Wenn Erfolgsdruck lähmt
Stressfaktor, nicht nur im Arbeitsleben: Kennen Sie das "Floating-Duck-Syndrom"?

Auf den ersten Blick gleitet eine Ente mühelos über das Wasser – doch unter der Oberfläche kämpft sie mit kräftigen Bewegungen, um sich vorwärtszubewegen. Diese Metapher beschreibt das Phänomen des "Floating-Duck-Syndroms“, das in sozialen Netzwerken und leistungsorientierten Umfeldern zunehmend an Bedeutung gewinnt. Wie wirkt sich diese Diskrepanz zwischen äußerer Leichtigkeit und innerer Belastung auf uns und unsere Karriere aus?

Ähnlich wie bei der Ente wirken Social-Media-Profile vieler erfolgreicher Menschen leicht und unbeschwert, während die dahinterliegende Anstrengung unsichtbar bleibt. Dies führt bei vielen zu Verunsicherungen und einem wachsenden Gefühl des Scheiterns, wenn der eigene Erfolg im Vergleich ausbleibt. Die Folgen können gravierend sein – von Orientierungslosigkeit bis hin zu Burn-out.

Das "Floating-Duck-Syndrom“ wird mittlerweile von Wissenschaftlern an renommierten Institutionen weltweit untersucht, darunter Stanford und die Universität Wien. Sie beleuchten, wie der Druck, ständig eine perfekte Fassade zu wahren, das Wohlbefinden belastet und Menschen an ihre Grenzen bringt.

Der soziale Druck hinter der Fassade

Der Begriff "Floating-Duck-Syndrom“ wurde erstmals an der Eliteuniversität Stanford geprägt. Er beschreibt den unablässigen Druck, in einem wettbewerbsorientierten Umfeld in verschiedenen Bereichen zu brillieren, ohne die Anstrengung und Misserfolge sichtbar zu machen. Besonders in akademischen und beruflichen Kontexten zeigen Studien, dass diese Diskrepanz zwischen äußerer Leichtigkeit und innerer Belastung zu langfristigen psychischen und körperlichen Problemen führen kann.

Forscher der Universität Pennsylvania untersuchten in einer Studie, wie das "Floating-Duck-Syndrom“ durch verzerrte Wahrnehmungen verstärkt wird. Dabei mussten Studierende den Aufwand für verschiedene Aktivitäten einschätzen, erhielten jedoch nur begrenzte Informationen. Das Ergebnis: Die meisten unterschätzten den tatsächlichen Aufwand und überschätzten gleichzeitig die Belohnungen, die sie für vermeintlich geringe Anstrengungen erwarteten.

Teufelskreis aus Erwartungen und Enttäuschungen

Diese Verzerrungen führen in vielen Fällen zu einem Teufelskreis: Wer die Balance zwischen Einsatz und Belohnung nicht mehr wahrnimmt, neigt dazu, seine Bemühungen zu steigern – allerdings oft unstrategisch und in zu vielen Bereichen. Dies erhöht den inneren Druck und führt zu einem Gefühl der Überforderung, das den Weg in psychische Krisen wie Burn-out ebnen kann. Christian Korunka, Arbeitspsychologe an der Universität Wien, betont gegenüber dem ORF, dass dies häufig zu Kündigungen führe, da das Ungleichgewicht zwischen Einsatz und Belohnung zu einem zentralen Stressfaktor im Arbeitsleben wird.

In einer Leistungsgesellschaft, die von Konkurrenz geprägt ist, verstärken soziale Medien diesen Effekt noch. Plattformen wie Instagram oder TikTok präsentieren Erfolg oft als müheloses Endprodukt, was den Druck erhöht, in allen Bereichen Perfektion zu demonstrieren. Die Soziologin Ana Mijic von der Universität Wien sieht darin einen wesentlichen Aspekt des "Floating-Duck-Syndroms“: Nicht nur müssen Menschen in verschiedenen Bereichen erfolgreich sein, sie müssen es auch so erscheinen lassen, als wäre dieser Erfolg mühelos erreicht worden.

Wege aus dem Teufelskreis

Was können Betroffene tun, um diesem Teufelskreis zu entkommen? Christian Korunka rät, das eigene Selbstkonzept regelmäßig zu hinterfragen: "Muss ich wirklich immer der oder die Beste sein?“ Ebenso wichtig sei es, die eigene Verletzlichkeit zu akzeptieren und sich in Selbstmitgefühl zu üben. Wer merkt, dass der Druck zu groß wird, sollte professionelle Hilfe in Betracht ziehen.

Auch Studien zeigen, dass Inklusion am Arbeitsplatz eine Schlüsselrolle bei der Prävention von Burn-out spielt. Eine Umfrage der Boston Consulting Group ergab, dass fast die Hälfte der Befragten Anzeichen von Burn-out aufwies. Ein geringes Zugehörigkeitsgefühl am Arbeitsplatz korrelierte dabei stark mit einem höheren Erschöpfungsgrad.

Mijic betont, dass es auf gesellschaftlicher Ebene wichtig sei, das "Floating-Duck-Syndrom“ zu enttabuisieren und offener über Misserfolge zu sprechen. Dies könnte den sozialen Druck mindern, stets Perfektion nach außen zu tragen. Eine ehrliche Auseinandersetzung mit den eigenen Unsicherheiten und Schwächen ist letztlich der erste Schritt, um aus dem Teufelskreis auszubrechen und langfristig ein gesundes Gleichgewicht zwischen Einsatz und Erfolg zu finden.

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