Angekotete Windel
Amazon ruiniert Kleinunternehmen wegen nachlässiger Rücksendepraktiken

| Redaktion 
| 21.07.2024

Eine benutzte Windel wurde offenbar ohne Prüfung von Amazon wieder verkauft. Eine negative Rezension zerstörte daraufhin den Erfolg eines kleinen, aufstrebenden Unternehmens.

Rachelle und Paul Baron aus dem US-Staat Colorado waren unzufrieden mit der Schwimmwindel ihres Sohnes Beauregard. Sie war zu eng und schwer auszuziehen. Daher entwickelten sie eine neue, waschbare Schwimmwindel, die durch Knöpfe in der Größe verstellbar war und mehr Beinfreiheit bot.

Unter der Marke Beau & Belle Littles verkauften sie die Windel über Amazon. Anfangs lief das Geschäft gut: Positive Bewertungen erhöhten die Sichtbarkeit und den Umsatz. Bald erreichten sie eine Million Dollar Umsatz. Doch dann änderte eine negative Rezension alles.

Die Barons wollten durch den Verkauf der Windeln genug verdienen, damit Rachelle sich um ihren Sohn kümmern konnte. Sie hatten das Ziel, bis 2020 den jährlichen Umsatz auf drei Millionen Dollar zu steigern. Stattdessen sind sie jetzt mit 600.000 Dollar Schulden belastet; inklusive eines Hauskredits, der eine Insolvenz erschwert, wie Bloomberg berichtet.

Eine Bewertung machte alles zunichte

Warum es so weit gekommen ist? Eine Kundin hinterließ eine Ein-Stern-Bewertung, weil sie eine benutzte, verschmutzte Windel erhalten hatte. Die Rezension enthielt auch Fotos einer kotbeschmierten Windel, die den Zustand belegten. Diese Rezension wurde oft als "hilfreich" markiert, was ihre Sichtbarkeit erhöhte.

Der Fehler lag jedoch bei Amazon, das die Rücksendungen in seinen Logistikzentren abwickelt. Dort soll ein zurückgeschicktes Paket, das sorgfältig eingepackt worden war, ohne eingehende Prüfung in den Wiederverkauf gelangt sein. Ehemalige Mitarbeiter berichteten demnach, dass die Rückgaben oft nicht gründlich geprüft werden.

Die Barons waren entsetzt, dass Amazon die Rücksendung und den Wiederverkauf von Windeln überhaupt erlaubte. Sie hofften, das Problem durch eine Meldung an Amazon lösen zu können. Doch ihre E-Mails blieben unbeantwortet und bei Telefonanrufen wurden sie zwischen verschiedenen Abteilungen hin- und hergeschickt.

Schließlich bestätigte der Verkäufer-Support, dass versehentlich eine benutzte Windel wieder verkauft wurde, erklärte aber, dass die Rezension nicht gelöscht werden könne. Auch eine E-Mail an den damaligen CEO Jeff Bezos brachte keinen Erfolg. Ein Jahr lang versuchten die Barons vergeblich, die Rezension entfernen zu lassen.

Amazon sieht Einzelfall

Ein Amazon-Insider erklärte, dass das Unternehmen nicht genügend Mitarbeiter habe, um jede angefochtene Bewertung zu prüfen. Stattdessen hoffe man, dass genug authentische Rezensionen verfasst würden, um negative Bewertungen auszugleichen. Jason Boyce, ein Berater für Onlineverkäufer, kritisierte das Fehlen eines einfachen Einspruchsprozesses für Rezensionen bei falsch verkauften Produkten.

Das Ehepaar ist enttäuscht. Paul Baron arbeitet mittlerweile als E-Commerce-Berater, Rachelle sucht einen Job im Logistikbereich. Amazon erklärte, dass man den Retourenprozess angepasst habe und keine weiteren Vorfälle dieser Art bekannt seien. Solche Fehler seien extrem selten und die Rezension wurde schließlich gelöscht.

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