Das Projekt soll soziale Kontakte und das gemeinschaftliche Zusammenleben fördern sowie pflege- und hilfsbedürftigen Menschen die Möglichkeit geben, möglichst selbstbestimmt zu leben. Spatenstich war im März 2023, im Herbst 2024 sollen die ersten Bewohner:innen einziehen. Wir haben mit den beiden Brüdern über ihr Vorhaben gesprochen.
LEADERSNET: Die Bevölkerung altert immer mehr. Haben Sie den perfekten Entwurf, wie unser Leben in Zukunft aussehen kann?
Häfele: Sagen wir es so: Wir haben uns große Gedanken gemacht, wie innovatives Wohnen aussehen kann. Unser Wohnbauprojekt beinhaltet vier Säulen: Eine selbstbestimmte, ambulant betreute Wohngemeinschaft, betreutes und assistiertes Wohnen, barrierefreies eigenständiges Wohnen sowie WG-Wohnen. Wobei das WG-Wohnen nicht zwingend nur für Auszubildende gedacht ist, sondern auch für Menschen, die im Alter nicht alleine sein wollen, oder für Menschen, die sich keine eigene Wohnung leisten können.
LEADERSNET: Sie planen, dass dort junge Menschen ebenso leben können wie Senior:innen. Chance oder Risiko?
Häfele: Das hängt ganz davon ab, welche Menschen im Haus einziehen. Der Idealfall ist, dass die Bewohner:innen gemeinsam kochen, miteinander spielen und im Park spazieren gehen. Junge Menschen haben die Chance, günstiger zu wohnen, wenn sie sich im Zusammenleben integrieren.
Natürlich ist es eine Herausforderung für eine Gemeinschaft, sobald unterschiedliche Charaktere zusammenkommen. Klar ist aber auch: Wer für sich leben möchte und den Kontakt zu anderen nicht will, für den ist das Haus nicht das richtige.
LEADERSNET: Sie sprechen mögliche Konflikte an…
Häfele: Richtig – und denen wollen wir vorbeugen, indem es im Haus eine soziale und pädagogische Hilfestellung gibt. Unsere Schwester, Verena, und Stephan Vogt, der das Konzept zusammen mit uns entwickelt hat, sind dort dauerhaft beschäftigt, um die Kommunikation zwischen den Bewohner:innen, Angehörigen, dem Pflegedienst, etc. anzuleiten, wenn Bedarf ist. Regionale Infrastruktur und Pflegedienste wollen wir in die tägliche Arbeit einbinden.
LEADERSNET: Wäre es aus wirtschaftlicher Sicht nicht besser und einfacher, ein herkömmliches Wohnbauprojekt umzusetzen?
Häfele: Ja, das wäre sicher leichter, aber das ist nicht unser Anspruch. Es steckt viel Herzblut in dem Projekt und wir wollen etwas für die Gemeinschaft und unseren Heimatort machen. Letztendlich bedeutet das Projekt für uns auch persönliches Wachstum. Die Häfele Bauprojekte GmbH ist ein mittelständisches Familienunternehmen, das sich auf Geschoßwohnungsbau spezialisiert hat. Nun lernen wir viel dazu, unter anderem für kommende Projekte, um auch dort soziale Aspekte mit einzubringen.
LEADERSNET: In ländlichen Gegenden wie dem Allgäu leben viele Menschen im Eigenheim, in dem man meist bleibt, so lange es geht. Dennoch sagen Sie, dass Ihr Projekt großen Zuspruch findet. Woran liegt’s?
Häfele: Bei den Besichtigungen und Vorbesprechungen sind meist die jüngere und die ältere Generation einer Familie dabei und wir merken, dass das generelle Interesse ganz stark davon abhängt, wie das Thema in den Familien diskutiert wird.
Wenn die eigenen (Groß-)Eltern immer älter werden, kommt bei vielen die Frage auf, wie man Themen wie Einkaufen und Pflege der Angehörigen bewältigen kann. Auch Urlaube werden diskutiert, weil die Frage auftaucht, wer sich dann um Mama und Papa oder Oma und Opa kümmert. Auch die Lage unseres Projekts überzeugt viele: Supermärkte, Apotheken, Ärzte – alles ist in direkter Nachbarschaft.
LEADERSNET: Sind die Bürger:innen der Region offen für das Projekt?
Häfele: In der Region Allgäu/Oberschwaben werden Projekte wie unseres durchaus hinterfragt – gerade, wenn es neue und innovative Ansätze sind. Aber sobald die Menschen das Konzept verstanden haben, finden sie es gut. Unser Projekt ist kein Pflegeheim, sondern es soll vielmehr ein Leben mit Leichtigkeit, Freude und eben vor allem Selbstbestimmung im Haus stattfinden.
LEADERSNET: Kann Ihr Wohnprojekt auch dem Fachkräftemangel entgegenwirken? Gut gelegene Wohnungen können für Mitarbeiter:innen ja durchaus ein Argument sein, sich für ein Unternehmen zu entscheiden.
Häfele: Auf jeden Fall. Das Potential, dass Firmen mit Wohnraum Mitarbeiter:innen gewinnen können, sehen wir als Chance an. Wir sind mit den Firmen hier und in der Region im Gespräch.
LEADERSNET: Sie sind nicht nur Geschäftspartner, sondern auch Zwillinge. Ihre Schwester ist mit an Bord, Ihr Vater hat vor knapp 20 Jahren das Bauunternehmen gegründet und aufgebaut. Diskutieren Sie in der Familie am Sonntagnachmittag auch über das Projekt?
Häfele: Berufliches und Privates lässt sich bei uns schwer trennen. Natürlich ist das Projekt auch im Familienkreis Thema. Wir sind sechs Geschwister, unseren Papa beziehen wir ohnehin mit ein, aber die Entscheidungen treffen wir. Auch in unserem Freundeskreis diskutieren wir. Es gibt viele Meinungen zu dem Thema, aber alle empfinden das Projekt als spannend und vielversprechend.
www.hae-bau.de/wi-se-le
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