Le Rosey
So läuft ein Tag im exklusivsten Internat der Welt ab

Im ältesten und teuersten Internat der Schweiz wird seit Jahrhunderten die Jugend der Reichen und Mächtigen aus aller Welt erzogen. Doch was macht die Einrichtung so besonders?

Das majestätische, gut drei Meter hohe Tor aus verziertem Schmiedeeisen markiert eine deutliche Grenze zwischen zwei Welten. Es steht am Eingang eines Geländes, das nicht weniger als eine exklusive Bildungsenklave in der Schweiz darstellt: das Internat Le Rosey. Dieses befindet sich in Rolle, einer beschaulichen Gemeinde mit rund 6300 Einwohnern, gelegen am Genfer See im Kanton Waadt, eingebettet zwischen Genf und Lausanne unterhalb malerischer Weinberge. Das Überqueren dieser Schwelle bedeutet das Eintreten in eine Welt, die von einer jahrhundertealten Tradition des Lernens und der Exklusivität geprägt ist.

160 Lehrkräfte, 460 Schüler:innen

Innerhalb seiner Mauern steht das Château de Rosey, ein Schloss aus dem 14. Jahrhundert mit zugehörigen Nebengebäuden, zusammen mit einem modernen Glas- und Betonbau, der inmitten eines 28 Hektar großen parkähnlichen Geländes thront. 160 Lehrkräfte, 148 Angestellte und 460 Schülerinnen und Schüler aus über 70 Ländern finden sich hier zusammen, was Le Rosey zum exklusivsten Internat der Welt macht. Die Institution, die sich seit ihrer Gründung im Jahr 1880 in der Hand von Generationen der globalen Elite befindet, hat Absolventen aus den Familien Rothschild, Rockefeller, Getty und Taittinger sowie Kinder von Staatsoberhäuptern, Adeligen und Künstlern wie John Lennon, Elizabeth Taylor und Roger Moore hervorgebracht. Das manager magazin durfte einen Blick in die Einrichtung werfen.

Trotz seines legendären Rufs und der hohen Kosten – ein Schuljahr beläuft sich auf rund 150.000 Euro – bleibt das Internat hinsichtlich seiner Schülerschaft diskret und zurückhaltend. Alle paar Jahre wird einem Journalisten Zutritt gewährt, doch gelten strenge Regeln: keine Fotos, keine Namen. Die exorbitanten Gebühren schließen viele von der Bewerbung aus, dennoch gibt es keine Garantie für eine Aufnahme. Das Auswahlverfahren ist rigoros, nicht nur finanzielle Mittel, sondern auch Charakter, Selbstbewusstsein, Flexibilität und die Bereitschaft, sich nicht von der imposanten Kulisse einschüchtern zu lassen, sind entscheidend.

Im Sommer in Genf, im Winter in Gstaad

Im Winter verlegt die Schule ihren Standort nach Gstaad, wo neben dem Unterricht Ski- und Eishockeysport auf dem Programm stehen. Im April kehrt sie zurück an den Genfer See, um sich dem Rudern und Segeln zu widmen. Die pädagogische Philosophie und die Ausstattung der Schule mit Jachtklub, Reitstall, Spa und weiteren Luxusangeboten unterstreichen ihren Anspruch, eine Bildung auf höchstem Niveau zu bieten. Diese Philosophie findet auch im Lehrplan ihren Niederschlag, der traditionelle Werte mit modernen Anforderungen verbindet, etwa durch die Integration von Startup-Kooperationen oder dem Start eines eigenen Nanosatelliten.

Mäßigung und Verzicht

Die Prinzipien der Zurückhaltung und des Maßhaltens werden großgeschrieben, insbesondere in Bezug auf die Nutzung digitaler Medien. Ein Fachexperte für Neurowissenschaften erläutert den Schülerinnen und Schülern die biochemischen Effekte exzessiven Gebrauchs sozialer Medien auf das Gehirn – Effekte, die Parallelen zu denen einer Sucht aufweisen. Obwohl Laptops im Unterricht zur Standardausrüstung gehören, ist die Benutzung von Mobiltelefonen zwischen 7 Uhr morgens und 19 Uhr abends untersagt, wie vom Schulleiter betont wird. Für kurze Zeit am Abend ist die Online-Nutzung erlaubt, bevor über Nacht das WLAN abgeschaltet wird, um die Einhaltung dieser Regel zu gewährleisten.

Durchgetakteter Alltag

Ebenso ernst nimmt Le Rosey das Thema Drogenprävention, was durch regelmäßige Drogentests unterstrichen wird. Aufgrund des dichten Tagesablaufs und der strengen Regeln riskieren nur wenige einen Verstoß. Der Schulalltag beginnt um 8 Uhr mit dem Lernen, gefolgt von Sport oder Kunst am Nachmittag und dem Abendessen um 19:30 Uhr. Der Kleidungsstil reicht von leger bis formell, wobei die Schuluniform nur zu offiziellen Anlässen getragen wird. Bei Nichtbeachtung der Kleiderordnung sind formelle Kleidung wie Blazer und Krawatte oder für Schülerinnen eine feine Bluse und ein Rosey-Schal erforderlich.

Hoodies und Kappen sind verpönt, der Einsatz von Schmuck und Make-up soll moderat sein, das Haar gepflegt. Respekt wird in vielfältiger Weise gezeigt: das Aufstehen am Tisch, wenn Erwachsene sprechen, und der Dank an die Lehrkräfte am Ende jeder Unterrichtsstunde. Beim Abendessen wird der Dienst am Nächsten großgeschrieben, und es ist nicht unüblich, dass danach weitergelernt wird. Hervorragende schulische Leistungen sind gefordert, denn ein Drittel der Absolventen strebt danach, an einer der 30 besten Universitäten weltweit zu studieren, darunter Yale, Harvard, Oxford und Cambridge.

Zur Belohnung ins Silicon Valley

Le Rosey belohnt herausragende akademische Leistungen mit Sonderprivilegien wie zusätzlichen Ausgangszeiten. Darüber hinaus gibt es die sogenannten "Ehrenreisen", bei denen besonders engagierte und leistungsstarke Schüler gemeinsam mit dem Schulleiter einmalige Erfahrungen sammeln dürfen, wie etwa eine Exkursion ins Silicon Valley oder ein Projekt zur Aufforstung von Korallen in der Karibik in Zusammenarbeit mit der Universität Zürich unter Einsatz von 3D-Drucktechnologie.

Des Weiteren hat Le Rosey in Mali eine Schule für 1.500 Schüler errichtet und plant in Kenia, das Leben der Massai durch ein Dokumentarfilmprojekt mit Schülern und einem ehemaligen Absolventen, einem "Ancien", zu dokumentieren. Diese Projekte unterstreichen die Bedeutung von sozialem Engagement und die Bereitschaft, über den Tellerrand hinauszublicken und anderen zu helfen. Dies nicht nur als persönliche Bereicherung, sondern auch als wertvolle Ergänzung im Lebenslauf, was von Spitzenuniversitäten zunehmend vorausgesetzt wird.

Nur wenig Taschengeld für alle

Schüler erhalten wöchentlich ein Taschengeld von bis zu 120 Franken, unabhängig vom finanziellen Hintergrund ihrer Familien. Diese Praxis fördert einen gesunden Umgang mit Geld und stellt klar, dass Angeberei kein Weg ist, um Anerkennung zu finden. In einem Umfeld, in dem alle aus wohlhabenden Verhältnissen kommen, wird schnell deutlich, dass materieller Reichtum relativ ist und nicht das zentrale Element für Beliebtheit oder Erfolg darstellt.

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