LEADERSNET: 4,4 Millionen Besucher:innen zählte der Olympiapark im Jahr 2022. Woher rührt die Anziehungskraft – mehr als 50 Jahre nach der Eröffnung?
Marion Schöne: Mit den European Championships hatten wir 2022 eine ganz besondere Sportveranstaltung zu Gast, die sich auf die 4,4 Millionen Besucher:innen positiv auswirken. Dazu kommt, dass sich bei uns die Weltstars die Klinke in die Hand geben, wir haben 2023 ein Open-Air-Rekordjahr, allein im Olympiastadion waren es über 700 000 Besucher:innen. Dazu kommen der Freizeit- und Tourismusbetrieb und die Menschen, die sich hier erholen. Kurzum: Der Olympiapark hat auch nach 50 Jahren seinen nicht Reiz verloren.
LEADERSNET: Warum ist das Olympiastadion so erfolgreich, wenn es um Open-Air-Konzerte geht?
Marion Schöne: Wir haben festgestellt, dass die Nachfrage nach den ganz großen Stars, die die Stadien füllen, ungebrochen ist. Die Ticketfrage ist unverändert hoch, auch wenn es ganz schlimme Auswüchse wie "dynamic pricing" gibt. Festivals wie das Super Bloom ziehen viele junge Menschen an. Dem entgegen steht ein wenig die Olympiahalle: Hier haben wir im September/Oktober weniger Belegungen als üblich. Verlierer aus der Coronazeit sind also ganz klar die Künstlerinnen, denen es an der ganz großen Fanbase fehlt. Das finde ich persönlich sehr schade, weil damit auch Vielfalt verloren geht.
LEADERSNET: Nun stehen große Sanierungsarbeiten im Olympiapark an. Was genau muss gemacht werden?
Marion Schöne: Im Winterhalbjahr 2023 fangen wir an, das Stadion zu sanieren, von Oktober 2025 bis Mai 2027 wird das Stadion für rund 20 Monate geschlossen. Das ist eine Kompromisslösung, damit wir in den kommenden Sommerhalbjahren 2024 und 2025 noch Konzerte veranstalten können. Wenn man drei Jahre weg vom Konzertkalender bist, suchen sich die Veranstalter:innen andere Spielstätten. Damit wir trotz Sanierung und Schließung konkurrenzfähig bleiben, ist die Allianz Arena als Ausweichspielstätte in diesem Zeitraum angedacht. Den Turm sanieren wir ab Juni 2024 bis Mai 2026. Das im laufenden Betrieb zu machen, wäre unmöglich – also beißen wir in den sauren Apfel.
LEADERSNET: Wie hoch sind die Kosten?
Marion Schöne: Die Stadionsanierung kostet 195 Millionen Euro – 130 Millionen Euro war die Schätzung im Jahr 2020. Wir haben allein 34 Millionen Euro reine Kostensteigerung. Jetzt hoffen wir, dass wir während der Bauphase keine bösen Überraschungen erleben. Der Turm schlägt mit 40 Millionen Euro zu Buche. Wir sanieren den Park bereits seit 2007, haben die kleine Olympiahalle gebaut, die große Olympiahalle saniert. Die Sanierungsarbeiten dauern bis 2030 an – am Ende werden es rund 700 Millionen Euro Investition sein, wohlgemerkt über den Zeitraum von fast 30 Jahren und auch, weil 50 Jahre zuvor bis auf das Zeltdach nicht viel saniert worden ist. Die Akzeptanz in der Bevölkerung ist sehr hoch, was vermutlich auch daran liegt, dass der Park für alle zugänglich ist und wir regelmäßig kostenlose Veranstaltungen anbieten.
LEADERSNET: Was bedeutet die Sanierung für den Park wirtschaftlich?
Marion Schöne: In den Jahren vor Corona haben wir Rücklagen gebildet: 10 Millionen Euro, die komplett durch Corona verpufft sind. Durch unser Rekordjahr 2023 können wir ein kleines Polster bilden, aber wir kommen sicher nicht mehr an die 10 Millionen ran. 2026 wird durch die Stadionschließung das heftigste Jahr, das können wir nicht komplett ausgleichen. Es gibt eine nette Alternative für den Olympiaturm – ein privater Investor stellt einen 65 Meter hohen Turm auf, von wo aus man auf den Olympiapark schauen kann. Durch die Pachteinnahmen werden wir die Kosten bei Weitem nicht kompensieren, es geht eher darum, die Menschen mit einem attraktiven Angebot in den Park zu locken.
LEADERSNET: Ab 2010 haben Sie den Bereich Finanzen und Personal verantwortet, seit 2017 sind Sie Geschäftsführerin des Olympiaparks. Was hat sich verändert?
Marion Schöne: Ich habe immer gesagt: Ich möchte gestalten, nicht verwalten. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Wir erleben – wie andere Unternehmen auch – Transformationsprozesse, die Veränderungszyklen werden immer kürzer. Wir haben ein Leitbild erarbeitet, wer wir sein wollen und wie wir sein wollen. Wir haben Positionen verändert – die Stelle des Protokolls beispielsweise durch einen Digital Manager ersetzt. Nachhaltigkeit ist ein Thema, das man nicht mehr nebenher machen kann. Aktuell suchen wir eine:n Diversity Manager:in. Wenn ich das Unternehmen in einigen Jahren verlasse, möchte ich es so aufgestellt haben, wie ich es gerne übernommen hätte. Wichtig ist dabei immer, das Team mitzunehmen, man darf nicht mit Brachialgewalt alles umkrempeln.
LEADERSNET: Sie haben selbst einmal über sich gesagt: "Meine große Stärke ist meine Hartnäckigkeit."
Kommentar schreiben