85.000 Tickets, in vier Stunden ausverkauft
Heavy Metal at its best: Die drei Erfolgsfaktoren des Wacken Open Air

| Redaktion 
| 01.08.2024

Das Festivalbusiness sieht sich mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert: steigende Künstlergagen, Inflation und Extremwetter beeinträchtigen die Branche. Einige Open-Air-Festivals mussten bereits aufgeben. Das Wacken Open Air kämpft auch, kann aber drei große Pluspunkte für sich reklamieren: Seine Größe, Beliebtheit und die Treue der Metal-Fans.

Headbanging, ultralaute Musik und Matsch: Das Wacken Open Air, das größte Heavy-Metal-Festival der Welt, ist am vergangenen Mittwoch gestartet. Der Ticketpreis von 333 Euro dürfte bei vielen Fans der Musikrichtung erstmal für große Augen gesorgt haben.

Die steigenden Festivalpreise sind symptomatisch für eine Branche, die unter steigenden Kosten für Künstler, Energie und Sicherheit sowie den Auswirkungen des Klimawandels leidet. Diese wirtschaftlichen Turbulenzen haben bereits das Ende namhafter Festivals wie das Melt in Sachsen-Anhalt und das HipHop Open in Stuttgart bedeutet. Beide Festivals konnten im Vorjahr noch 20.000 beziehungsweise 25.000 Besucher verzeichnen.

Mit 85.000 verkauften Tickets spielt Wacken in einer anderen Liga. Dennoch spürt auch dieses Festival die aktuellen Herausforderungen. Im vergangenen Jahr mussten die Organisatoren wegen extremer Regenfälle die Besucherzahl begrenzen. Zusätzlich entsteht Druck durch den neuen Eigentümer, die US-Investmentgesellschaft KKR, die klare Renditeerwartungen mitbringt.

Freilich führte auch die Coronapandemie zu einem erheblichen Rückschlag für das WOA, das 2020 und 2021 ausfiel. 2022 konnten die Fans wieder nach Wacken reisen, doch die Kostenexplosion begann. Die Inflationsrate lag 2022 bei 6,9 Prozent und 2023 bei 5,9 Prozent. Besonders Personal, Technik und Festivalinfrastruktur verteuerten sich erheblich.

Harte Zeiten für die Branche

Das HipHop Open nannte auf Instagram weitere Gründe für das Aus: „Das veränderte Kaufverhalten, konstant steigende Preise für Infrastruktur und Gagen, kleinere Sponsorentöpfe, wenig Förderung und viele andere Faktoren zwingen uns dazu, realistisch zu sein und unser Herzensprojekt final zu beenden.“

Stephan Thanscheidt, Geschäftsführer der FKP Scorpio Konzertproduktionen GmbH, erklärte auf LinkedIn, dass die Festivalkosten im Vergleich zu vor der Pandemie um rund 45 Prozent gestiegen seien. Ähnliche Entwicklungen dürften auch für Wacken gelten.

Jens Michow, ehemaliger Präsident des Bundesverbandes der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft, bestätigte im Gespräch mit dem manager magazin: „Überall steigen gerade die Kosten. Doch bei den Produktions- und Durchführungskosten in der Konzertbranche ist es extrem.“

Ein wesentlicher Kostenfaktor sind die Künstlerhonorare. Früher nutzten Musiker Liveauftritte zur Werbung für ihre CDs. Heute sind Konzerte die Haupteinnahmequelle. „Veranstalter sind immer mehr zum Dienstleister geworden, der Künstler bestimmt den wesentlichen Teil der Kosten“, so Michow.

Finanzielle Risiken und Ticketpreise

Die Ticketpreise steigen entsprechend. Für das WOA-Ticket zahlte man 2019 noch 220 Euro, 2023 sind es 333 Euro. Bei 85.000 verkauften Tickets ergibt das Einnahmen von 28,3 Millionen Euro. Historisch betrachtet, kostete das erste Wacken-Festival 1990 nur 12 D-Mark Eintritt.

Mit den steigenden Kosten steigt auch das finanzielle Risiko für die Veranstalter. Wacken profitiert jedoch von einer hohen Nachfrage: Die Tickets sind jedes Jahr schnell ausverkauft. „Wenn eine Veranstaltung regelmäßig und fast unabhängig vom Programm ausverkauft ist, dann kann man natürlich weitaus sicherer kalkulieren“, so Michow.

Drei Faktoren könnten unterm Strich das Festival in eine erfolgreiche Zukunft führen: die Größe, die Beliebtheit und die Treue der Metalfans. Die 85.000 Karten für das diesjährige Festival waren in nur 4,5 Stunden vergriffen. Die Veranstalter posaunten erleichtert: „Wir wissen es mehr als zu schätzen, dass die Community zu uns steht und zusammenhält. Ihr seid die besten Fans der Welt!“

Klar ist aber auch: Unkalkulierbare Risiken wie das Wetter bleiben. 2022 führten starke Regenfälle zu einem Anreise- und Einlassstopp. Statt der erwarteten 85.000 Besucher durften nur 61.000 auf das Gelände. Die restlichen Tickets wurden erstattet, was einen Einnahmeverlust von rund 7 Millionen Euro bedeutete.

Der Einfluss des neuen Eigentümers KKR

Die International Concert Service GmbH (ICS), ursprünglich verantwortlich für Wacken, schloss 2019 einen Partnerschaftsvertrag mit dem britischen Festivalveranstalter Superstruct Entertainment ab. Dieser gehört nun den US-Investoren von KKR, die laut Financial Times rund 1,3 Milliarden Euro für die Übernahme zahlten. Wacken soll vom neuen Eigentümer zunächst nichts spüren, wie die Veranstalter nach der Übernahme im Juni mitteilten. Der Deal werde vorerst keine direkten Auswirkungen auf ihre Arbeit haben.

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