Marion Schöne: "Meine Vision? Olympia nach München holen“

Seit 2017 ist Marion Schöne Geschäftsführerin des Olympiaparks. "Wenn man ein Ziel verfolgt und vor Augen hat, muss man dranbleiben", sagt sie. Große Ziele stehen dem Park in den kommenden Jahren vor – die Sanierung von Olympiastadion und Olympiaturm. Während ihrer Amtszeit möchte die Geschäftsführerin zudem noch die Olympischen Spiele nach München holen.

LEADERSNET: 4,4 Millionen Besucher:innen zählte der Olympiapark im Jahr 2022. Woher rührt die Anziehungskraft – mehr als 50 Jahre nach der Eröffnung?

Marion Schöne: Mit den European Championships hatten wir 2022 eine ganz besondere Sportveranstaltung zu Gast, die sich auf die 4,4 Millionen Besucher:innen positiv auswirken. Dazu kommt, dass sich bei uns die Weltstars die Klinke in die Hand geben, wir haben 2023 ein Open-Air-Rekordjahr, allein im Olympiastadion waren es über 700 000 Besucher:innen. Dazu kommen der Freizeit- und Tourismusbetrieb und die Menschen, die sich hier erholen. Kurzum: Der Olympiapark hat auch nach 50 Jahren seinen nicht Reiz verloren.

LEADERSNET: Warum ist das Olympiastadion so erfolgreich, wenn es um Open-Air-Konzerte geht?

Marion Schöne: Wir haben festgestellt, dass die Nachfrage nach den ganz großen Stars, die die Stadien füllen, ungebrochen ist. Die Ticketfrage ist unverändert hoch, auch wenn es ganz schlimme Auswüchse wie "dynamic pricing" gibt. Festivals wie das Super Bloom ziehen viele junge Menschen an. Dem entgegen steht ein wenig die Olympiahalle: Hier haben wir im September/Oktober weniger Belegungen als üblich. Verlierer aus der Coronazeit sind also ganz klar die Künstlerinnen, denen es an der ganz großen Fanbase fehlt. Das finde ich persönlich sehr schade, weil damit auch Vielfalt verloren geht.

LEADERSNET: Nun stehen große Sanierungsarbeiten im Olympiapark an. Was genau muss gemacht werden?

Marion Schöne: Im Winterhalbjahr 2023 fangen wir an, das Stadion zu sanieren, von Oktober 2025 bis Mai 2027 wird das Stadion für rund 20 Monate geschlossen. Das ist eine Kompromisslösung, damit wir in den kommenden Sommerhalbjahren 2024 und 2025 noch Konzerte veranstalten können. Wenn man drei Jahre weg vom Konzertkalender bist, suchen sich die Veranstalter:innen andere Spielstätten. Damit wir trotz Sanierung und Schließung konkurrenzfähig bleiben, ist die Allianz Arena als Ausweichspielstätte in diesem Zeitraum angedacht. Den Turm sanieren wir ab Juni 2024 bis Mai 2026. Das im laufenden Betrieb zu machen, wäre unmöglich – also beißen wir in den sauren Apfel.

LEADERSNET: Wie hoch sind die Kosten?

Marion Schöne: Die Stadionsanierung kostet 195 Millionen Euro – 130 Millionen Euro war die Schätzung im Jahr 2020. Wir haben allein 34 Millionen Euro reine Kostensteigerung. Jetzt hoffen wir, dass wir während der Bauphase keine bösen Überraschungen erleben. Der Turm schlägt mit 40 Millionen Euro zu Buche. Wir sanieren den Park bereits seit 2007, haben die kleine Olympiahalle gebaut, die große Olympiahalle saniert. Die Sanierungsarbeiten dauern bis 2030 an – am Ende werden es rund 700 Millionen Euro Investition sein, wohlgemerkt über den Zeitraum von fast 30 Jahren und auch, weil 50 Jahre zuvor bis auf das Zeltdach nicht viel saniert worden ist. Die Akzeptanz in der Bevölkerung ist sehr hoch, was vermutlich auch daran liegt, dass der Park für alle zugänglich ist und wir regelmäßig kostenlose Veranstaltungen anbieten.

LEADERSNET: Was bedeutet die Sanierung für den Park wirtschaftlich?

Marion Schöne: In den Jahren vor Corona haben wir Rücklagen gebildet: 10 Millionen Euro, die komplett durch Corona verpufft sind. Durch unser Rekordjahr 2023 können wir ein kleines Polster bilden, aber wir kommen sicher nicht mehr an die 10 Millionen ran. 2026 wird durch die Stadionschließung das heftigste Jahr, das können wir nicht komplett ausgleichen. Es gibt eine nette Alternative für den Olympiaturm – ein privater Investor stellt einen 65 Meter hohen Turm auf, von wo aus man auf den Olympiapark schauen kann. Durch die Pachteinnahmen werden wir die Kosten bei Weitem nicht kompensieren, es geht eher darum, die Menschen mit einem attraktiven Angebot in den Park zu locken.

LEADERSNET: Ab 2010 haben Sie den Bereich Finanzen und Personal verantwortet, seit 2017 sind Sie Geschäftsführerin des Olympiaparks. Was hat sich verändert?

