"Verbrauchertäuschung": Umwelthilfe verklagt Beiersdorf, BP und Co.

Die Organisation geht gegen Unternehmen wegen "Fake-Klimaneutralität" vor.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) geht juristisch gegen irreführende Werbeversprechen vor, in denen behauptet wird, Produkte seien "klimaneutral". Dazu hat der Umwelt- und Verbraucherschutzverband rechtliche Verfahren gegen zunächst acht Unternehmen eingeleitet. Dabei handelt es sich um die Beiersdorf AG, BP Europa SE, dm-drogerie markt GmbH + Co. KG, Green Airlines GmbH, The Mother Nature GmbH, Dirk Rossmann GmbH, Shell Deutschland GmbH sowie die TotalEnergies Wärme & Kraftstoff Deutschland GmbH.

Die DUH kündigte zudem an, den Schutz der Verbraucher:innen vor irreführenden Werbeversprechen im Zusammenhang mit einer behaupteten Klimaneutralität ab sofort als neuen Arbeitsschwerpunkt der "Ökologischen Marktüberwachung" des Verbandes einzuführen.

Grün waschen mit CO2-Ablasshandel

"Das Werbeversprechen der Klimaneutralität ist vielfach Verbrauchertäuschung. Oftmals ist es eher ein CO2-Ablasshandel, mit dem sich Unternehmen grün waschen. So wird den Menschen Geld aus der Tasche gezogen, das Klima aber nicht geschützt", erklärt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.

Die Absurdität vermeintlicher Klimaneutralität werde am Phänomen der "Überkompensation" deutlich, also wenn mehr Zertifikate gekauft werden, als CO2 ausgestoßen wird. Resch: "Je mehr angeblich 'überkompensierte' Flugreisen stattfinden, umso besser müsste es in dieser Logik fürs Klima sein. Natürlich ist das Gegenteil der Fall. Diesen Irrsinn nehmen wir nicht weiter hin und werden festgestellte oder uns gemeldete Rechtsverstöße notfalls auf den Klageweg bringen."

Überprüfbare Informationen nicht erhältlich oder nicht nachvollziehbar

Handelsunternehmen und Industrie bewerben zunehmend Produkte und Dienstleistungen als "klimaneutral", "klimapositiv" oder mit ähnlichen Begriffen. Das betrifft beispielsweise Flugreisen, Kraftstoffe, Lebensmittel oder Kosmetika. Tatsächlich würden die Unternehmen entweder aber ganz oder teilweise verschweigen, wie sie die angebliche CO2-Kompensation erbringen oder sie verweisen auf Kompensationsprojekte, an die nur ein in der Regel niedriger Geldbetrag fließt, kritisiert die DUH.

In der Realität werden auf diesem Weg aber kaum CO2-Emissionen eingespart. Überprüfbare Informationen zu "Zahlungen, Projekten und tatsächlicher Klimawirkung sind für Verbraucherinnen und Verbraucher teilweise nicht erhältlich oder nicht nachvollziehbar", teilt die Organisation mit.

Absurdes Modell

"Wer mit Umwelt- und Klimaschutz wirbt, muss dies auch belegen. Wer Verbraucherinnen und Verbraucher aber im Unklaren darüber lässt, wie vermeintliche Klimaneutralität zustande kommt, täuscht sie", legt Rechtsanwalt Remo Klinger den Finger in die Wunde.

Wie absurd das Modell der Kompensation ist, verdeutlicht er an einem Beispiel: "Statt mühsam und teuer die Emissionen Deutschlands tatsächlich zu senken, müsste der Bundesfinanzminister lediglich 19 Milliarden Euro im Jahr zahlen, damit Deutschland laut dieses Ablasshandels auf dem Papier ab sofort klimaneutral ist. Das ist weniger als die Hälfte des Jahresgewinns von BMW, Daimler und VW in 2021. Und real würde Deutschland die Klimakrise ungebremst anheizen."

Agnes Sauter, Leiterin des Bereichs Ökologische Marktüberwachung, ergänzt: "Wir haben zunächst acht Unternehmen aufgefordert, bestimmte Werbeaussagen zu unterlassen. Echter Klimaschutz ist nur möglich, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher eine ehrliche Information über die Klimaschädlichkeit einzelner Produkte oder Dienstleistungen erhalten. Schönfärberei mit vermeintlicher Klimaneutralität werden wir als klagebefugter Verbraucherschutzverband konsequent einen Riegel vorschieben." (as)

www.duh.de

Kommentar schreiben

* Pflichtfelder.

leadersnet.TV