Unterschätzte Gefahr: Schäden durch kriminelle Mitarbeiter höher als durch externe Täter

Chefs haften, wenn sie es Tätern zu leicht machen – "normale" Mitarbeiter aber teilweise auch.

Wenn Mitarbeiter kriminell werden und das eigene Unternehmen ins Visier nehmen, kann das schnell teuer werden – und zwar deutlich teurer als bei Schäden, die durch externe Täter, wie beispielsweise Hacker, verursacht werden. Zu diesem Ergebnis kommt die jüngste Analyse "Wer hat Angst vor dem schwarzen Schaf –  wenn Mitarbeiter ihr Unternehmen schädigen – und was man dagegen tun kann" der Schadensstatistik von Allianz Trade in Deutschland, in der aggregierte Daten aus den Schadensfällen der letzten fünf Jahre in der Vertrauensschadenversicherung (VSV) untersucht wurden.

Schwarzen Schafe in den eigenen Reihen

Die Schäden durch externe Dritte haben zwar in den vergangenen fünf Jahren mit +40 Prozent bei den Fallzahlen und +56 Prozent bei den Schadenshöhen überdurchschnittlich stark zugelegt: Bei den internen Tätern nahmen Fallzahlen im gleichen Zeitraum um rund zehn Prozent zu und Schäden um 23 Prozent. Trotzdem sind es nach wie vor die eigenen Mitarbeiter, die mit 57 Prozent für die meisten und mit rund 70 Prozent auch für die größten Schäden verantwortlich sind.

"Kriminelle Mitarbeiter sind nach wie vor eine unterschätzte Gefahr in Unternehmen", sagt Rüdiger Kirsch, Betrugsexperte bei Allianz Trade. "Die schwarzen Schafe in den eigenen Reihen richten mit vermeintlichen 'Alltagsdelikten' wie Betrug, Untreue oder auch Diebstahl und Unterschlagung nach wie die größten Schäden an – auch, weil sie mangels Kontrollen oft über viele Jahre unentdeckt bleiben. Vertrauen ist gut, aber es muss seine Grenzen haben. Vor allem ersetzt es keine Kontrollmechanismen: Innentäter sind definitiv kreativ – und Gelegenheit macht Diebe."

Die häufigsten und skurrilsten Motive

Die häufigsten Motive der Täter reichen dabei von Spielsucht, Habgier und luxuriösem Lebensstil bis zu einer finanziellen Notlage, die dann bei den Tätern zu kriminellen Verzweiflungstaten führt. Häufig ist es auch eine Kombination aus verschiedenen Motiven. Mangelnde Wertschätzung oder Rache sind ebenfalls Beweggründe. Einige Fälle in der Schadensstatistik waren allerdings nahezu filmreif und die Gründe ziemlich skurril: Die Innentäter finanzierten mit ihren Machenschaften Schönheitsoperationen, Sportwägen, Luxusimmobilien, Schallplattensammlungen, einen Swingerclub oder ihre krankhafte Tierliebe.

© Allianz Trade
© Allianz Trade

"Bei den Tätern ist die ganze Bandbreite vertreten. Die größten Schäden verursachen weiterhin männliche Täter im Alter zwischen 40 und Mitte 50, gebildet, in gehobener oder leitender Position im Finanzwesen mit mindestens zehn Jahren Betriebszugehörigkeit", sagt Kirsch. "Sie schlagen zwar seltener zu, aber dann in die Vollen: Sie kennen alle Lücken in den Kontrollsystemen und besitzen durch die langjährige Zugehörigkeit ein entsprechendes Vertrauen von Kollegen und Chefs. Dabei hilft ihnen meist auch ihr freundliches und respektvolles Auftreten – sie sind oft auffällig unauffällig und geraten bei Verdachtsmomenten selten sofort in den Fokus."

Haftungsrisiken werden häufig unterschätzt

Neben finanziellen Schäden entstehen durch diese Betrugsdelikte allerdings auch erhebliche Haftungsrisiken – sowohl für Geschäftsführer als auch für "normale Mitarbeiter".

"Wer im Unternehmen entscheidet, haftet", sagt Stefan Steinkühler, selbständiger Jurist und Experte für Versicherungsrecht, Managerhaftung und Haftungsrecht. "Keine Entscheidung ist in Haftungsfragen aber auch keine Lösung. Kriminelle Mitarbeiter haften für ihre Taten – ihre Chefs aber ebenso, wenn sie es den Tätern zu leicht machen und es unterlassen haben, entsprechende Vorsorgemaßnahmen und Absicherungsmechanismen zu implementieren. Wer seinen Laden nicht im Griff hat, muss dafür gerade stehen – schlimmstenfalls mit dem eigenen Privatvermögen. Bestenfalls springt eine Versicherung ein."

Kontrolle als Drahtseilakt

Nach Allianz Trade Schätzungen werden jedes Jahr etwa zehn Prozent der deutschen Unternehmen von ihren eigenen Mitarbeitern betrogen. Die Dunkelziffer ist allerdings hoch. Doch wie können sich Unternehmen vor Innentätern schützen?

"Die Implementierung von Kontrollmechanismen und Compliance-Systemen sowie Routine-Kontrollen und Audits sind für Unternehmen tatsächlich ein entscheidender Baustein, um sich zu schützen", sagt Steinkühler. "Aber auch die Sensibilisierung und Schulung der Mitarbeiter für interne Richtlinien, kritische Situationen und die Detektion von Auffälligkeiten sind Faktoren, die wesentlich zum Schutz vor Innentätern beitragen. Mit diesen Maßnahmen schaffen sie gleich doppelten Schutz: für das Unternehmen einerseits und für die Minimierung der eigenen Haftungsrisiken andererseits."

Kontrolle ist aber längst nicht alles und ein Übermaß der Kontrolle kann bei mangelndem Vertrauen auch schnell nach hinten losgehen. "Für die Unternehmen ist es deshalb wichtig, dass sie eine Balance zwischen Vertrauen und Unternehmenskultur auf der einen Seite und Vorsorge und Kontrolle auf der anderen Seite finden", sagt Kirsch. "Zufriedene Mitarbeiter, denen Kollegen und Vorgesetzte mit Respekt und Wertschätzung begegnen und die mit Aufgaben und Bezahlung sowie Aufstiegsmöglichkeiten zufrieden sind, identifizieren sich mit dem Unternehmen und sind in der Regel wesentlich loyaler als Mitarbeiter, die kein gutes Betriebsklima vorfinden."

www.allianz-trade.de

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