Stanglwirt: „Uns verbindet als Familie ein tiefes Vertrauen“

Erst gab es den Bauernhof, dann kam das Luxushotel dazu – heute ist der „Stanglwirt“ am Wilden Kaiser (Tirol) eine Institution in der Hotellandschaft. Geführt wird er von Balthasar Hauser, seiner Ehefrau und drei der vier Kinder: Maria, Elisabeth und Johannes. LEADERSNET sprach mit Maria Hauser über Tradition, Werte und Achtsamkeit.

 LEADERSNET: Frau Hauser, was macht den Mythos Stanglwirt aus?

Maria Hauser: Wir sind der einzige Biobauernhof mit integriertem Luxushotel – und nicht umgekehrt. Seit 1609, also seit über 400 Jahren, besteht der Hof mit angeschlossener Gaststätte. Seit 300 Jahren ist der Stanglwirt in unserem Familienbesitz und wird von uns als Familie geführt. Wir sind also vielmehr Bauernhof als ein Luxushotel, das Luxushotel kam erst später dazu. Und trotzdem findet man auf dem Biobauernhof die standardisierte Spitzenleistung und Professionalität eines 5-Sterne-Hauses. Das eine schließt das andere nicht aus. Bei uns kommen die unterschiedlichsten Menschen aus nah und fern zusammen, ohne Bewertung. Am Stammtisch sitzen die Nachbarbauern, die Karten spielen, am Nebentisch speist Fürst Albert – keiner ist wichtiger als der andere. Jeder Gast ist unser Ehrengast.

LEADERSNET: Worauf legen Sie Wert?

Maria Hauser: Wir arbeiten nach sehr nachhaltigen Prinzipien und das schon lange, bevor es dem Zeitgeist entsprochen hat. Mein Vater ist früher oft belächtet worden, dass er bereits seit den 70er Jahren jede Ergänzung am Biobauernhof unter nachhaltigen Kriterien im Sinne der Baubiologie gemacht hat. Genau diese Architektur und dieser Stil machen jedoch das Heimelige des Stanglwirts aus. Die Natur und der Bezug zur Natur sind für uns der wahre Luxus. Das wird bei uns subtil aber voller Überzeugung vermittelt – egal ob an Gäste oder Mitarbeiter. Viele Gäste schreiben uns: „Wir fühlen uns bei euch so wohl und spüren eine Wärme, die man meist nur von zuhause kennt.“ So entstand unser Slogan: „daheim beim Stanglwirt“.

LEADERSNET: Sie sprechen Ihren Vater an, der früher oft belächelt worden ist…

Maria Hauser: Ja, das ist das Los der Visionäre... Es gibt einen Spruch von Mahatma Gandhi: „Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.“ Klar ist: Mit dem Erfolg kommt der Widerstand. Klar ist aber auch: Wenn du belächelt wirst, wenn du Gegenwind bekommst, aber in deinem Innersten fühlt sich dein Weg richtig anfühlt, dann musst du dranbleiben. Dann folgst du nämlich deiner Intuition. Wichtig ist auch: Nicht zurückschlagen, Kritiker nicht bekämpfen, auf der Retourkutsche fährt man retour. Um langfristig erfolgreich zu sein, muss man bei sich bleiben.

LEADERSNET: Wie schafft man den Spagat zwischen Tradition und Moderne?

Maria Hauser: Das sind nur scheinbare Gegensätze, man kann beides harmonisch vereinen.

1. Die Wurzeln immer ehren und nie aus den Augen verlieren. Würdigen, woher man kommt und was die Ahnen mit Herzblut erschaffen haben.

2. Nicht die Augen verschließen vor den Entwicklungen der Welt und der Menschen. Den Horizont immer weit und offen halten.

Ich benutze gerne das Bild eines Baums, der tief verwurzelt ist und die Blätter, die oben in alle Richtungen wachsen. Ich bin davon überzeugt: Wer in der Tradition so verhaftet ist, dass keine Weiterentwicklung stattfindet, verliert seinen Zauber. Für ein Unternehmen wird es dann schwer, den Erfolg zu halten.

LEADERSNET: Wie erkennen Sie Trends?

