Neues in der Causa Kliemann: Wie Recherchen des Stern ergeben haben, hat eine Firma, an der der Influencer Fynn Kliemann beteiligt ist, über mehrere Monate Spendengelder für Menschen aus der Ukraine nicht weitergegeben. Zwei Hilfsorganisationen wurden von dem Unternehmen selbst als Empfänger genannt. Beide gaben an, über zwei Monate nach Beginn der Spendenaktion gar keine oder nur einen Teil der Spenden erhalten zu haben.
"Wo es am dringendsten gebraucht wird"
Am 2. März hatte Kliemann auf seinem privaten Instagram-Account das Sammeln von Spenden durch den Verkauf von Mützen angekündigt. Die Einnahmen würden zu "100 % (…) in die Unterstützung der Menschen aus der Ukraine" fließen, das Geld "dort verteilt, wo es am dringensten (sic!) gebraucht wird". Am Tag darauf kündigte die Firma "Global Tactics", an der Kliemann als Gesellschafter beteiligt ist, eine Fortsetzung der Spendenaktion durch den Verkauf von weiterer Kleidung sowie Kunstwerken in Kooperation mit diversen Influencern an. Insgesamt kamen nach Stern-Informationen mindestens rund 95.000 Euro an Spendengeldern zusammen. Knapp ein Drittel des Geldes allerdings war bis Mitte Mai nicht an Hilfsorganisationen überwiesen worden.
"Global Tactics" begründete dies auf Anfrage zum einen damit, dass nicht die gesamte Spendensumme von der Firma selbst, sondern teilweise durch Partner verwaltet worden sei, zum anderen, dass sie den Ablauf des Widerrufsrechts für die verkauften Artikel abwarten wollte. Allerdings: Fast zeitgleich mit der ersten Anfrage des Stern ging eine ausstehende Summe von 24.220,40 Euro auf dem Konto einer der Hilfsorganisationen ein. Das restliche Geld soll laut "Global Tactics" in den kommenden Wochen verteilt werden.
Idealist oder Geschäftsmann?
Correctiv hat parellel zum Stern eine Recherche veröffentlicht, die sich mit dem Firmennetzwerk Kliemanns beschäftigt. "Obwohl sich der Influencer lange als idealistisches Gegenbild zum renditeorientierten Geschäftsmann präsentierte, hat er sich in den vergangenen Jahren vielfältige Firmenstrukturen aufgebaut – und dabei stützte er sich wohl auch auf seine Kontakte aus der Influencer-Szene", schreibt die Recherche-Plattform.
Demnach seien mehrere Unternehmen an der Kliemansland GmbH als stille Gesellschafter, also ohne Erwähnung im Handelsregister, beteiligt. Bastian Ohrtmann, Geschäftsführer der Kliemannsland GmbH, bestätigt auf Anfrage des Rechercheportals, dass im Herbst 2020 mehrere stille Gesellschafter in das Unternehmen ein. In dieser Zeit habe die Firma ihr Finanzierungsmodell umgestellt und dafür Geldspritzen aus dem Freundes- und Bekanntenkreis eingeworben. "Eine stille Gesellschaft war eine schnelle und pragmatische Beteiligungsform", so Orthmann. "So konnten Freund:innen der Idee diese einfach und schnell auch finanziell unterstützen."
"Das wäre für uns alle hier sehr enttäuschend"
Unter diesen Freund:innen befindet sich auch die Hamburger Mode-Influencerin Caroline Daur mit ihrer Caro Daur GmbH. Laut einem Gesellschaftervertrag, der Correctiv vorliegt, leistete sie eine Einlage von 25.000 Euro und sicherte sich damit ein Prozent des Jahresergebnisses. Der Lebensmittel-Produzent und Erlebnispark-Betreiber Karls Investitions GmbH hat sich laut Handelsregister ebenfalls an Kliemanns Unternehmen beteilig – mit 500.000 Euro. Karls-Inhaber Robert Dahl scheint sich mittlerweile aber nicht mehr sicher zu sein, ob die Investition so eine gute Idee war: "Wenn Fynn die Vorwürfe nicht entkräften kann, dann wäre das für uns alle hier sehr enttäuschend."
Fynn Kliemann steht seit Anfang Mai wegen unterschiedlicher Maskendeals in der Kritik. Das "ZDF Magazin Royale" hatte enthüllt, dass die Firma nicht wie öffentlich kommuniziert nur fair und in Europa produzierte Masken zum Selbstkostenpreis vertrieben hatte – sondern auch in Bangladesch und Vietnam zu Niedriglöhnen produzieren ließ (LEADERSNET berichtete). Kliemann streitet die Betrugsvorwürfe ab, räumt aber irreführende und übertriebene Aussagen ein. (as)
www.global-tactics.de
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