Diese Fragen haben sich wohl schon viele im Westen gestellt: Warum begehren die von den Sanktionen getroffenen, reichen Russ:innen nicht gegen den Despoten im Kreml auf? Russland-Experte und Harvard Ökonom Andrej Jakowlew gibt im Spiegel Antworten.
Zwar seien die oberen paar Tausend im Land unzufrieden mit der Situation. "Aber Ärger allein hilft nicht. Aktiv wird nur, wer eine bessere Alternative sieht", sagt Jakowlew. Wobei momentan alle erkennbaren alternativen Pfade den meisten Mitgliedern der russischen Elite riskanter erscheinten als der Status quo. Also hielten sie die Füße still.
Zu riskante Alternativen
Einerseits gebe es Jewgenij Prigoschin, Chef der Söldnertruppe Wagner. Er steht für rohe, entfesselte Gewalt. Für jemanden, der mit dem Vorschlaghammer kommt, auch wenn jemand nur anders denkt. Auf der anderen Seite steht die Gruppe rund um den inhaftierten Oppositionellen Alexej Nawalny. Doch im Zuge seines Kampfes gegen Korruption fürchten die Eliten, dass auch sie ihre Vermögen verlieren könnten.
Dazu kommt noch die Serie mysteriöser Todesfälle unter Topmanagern in russischen Staatskonzernen. Das Signal, das davon ausgeht ist klar: Klappe halten, sonst seid ihr die nächsten!
Alle in einem Topf
Was es in den Augen Jakowlews bräuchte, wäre eine Diskussion darüber, was mit Russland passieren würde, wenn Putin weg wäre und der Krieg enden würde. Welchen Platz der Staat in der Weltordnung dann einnehmen würde.
Russische und westliche Experten sollten dem Akademiker zufolge mit dem Diskurs beginnen. Wenn der Stein erst ins Rollen käme, so die Hoffnung, dann könnten sich weitere Kreise in Russland anschließen: "Es fehlt ein klares Signal, dass Europa noch einen Unterschied macht zwischen Putin und jenen in Russland, die sehen, dass das Land sich in eine ganz falsche, fatale Richtung bewegt."
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