Maria Hauser: Ich bin durch meine Verantwortung im Bereich Marketing & PR viel unterwegs, nehme auf meinen Reisen viel mit. Erst vor kurzem war ich in den USA. Man möchte es nicht meinen, aber dort gibt es extrem viele spannende Neuerungen in Bezug auf gesunde und bewusste Ernährung – und ich habe vieles entdeckt, das wir auch im Stanglwirt – auf unsere eigene Art  – diesbezüglich umsetzen können. Wir lassen uns gerne inspirieren, wir kopieren aber niemals. Was ich bei meinen internationalen Reisen auch sehe: Wie sich ganze Regionen als Destination zusammenschließen und sich gemeinsam als Einheit vermarkten. Man sieht das beispielsweise an den Malediven, der Region South Pacific und einigen mehr.  Ich trage keine Scheuklappen und kenne kein Konkurrenzdenken, ich sehe daher großes Potential auch den Alpenraum vereint in die Welt zu tragen. Natürlich muss so etwas aber stets im achtsamen Umgang mit der Natur passieren, schließlich leben wir im Paradies und dieses gilt es zu bewahren.


LEADERSNET: Sie haben in Australien studiert und in den USA gearbeitet. War es für Sie jemals eine Frage, in dieses „Paradies“ zurückzukommen?

Maria Hauser: Ich hatte eine wertvolle Zeit im Ausland, habe wunderbare Menschen kennengelernt, zu denen ich heute noch Kontakt habe – aber ich wusste immer, dass ich zurückkomme. Oft werde ich gefragt, ob es mir in der Heimat nach vielen Jahren im Ausland nicht zu eng sei. Ich habe beim Stanglwirt jedoch das Glück, dass Menschen aus aller Welt zu uns kommen. So viele Nationen, so viele Persönlichkeiten, mit denen ich mich austauschen kann – für mich ist das so bereichernd und die schönste Sache an der Hotellerie & Gastronomie überhaupt.

LEADERSNET: Sie arbeiten im Familienverbund sehr eng im Stanglwirt zusammen. Fluch oder Segen?

Maria Hauser: Wie in jeder Familie, geht’s bei uns auch mal rund – das ist doch klar. Was uns aber immer verbindet, ist das starke Fundament, das wir als Familie besitzen. Wir halten zusammen – das ist ein ungeschriebenes Gesetz. In einer Familie kann man Probleme direkter zur Sprache bringen, sie sind schneller zur Seite geräumt. Dafür müssen natürlich alle kompromissbereit sein, gerade wenn unterschiedliche Generationen wie bei uns aufeinandertreffen. Gegenseitiges Verständnis und Vertrauen sind unerlässlich – und auch, dass alle bereit sind, voneinander zu lernen. Wir ergänzen uns als Familie sehr gut, jeder arbeitet in dem Bereich, in dem seine Stärken und Interessen liegen. Als Unternehmer triffst du viele Entscheidungen, manche davon sind risikobehaftet, dieses Risiko können wir miteinander tragen. Das ist ein großes Geschenk und ein großer Wert.

LEADERSNET: Achtsamkeit ist ein großes Thema. Wie achten Sie auf sich selbst?

Maria Hauser: Ich bin ehrlich: Für sein Glücklichsein muss man bereit sein, etwas zu tun. Ich habe viel an mir und mit mir gearbeitet. Ich bin durch gewisse Lebensprüfungen gegangen, habe daran wachsen dürfen und bin sehr froh, dass ich mich darauf eingelassen habe. Alles, was dir im Leben begegnet, hat einen Sinn. Ich bin überzeugt: So gut wie jedes Problem wird im Paket mit einer Lösung geliefert. Man muss nur bereit sein, sich das Ganze genauer anzuschauen und sich auch bewusst sein, dass das Lernen nie aufhört. Außerdem ist Kommunikation unfassbar wertvoll, egal in welcher Art von Beziehung man zueinandersteht. Immer ehrlich und offen miteinander sprechen. Die Dinge beim Namen nennen. Sich nie schämen, Gefühle oder Schwäche zu zeigen. Unser großes Glück ist, dass wir in eine Zeit gehen, in denen sich die Leute gegenseitig mehr öffnen und nicht alles perfekt sein muss. Da sind wir wieder beim Stanglwirt, der mit seinem Altholz ja auch seine Ecken und Kanten hat…

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