Die Grundlage für die Bewertungen von Rating-Agenturen, die Nationen, Unternehmen und Hochschulen einstufen und damit Investitionsströme beeinflussen, sind oft rätselhaft und intransparent. Zu dem Schluss kommt Kaushik Basu, Wirtschaftswissenschaftler an der Cornell University, in seinem neuen Fachbeitrag, der in Economic Modeling veröffentlicht wurde.
Gewissheiten vorgegaukelt
Ratings von Firmen wie Standard & Poor's, Moody's, Fitch oder der Weltbank – wo Basu von 2012 bis 2016 als Chefökonom tätig war – basieren nicht auf geheimen Infos oder magischen Erkenntnissen, so Basu. Sie vermittelten Gewissheiten über Fragen, die unter Ökonomen umstritten seien, etwa das optimale Haushaltsdefizit einer Nation. "Ökonomen sind in vielen Fragen uneins, aber die Rating-Agenturen scheinen die Antworten zu kennen. Sie sagen, was ein Land tun sollte, und wenn es dem nicht folgt, werden wir es herabsetzen. Wie kommt es, dass Rating-Agenturen Gewissheiten haben, die Ökonomen fehlen?"
Basu und Co-Autor Haokun Sun haben ein theoretisches Modell entwickelt, das eine Erklärung vorschlägt, von der sie sagen, dass sie "subtile, fast psychologische Quellen" der Macht der Agenturen aufdeckt. Würden die Fundamentaldaten eines Landes stärker bewertet als die eines anderen, ziehe es mehr Investoren an. Das verbessere die Renditen der Anleger, da Investitionen in der Regel für beide Seiten von Vorteil seien. Dies wiederum bestätige das anfängliche Ranking und poliere den Ruf der Rating-Agentur auf. Bei Hochschulen führe eine höhere Bewertung dazu, dass sie mehr Top-Studenten anzieht, was die Bewertung ebenfalls verstärkt.
Agenturen haben "zu viel Macht"
Ratings könnten schwächere Nationen und Unternehmen noch mehr schwächen, sagen die Ökonomen. Dieser potenzielle Missbrauch von Macht und Einfluss deute auf einen Regulierungsbedarf hin. "Rating-Agenturen spielen eine wichtige Rolle, weil wir jemanden brauchen, der bei der Einschätzung von wirtschaftlichen Stärken und Schwächen hilft. Aber wenn man sich bewusst ist, dass Ratings sich selbst erfüllen und des daraus resultierenden Missbrauchspotenzials, erkennt man, dass auch sie reguliert und verwaltet werden müssen. Es ist zu viel Macht in ihren Händen", betont Basu. (pte)
www.cornell.edu
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