Der Strom an öffentlichen Ladesäulen kostet durchschnittlich 52 Cent pro Kilowattstunde. Würden die Ladesäulenbetreiber die Strompreisbremse und weitere Zusatzeinnahmen aus dem Klimabonus (THG-Quote) an Verbraucher:innen weitergeben, könnten die Preise um bis zu 56 Prozent auf 23 Cent sinken. Das geht aus dem am Freitag veröffentlichten Ladesäulencheck 2023 hervor. Für die Analyse hat Statista im Auftrag von LichtBlick die Tarife führender Betreiber ausgewertet.
Derzeit profitieren nur Ladesäulenbetreiber
"Die hohen Strompreise an der Ladesäule bremsen die Verkehrswende. Derzeit profitieren nur die Ladesäulenbetreiber von der Strompreisbremse und dem Klimabonus. Die E-Autofahrer:innen gehen leer aus. Die Bundesregierung hat es versäumt, die Ladesäulenbetreiber zur Weitergabe der Zusatzerlöse zu verpflichten", kritisiert LichtBlick-Sprecher Ralph Kampwirth.
Die Stromladung für eine Reichweite von 100 Kilometern (20 kWh Stromverbrauch) kostet laut der Untersuchung aktuell 10,42 Euro an einer Normalladesäule (AC), an der Schnelladesäule (DC) sogar 12,51 Euro. Im Vergleich dazu fallen für eine Tankfüllung für 100 Kilometer (6 Liter Benzinverbrauch) 10,47 Euro an. Das Laden von E-Autos ist mindestens so teuer wie das Tanken eines Benziners, oft sogar teurer. Dabei gibt es erhebliche Preisunterschiede. In Spitze liegen die Kosten für eine Schnellladung bei 15,80 Euro.
Nur ein Betreiber will Preisbremse an Kunden weitergeben
Ein Problem liegt in der Fehlkonstruktion der seit dem 1. März gültigen Strompreisbremse. Sie gilt zwar auch an öffentlichen Ladesäulen. Allerdings fließt das Geld direkt an die Betreiber. Der Gesetzgeber schreibt nicht vor, die Subvention an Verbraucher*innen weiterzugeben. Eine Umfrage von Statista unter Ladesäulenbetreibern sowie weitere Recherchen haben ergeben, dass lediglich ein Betreiber die Preisbremse weiterreichen will – allerdings erst zum Jahresende. Andere verweisen darauf, dass sie nicht zur Weitergabe der Preisbremse verpflichtet sind. "Das ist absurd: Statt die E-Autofahrer:innen zu entlasten, werde mit der Strompreisbremse Ladesäulenbetreiber subventioniert", kritisiert Kampwirth.
LichtBlick-Sprecher Ralph Kampwirth © LichtBlick
Erhebliche Zusatzeinnahmen bringt auch der Klimabonus. Über die sogenannte THQ-Quote erwerben Mineralölfirmen von Ladesäulenbetreibern die beim Laden eingesparten CO2-Emissionen. Dieses Geld soll eigentlich in den Ausbau der Ladeinfrastruktur fließen – doch der kommt nur schleppend voran. "Ein Mehrwert für den Ausbau ist aktuell kaum erkennbar", so Kampwirth. Deshalb müsse das Geld direkt an E-Autofahrer:innen weitergegeben werden. Schließlich bekommen auch Verbraucher:innen mit einer privaten Wallbox den Klimabonus direkt ausbezahlt. Die Preise an öffentlichen Ladesäulen könnten durch die Strompreisbremse um rund vier Cent, durch den Klimabonus noch einmal um bis zu 25 Cent pro Kilowattstunde sinken, heißt es im Ladesäulencheck. "Bei voller Weitergabe dieser Zusatzeinnahmen könnten die Betreiber die Ladestromtarife halbieren", rechnet Kampwirth vor.
Ladesäulen-Monopolisten diskriminieren Wettbewerber
Eine zentrale Ursache für die hohen Preise liegt laut LichtBlick in der regionalen Monopolstruktur des Ladesäulenmarktes. Nach Analysen von Statista sind je nach Region bis zu 91 Prozent der öffentlichen Ladepunkte in der Hand eines Betreibers – häufig sind das die in der Region dominanten, mit dem Netzbetreiber verbundenen Energieversorger. Beispiele sind Berlin (70 Prozent), Hamburg (83 Prozent), München (85 Prozent) oder Hannover (89 Prozent).
Wettbewerb ist im öffentlichen Ladestrommarkt Fehlanzeige. Zudem verlangen die regionalen Monopolisten von den Kund:innen anderer Fahrstromanbieter bis zu 55 Prozent höhere Preise als von ihren eigenen Kund:innen. Drittanbieter – wie zum Beispiel LichtBlick – haben zudem keinen Anspruch auf den Klimabonus und können auch die Strompreisbremse nicht an ihre Kund:innen weitergeben. Beides bleibt exklusiv den Ladesäulenbetreibern vorbehalten. Diese einseitigen Kostenvorteile verschärfen die Preisdiskriminierung.
"Massives Marktversagen"
LichtBlick spricht von einem "massiven Marktversagen" und fordert eine mutige Reform. "Das Märchen von Wettbewerb zwischen Ladesäulenbetreibern ist ausgeträumt. Ladesäulen sind keine Tankstellen", so Kampwirth. Stromladen für E-Autos dauere länger als Benzintanken und beanspruche den in Städten umkämpften Parkraum – auch deshalb bilden sich Monopole.
Als Alternative schlägt LichtBlick den Wettbewerb an den öffentlichen Ladesäulen vor. Ähnlich wie beim Stromzähler im Haushalt müsse jeder Versorger seinen Strom an jede öffentliche Ladesäule liefern können. Kund:innen könnten ihren Stromlieferanten frei wählen. Sie könnten dann in Flensburg, Frankfurt oder München den einmal gewählten Stromtarif ihres Wunschanbieters laden – unabhängig vom Betreiber der Ladesäule.
Ladesäulenbetreiber sollten sich auf den Bau und Betrieb der Infrastruktur beschränken und dafür ein Nutzungsentgelt kassieren. "Die Reform würde erstmals einen fairen Wettbewerb im Lademarkt ermöglichen. Die Folge wären geringere Strompreise und eine beschleunigte Verkehrswende", so Kampwirth.
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