Fast die Hälfte der Deutschen hat Probleme, Verschwörungstheorien zu erkennen

Bitkom-Umfrage: Große Mehrheit fordert stärkeres Vorgehen der Behörden im Internet.

Immer mehr Menschen werden mit Verschwörungstheorien konfrontiert. Im vergangenen Jahr kamen 86 Prozent der Bundesbürger:innen mit Verschwörungstheorien in Kontakt – 38 Prozent sogar häufig. Im Jahr 2020 hatten noch 79 Prozent davon berichtet – sieben Prozentpunkte weniger.

Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Bitkom, für die mehr als 1.100 Personen ab 16 Jahren telefonisch befragt wurden. Die Ergebnisse hat der Digitalverband anlässlich des "Safer Internet Day" am 8. Februar vorgestellt.

Trügerisches Gefühl von Kontrolle und Deutungshoheit

Besonders häufig sind den Betroffenen Verschwörungstheorien in sozialen Netzwerken (52 Prozent) sowie im Gespräch mit Bekannten, Nachbarn oder im Kollegenkreis (51 Prozent) begegnet. Im Jahr 2020 lag die Betroffenheit im persönlichen Umfeld noch bei 41 Prozent. Knapp ein Viertel der Befragten (24 Prozent), denen Verschwörungstheorien begegnet sind, stieß in Online-Blogs oder Foren auf entsprechende Inhalte, 13 Prozent wurden damit in Messenger-Diensten konfrontiert.

"Gleichermaßen simple wie falsche Erklärungen für komplexe Sachverhalte vermitteln ein trügerisches Gefühl von Kontrolle und Deutungshoheit. Den Durchblick zu haben, während alle anderen im Dunkeln tappen – das suggeriert Halt in der Unsicherheit, vor allem in Krisenzeiten", erklärt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. "Einfache Lösungen gibt es nicht, aber wir sind auch nicht hilflos."

Rohleder fordert unter anderem konsequentere Strafverfolgung dort, wo Grenzen überschritten werden. Die Bevölkerung müsse aber auch "aufgeschlaut werden", um Verschwörungstheorien besser identifizieren zu können. Immer wieder würden Verschwörungstheorien auch von ahnungslosen Menschen in der festen Überzeugung weiterverbreitet, dass es sich dabei um Tatsachen hält.

Gefahr für die Demokratie

Denn es fällt vielen Menschen schwer, Verschwörungstheorien zu erkennen. 26 Prozent aller Befragten geben zu, bereits entsprechenden Theorien aufgesessen zu sein und diese unbedacht geglaubt zu haben. 43 Prozent aller Deutschen fällt es nach eigenem Bekunden zumindest hin und wieder schwer, Verschwörungstheorien von seriösen Informationen zu unterscheiden. Zudem haben mit 61 Prozent immer mehr Menschen den Eindruck, dass Verschwörungstheorien geglaubt wird. 88 Prozent erachten Verschwörungstheorien zudem als eine Gefahr für die Demokratie.

Große Einigkeit gibt es beim Umgang mit Verschwörungstheorien: 87 Prozent sind der Meinung, solche Theorien sollten mit sachlichen Argumenten widerlegt werden. 81 Prozent wollen Verschwörungstheorien ignorieren. Im Kampf gegen die zunehmende Verbreitung wünschen sich acht von zehn Personen (80 Prozent), dass Behörden im digitalen Raum stärker gegen Verschwörungstheorien vorgehen und dass die Verbreitung von Verschwörungstheorien in schweren Fällen unter Strafe gestellt wird (79 Prozent). Sieben von zehn Personen (70 Prozent) fordern private Unternehmen wie die Betreiber sozialer Netzwerke auf, stärker gegen Verschwörungstheorien vorzugehen.

Dazu Bitkom-Hauptgeschäftsführer Rohleder: "Die meisten derzeit diskutierten Maßnahmen setzen bei den Autoren und Absendern von Verschwörungstheorien an. Mindestens ebenso wichtig ist aber, ihnen den Resonanzboden in der Gesellschaft zu entziehen." Immerhin wünschen sich 76 Prozent der Menschen in Deutschland, dass Kinder bereits in der Schule für die Gefahren von Verschwörungstheorien sensibilisiert werden. Aber mehr als jede und jeder Fünfte hält das für überflüssig. (as)

www.bitkom.org

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