"Die digitale Wirtschaft muss weiblicher werden"

IT-Unternehmen wollen Frauenanteil erhöhen.

Die digitale Wirtschaft will Frauen stärker fördern. So haben sich 24 Prozent der Unternehmen Ziele gesteckt, um den Frauenanteil zu erhöhen. Weitere 14 Prozent planen das konkret, bei 29 Prozent ist dies derzeit in der Diskussion. Für ebenfalls 29 Prozent der Unternehmen sind entsprechende Ziele hingegen auch künftig kein Thema. Das sind Ergebnisse einer Studie des Digitalverbands Bitkom, für die mehr als 500 Unternehmen der Bitkom-Branche repräsentativ befragt wurden.

Je kleiner das Unternehmen, desto kleiner der Frauenanteil

Die Branche beschäftigt in Deutschland derzeit 1,25 Millionen Menschen. Einer aktuellen Bitkom-Prognose zufolge wird die Zahl der Erwerbstätigen im laufenden Jahr um drei Prozent auf dann 1,29 Millionen steigen, Frauen sind dabei stark unterrepräsentiert. "Die digitale Wirtschaft muss weiblicher werden", fordert Bitkom-Vizepräsidentin Sabine Bendiek, bei der Vorstellung der Untersuchungsergebnisse. "Gemischte Teams sind für den Erfolg von Unternehmen extrem wichtig. Und wir sind auf Frauen angewiesen, um dem Fachkräftemangel zu begegnen und nachhaltiges Wachstum zu sichern. Die Zahlen sind ein Weckruf."

Mehr als jedes zehnte Unternehmen (elf Prozent) der Branche hat keine Frau in der Belegschaft. In 76 Prozent liegt der Frauenanteil bei weniger als 25 Prozent und lediglich in sieben Prozent der Unternehmen liegt er zwischen 26 und 50 Prozent. Je kleiner das Unternehmen, umso kleiner auch der Frauenanteil. Mit steigender Größe wächst der Studie zufolge auch der Frauenanteil deutlich. Die Unternehmen aller Größen eint allerdings: Besonders selten findet man Frauen in der Führungsetage. 49 Prozent haben keine Frau im Top-Management.

Diese Hürden können Unternehmen beseitigen

Die Faktoren, die den Aufstieg von Frauen hemmen, sind extern wie intern vielfältig. Einige Hürden könnten die Unternehmen selbst beseitigen: So sagen 66 Prozent, dass traditionelle Rollenbilder in den Unternehmen dazu beigetragen hätten, dass der Anteil von Frauen in Führungspositionen gering ist. Zudem vermuten 62 Prozent eine geringe Attraktivität der digitalen Wirtschaft für Frauen in Führungspositionen.

Hürden beim Wiedereinstieg, etwa nach einer Schwangerschaft, sieht die Hälfte der Unternehmen (51 Prozent) als problematisch. 41 Prozent bezeichnen die Präsenzkultur in Firmen als hemmend für Frauenkarrieren und knapp jedes dritte Unternehmen (31 Prozent) sieht eine gläserne Decke in der Branche.

Mit Blick auf die Rahmenbedingungen verweisen 78 Prozent darauf, dass die mangelnde Betreuungsinfrastruktur für Kinder Frauenkarrieren hemme. Zudem meinen 54 Prozent, es gebe zu wenige qualifizierte Kandidatinnen. Darüber hinaus erklären 47 Prozent, Frauen würden sich selbst schlechter vermarkten und verfügten über keine ausreichenden Netzwerke (38 Prozent).

Keine klare Zuständigkeit für Gleichstellung

Bisher fehlt in jedem zweiten befragten Unternehmen (50 Prozent) die Zuständigkeit für die Gleichstellung von Frauen und Männern. Lediglich in zwei bzw. drei Prozent der befragten Firmen gibt es Gleichstellungs- bzw. Diversity-Verantwortliche, in einem knappen Viertel (24 Prozent) übernimmt die Personalabteilung diese Aufgabe, bei 22 Prozent ist sie unmittelbar in der Geschäftsführung angesiedelt.

Es sind fast ausschließlich Unternehmen mit weniger als 200 Beschäftigten, die die Verantwortung nicht geregelt haben. So gut wie alle Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigen haben das Thema geklärt. "Die Gleichstellung von Frauen und Männern muss immer auch eine Führungsaufgabe sein. Nur wenn Vorgesetzte die Chancengleichheit aktiv vorleben, können die notwendigen Umbrüche gelingen. Gleichstellung muss Teil der DNA eines jeden Unternehmens werden", weiß Bitkom-Vizepräsidentin Bendiek.

Vielzahl von Maßnahmen geplant

Die digitale Wirtschaft will auf eine Vielzahl von Maßnahmen setzen, um den Frauenanteil zu erhöhen. 40 Prozent haben bereits Weiterbildungsprogramme zur Förderung von Frauenkarrieren im Einsatz, weitere 15 Prozent planen dies. 34 Prozent setzen auf familienfreundliche Arbeitsbedingungen, elf Prozent wollen ihren Einsatz dafür weiter verstärken. Rund ein Viertel (24 Prozent) kooperiert gezielt mit Hochschulen, um Frauen zu gewinnen, weitere 14 Prozent wollen das künftig tun.

Spezifischere Maßnahmen, etwa Präsenz auf Messen und Karriere-Events für Frauen, gibt es bisher nur in neun Prozent der Unternehmen, sieben Prozent haben entsprechende Planungen, für 68 Prozent ist das indes kein Thema. Auch feste Zielgrößen für Frauen in Führungspositionen oder die Bevorzugung von Frauen bei gleicher Qualifikation sind für viele Unternehmen (jeweils 76 Prozent) aktuell noch kein Thema.

Gemischte Teams sorgen für besseres Betriebsklima

"Die meisten Unternehmen wissen, wie wichtig die Gleichstellung von Männern und Frauen für ihre Zukunft ist. Jetzt müssen sie spezifische Maßnahmen treffen, um Frauenkarrieren wirksam zu fördern. Es braucht Role Models und die gezielte Ansprache von Frauen in der Personalgewinnjung, starke Frauen mit Führungsverantwortung, leistungsfähige Netzwerke und ganz konkrete Maßnahmen wie die Verankerung von Frauenförderung in Zielvereinbarungen von Führungskräften", ist Bendiek überzeugt.

Denn die Stärken gemischter Teams sind den IT-Unternehmen klar: 93 Prozent erklären, dass sie zu einem besseren Betriebsklima beitragen, 73 Prozent berichten von höherer Produktivität in gemischten Teams. Zudem bestätigen 85 Prozent, dass Frauen neue Ideen und andere Sichtweisen ins Unternehmen einbringen und 83 Prozent meinen, dass die Wirtschaft auf IT-Spezialistinnen angewiesen ist, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. (as)

www.bitkom.org

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