Marion Schöne: Ich habe immer gesagt: Ich möchte gestalten, nicht verwalten. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Wir erleben – wie andere Unternehmen auch – Transformationsprozesse, die Veränderungszyklen werden immer kürzer. Wir haben ein Leitbild erarbeitet, wer wir sein wollen und wie wir sein wollen. Wir haben Positionen verändert – die Stelle des Protokolls beispielsweise durch einen Digital Manager ersetzt. Nachhaltigkeit ist ein Thema, das man nicht mehr nebenher machen kann. Aktuell suchen wir eine:n Diversity Manager:in. Wenn ich das Unternehmen in einigen Jahren verlasse, möchte ich es so aufgestellt haben, wie ich es gerne übernommen hätte. Wichtig ist dabei immer, das Team mitzunehmen, man darf nicht mit Brachialgewalt alles umkrempeln.

LEADERSNET: Sie haben selbst einmal über sich gesagt: "Meine große Stärke ist meine Hartnäckigkeit."

Marion Schöne: Richtig! Wenn man ein Ziel verfolgt und vor Augen hat, muss man dranbleiben. Wenn man gute Argumente hat, kann man überzeugen. Es gibt immer Situationen, in denen auch ich an meine Grenzen komme, aber aufgeben kommt für mich nicht in Frage. Ich lebe als Führungskraft einen anderen Stil und lege auf andere Dinge Wert als die Geschäftsführer vor mir. Das Unternehmen ist jahrelang patriarchisch geführt worden, das war eine ganz andere Unternehmenskultur – unter anderen Voraussetzungen, in einer ganz anderen Zeit.

LEADERSNET: Mit den European Championships 2022 hat München gezeigt, dass sportliche Großereignisse perfekt in die Stadt passen. Ist es geplant, dass im Olympiapark noch mehr sportliche Großereignisse stattfinden?

Marion Schöne: Die European Championships waren ein Meilenstein. Wir wollten zeigen, dass wir sportliche Großveranstaltungen stemmen und mit 50 Jahre alten Sportstätten international hochkarätigen Sport zeigen können. Egal, ob TV, Print, Soziale Medien – zu 95 Prozent hatten wir nur positive Rückmeldungen. Wir hätten das Momentum nach den European Championships gerne genutzt, um eine Olympiabewerbung anzugehen, das war nicht möglich, weil die Verantwortlichkeit beim Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) liegt. Aktueller Stand ist: Am 5. November findet ein Dialogforum in der kleinen Olympiahalle statt – München, Berlin, Hamburg, Leipzig und die Rhein-Ruhr-Region sind im Rennen für eine mögliche Bewerbung. Wir wollen einen Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit setzen und keine neuen Sportstätten bauen. 2 bis 3 der Bewerberstädte/-regionen werden übrigbleiben, nach den Olympischen Spielen Paris im Sommer 2024 ist ein Bürgerbegehren/Volksentscheid geplant. Wir wollen, dass die Öffentlichkeit hinter dem Vorhaben steht. Um welches Jahr es bei der Bewerbung geht und ob es Sommer- oder Winter-Spiele sind, ist noch offen.

LEADERSNET: Der Stadtrat wünscht sich weitere Veranstaltungsformate für den Olympiapark. Wie können diese aussehen?

Marion Schöne: Das Thema treibt uns seit Jahren um. Nachdem der Fußball mit dem FC Bayern München und dem TSV 1860 München ausgezogen ist, war es immer ein Thema, wie man das Olympiastadion füllen kann. Aber wenn man sich europa- oder weltweit umschaut, ist klar: Man kann große Stadion nur mit Megastars füllen oder mit einem Hometeam, das in der ersten Liga spielen muss. Will heißen: Gibt es kein Hometeam, wird es schwer. Was vielen nicht bewusst ist: Wenn man 11 Konzerte im Stadion hat, ist es an 160 Tagen belegt.. 30 bis 50 Trucks rollen für Konzerte an, es braucht im Schnitt zehn Tage, um die Bühne aufzubauen, und drei bis vier Tage, um sie wieder abzubauen. Durch die Konzerte ist das Stadion also schon sehr gut belegt. Sobald die Ehrengastbereiche nach der Sanierung moderner sind, können wir diesen Bereich für Kongresse und Tagungen nutzen. Und trotzdem: Das, was wir an Konzerten verdienen, liegt im siebenstelligen Bereich, bei Kongressen und Tagungen sprechen wir maximal von einem sechsstelligen Bereich. Was wichtig für uns wäre: Eine Nutzung im Winterhalbjahr. Auch meine Vorgänger haben hier sehr viel ausprobiert, wie beispielsweise „Air & Style“, ein Snowboardevent.

LEADERSENT: Was mögen Sie besonders am Olympiapark?

Marion Schöne: Ich finde das Gelände noch immer Avantgarde, oder – wie man heute sagen würde – instagramable. Gerade unser Dach wird in allen Varianten fotografiert. Der Park ist schön zu allen Jahreszeiten.

LEADERSNET: Welche Visionen haben Sie noch für den Olympiapark?

Marion Schöne: Ich würde während meiner Amtszeit noch gerne die Olympischen Spiele nach München holen. Mein Vertrag geht bis Ende 2026, ich könnte mir vorstellen um 2 Jahre zu verlängern, wenn das gewünscht ist. Wenn nicht, ist es auch für mich in Ordnung. Ich habe es oft genug erlebt, wie es ist, wenn Menschen nicht loslassen können und ihren Nachfolger:innen reinreden. Ich für mich persönlich kann mir jedoch schwer vorstellen, dass ich nach Hause gehe und die Füße hochlege. Wenn ich später einmal mehr Zeit habe, möchte ich mich ehrenamtlich für Kinder und Jugendliche engagieren, das empfinde ich als extrem wichtig, sie sind unsere Zukunft.

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