Ende März haben die Verkehrsminister:innen von Bund und Ländern beschlossen, Online-Theorieunterricht im Fahrschulwesen zu ermöglichen. Dafür machen sie "gleiche Qualitätsanforderungen wie beim Präsenzunterricht" zur Bedingung. Bisher schreibt die Fahrschüler-Ausbildungsordnung einen Theorieunterricht in Präsenz vor, der nach Ausbruch der Corona-Pandemie durch Verordnungen der Bundesländer auch zeitweise als Remote-Unterricht angeboten werden durfte. Diese Länderverordnungen liefen zum Jahreswechsel aus.
1. Verlage haben eine längst überfällige Digitalisierung blockiert
Ebenso wie in anderen Lebensbereichen hat die Herausforderung der Corona-Pandemie gezeigt, dass E-Learning im Fahrschulwesen funktioniert und die Schüler:innen damit sehr zufrieden sind. Aber alteingesessene Verlage und Institutionen bangen um ihre Marktmacht und haben deswegen eine Fortführung des Remote-Angebots verhindert. Noch jetzt klammern sie sich an die Präsenzpflicht, die weder zeitgemäß noch pädagogisch sinnvoll ist.
2. Privatwirtschaft macht den Fahrschulsektor innovativ
Das private und berufliche Leben findet immer mehr in der digitalen Welt statt. Daran müssen Unterrichtsformen angepasst werden, sonst verlieren wir die jungen Menschen. Während manche Verlage und Verbände sich an den Status quo klammern, haben wir und andere Fahrschulen auf eigene Kosten digitale Lösungen entwickelt und in Infrastruktur dafür investiert; auch, um Antworten auf Fahrlehrermangel und lange Wartezeiten zu finden.
3. Fahrlehrermangel: Mit E-Learning wird der Fahrlehrerberuf attraktiver
Fakt ist, wir haben zu wenig Fahrlehrer:innen. Etwa die Hälfte von ihnen ist älter als 55 Jahre, viele werden bald in Rente gehen. Fakt ist auch, dass Fahrlehrer:innen mehr Umsatz mit Praxisstunden als mit Theorieeinheiten machen. Wenn Fahrschulen ihren Theorieunterricht online über Kooperationspartner durchführen lassen, können sie die freien Kapazitäten in Praxisstunden investieren. Außerdem müssen sie so unter Umständen weniger Räume für den Theorieunterricht anmieten, was die Fixkosten senkt.
4. Lange Wartezeiten werden mit E-Learning verkürzt
Es ist kein Zustand, dass manche Fahrschüler:innen mehrere Monate warten müssen, um mit der Praxisausbildung zu beginnen. Gerade in ländlichen und kleinstädtischen Gegenden sind junge Menschen auf das Auto angewiesen – nicht immer steht ein Chauffeur aus der Familie bereit. Wenn Fahrschulen ihren Theorieunterricht online von Kooperationspartnern durchführen lassen, können sie mehr Schüler:innen in der Praxisausbildung gleichzeitig betreuen. Das verkürzt die Wartezeiten und die Fahrschüler:innen können ihre Ausbildung schneller abschließen.
5. Online-Theorieunterricht ist jenem in Präsenz qualitativ mindestens ebenbürtig
Gerne wird als Totschlagargument gegen den Online-Theorieunterricht hervorgebracht, er könne nicht die Qualität von Präsenzunterricht gewährleisten. Das ist Quatsch und umso mehr freut es uns, dass die Verkehrsminister:innen 'gleiche Qualitätsanforderungen wie beim Präsenzunterricht' zur Bedingung von E-Learning machen.
Die Pandemie hat gezeigt, dass es geht: Zu Beginn jeder Theorieeinheit überprüfen die Fahrlehrer:innen die Präsenz der Teilnehmenden über Kamera und Mikros – und das wiederholen sie während der Einheit. Zudem gibt es Aufgaben, bei denen die Teilnehmenden durch Klicken interagieren oder die sie in einer Gruppe lösen müssen. Im Chat werden alle Fragen dokumentiert. So wird Gelerntes durch Wiederholung und Anwendung verstetigt. Das ist im Online-Unterricht sogar besser möglich als in Präsenz, wenn frontal vor über 30 Fahrwilligen referiert wird.
6. Integriertes E-Learning senkt die Durchfallquoten
Allein 2021 sind nach Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes über 35 Prozent der theoretischen und knapp 30 Prozent der praktischen Prüfungen nicht bestanden worden. Während derzeit meistens Theorie- und Praxisstunden parallel absolviert werden, können durch den digitalen Unterricht zuerst die Theoriestunden abgeschlossen werden und so die Schüler:innen besser vorbereitet in die Praxis gehen. Außerdem kann man alle Lerninhalte in einer App bündeln, was das Lernen erleichtert."
7. Was jetzt zu tun ist: Fahrschüler-Ausbildungsordnung reformieren plus Übergangslösung
Entsprechend der Ankündigung der Verkehrsminister:innen muss die Fahrschüler-Ausbildungsordnung zeitig so angepasst werden, dass Online-Theorieunterricht regulär erlaubt wird. Währenddessen sollte bis zur Verabschiedung der Neufassung Fahrschulen temporär der digitale Unterricht erlaubt werden. Nur so bekommen wir das kriselnde Fahrschulwesen in den Griff. Sehr gerne stehen wir mit unserer Erfahrung bereit, welche Kriterien qualitativ hochwertiger Online-Theorieunterricht erfüllen muss.
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