Corporate Cities: Warum es ein Glück ist, dass Elon Musk Snailbrook nicht baut

| Natalie Oberhollenzer 
| 03.05.2023

Von Henry Ford, Bata über Disney, bis zu Toyota und Google: Die meisten utopischen Firmenstädte wurden schnell zum Alptraum

Man ist einiges gewohnt vom verhaltensauffälligen Tesla-Chef. Dennoch zuckten einige Leser des Wall Street Journal zusammen, als dort berichtet wurde, dass der Milliardär eine neue Stadt namens Snailbrook plane. Sie solle neben dem Sitz seiner Firmen Space X und Boring in Texas entstehen. Wenig später dementierte Musk auf Twitter die Meldung. Es war wohl wieder nur eine seiner Launen.

Schon lange vor ihm haben Unternehmer utopische Firmenstädte gebaut (oder hatten es vor). Allesamt waren sie visionär und kamen aus dem Nichts. Dass Leute dort dauerhaft und zufrieden gewohnt haben, ist aber in den meisten Fällen nicht passiert, wie folgende, vom Standard recherchierte Beispiele zeigen:

  • Der Autogigant Henry Ford baute in den 20er Jahren die Stadt Fordlandia im brasilianischen Dschungel. Sie war als Alternative zum britischen kautschukmonopol gedacht. Für die Plantagenarbeiter gab es ein Kraftwerk, ein Schwimmbad, Kino, Feuerwehr und ein Krankenhaus. Zuerst jubelte das Land über den "Jesus Christus der Industrie". Doch es wurde ein Reinfall. Der Kautschuk gedieh nicht, stattdessen erkrankten die Arbeiter an Gelbfieber und Malaria. Auch mit den strengen Regeln wie Alkoholverbot und keine Damenbesuche kamen die Bewohner nicht klar, das amerikanische Essen schmeckte ihnen ebenso wenig und am Ende zerschlugen sie wütend die Stechuhren.
  • Ebenso in den 20ern bauten die Brüder Tomás und Jan Antonín Bata im mährischen Zlín eine Werksiedlung für ihr Schuh-Imperium. Die Bauten waren durchdacht und es gab eine Rundumversorgung. Bald wurden sie zum Aushängeschild des Hightech-Landes Tschechoslowakei. Besonders spektakulär und heute noch zu besichtigen ist das Direktorenbüro, das sich Jan Antonin Bata direkt in den Aufzug des Verwaltungshochhauses bauen ließ.
  • In den 90er Jahren versuchte sich der Disney-Konzern mit dem Bau einer Kleinstadtidylle: Celebration, eine Traumstadt in Florida, in Weiß und Pastell, und perfekten Gärten und Häuschen. Dass das Aussehen der Grundstücke und das Drumherum bis ins kleinste Detail vertraglich festgelegt war, daran störten sich dann doch die meisten. "A total nightmare“ war in amerikanischen Medien zu lesen. 2004 verkaufte Disney die Grundstücke.
  • Alphabet versuchte sich 2015 in der Etablierung einer informationsbasierten Smart City. Das Konzept Sidewalk Labs sollte ein 300-Hektar-Pilotprojekt in Toronto werden. Dumm nur, dass sich zu wenig Leute fanden, die sich vermessen lassen sollten. 2020 stellte der Tech-Konzern das Ganze wieder ein.
  • Auch der Autobauer Toyota hat das Ansinnen, eine Smart City zu bauen, in die Tat umgesetzt. Vor zwei Jahren gründete das Unternehmen auf seinem Firmengelände die Stadt Woven City. Es soll eine Art Teststrecke für die Mobilität der Zukunft sein, in der Straßen für Fußbänger, für Selbstfahrer und für Automated Driving miteinander verflochten sind und aus alldem Echtzeitdaten ausgelesen und von einer KI analysiert werden. Den 360 Bewohnern soll künftig als Benefit ein individuell zugeschnittenes Ernährungsprogramm geboten werden.

Nicht-unternehmerische, nicht minder durchgeknallte Projekte:

Ganz im Alleingang wollte der US-Rapper Akon in seinem Heimatland Senegal eine Tech-Stadt namens Akon City hochziehen. Die Pläne sehen aus wie von Saldavor Dalí entworfen. Zum Bau ist es bis dato aber nicht gekommen. Visionär und ein wenig irre ist auch, Nayib Bukele, Präsident des lateinamerikanischen Staates El Salvador. Mit seiner Bitcoin-City dürfte er sich wohl in Bausch und Bogen verzocken. Konkrete Formen nimmt indes die saudi-arabische "Stadt der Zukunft" Neom an. Das Projekt solle den Weg aus dem Ölzeitalter ebnen, so die Vorstellung der Macher. Vor allem mit dem kilometerlang durch die Wüste verlaufenen Hochhaus The Line sorgen diese bei Beobachtern für Kopfschütteln.

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