends. 

LEADERSNET: 3 schnelle Hacks, die jede:r umsetzen kann.

Ravi Walia: 

  1. Ein Thema haben, für das ich brenne und eine Leidenschaft besitze.
  2. Die richtige Intention mitbringen. Wer nur reich und berühmt werden will, wird keinen Erfolg haben.
  3. Redaktionspläne machen. Brainstormen, gerne mit Stift und Papier, um den Content vorzuplanen. Dann kommt man nicht in die Bredouille, auf die Schnelle undurchdachte Posts abzusetzen.

LEADERSNET: Welcher Mythos hält sich hartnäckig?

Ravi Walia: Shadow-Banning! Viele Leute sagen, Instagram blockt mich und spielt meinen Content nicht aus. Da ist natürlich Quatsch. Instagram ist sehr daran interessiert, jeden Content auszuspielen. Wenn der eigene Content nicht ausgespielt wird, liegt das an einem selbst oder an dem Content – aber nicht an Instagram.

LEADERSNET: Muss sich Instagram immer direkt auszahlen und Business-Erfolg bringen?

Ravi Walia: Instagram ist immer ein Invest – wie alles im Leben. Beim Restaurant muss man auch erst zeigen, was man zu bieten hat. Das kann eine Weile dauern, bis man davon profitiert.

LEADERSNET: Welche Pläne haben Sie persönlich?

Ravi Walia: Ich bin kein 5-Jahres-Planer. Immer wenn ich Pläne gemacht habe, haben sie nicht funktioniert (lacht). Ich habe Zwischenziele und Wünsche, die ich mir erfüllen möchte und werde. Ich bin immer besser damit gefahren, Dinge passieren zu lassen, als mich an Plänen festzuhalten.

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