Die Zahl der vermögenden Privatpersonen (High Net Worth Individuals – HNWI*) ist im Jahr 2022 weltweit um 3,3 Prozent auf 21,7 Millionen gesunken. Der Wert ihres Vermögens ging im gleichen Zeitraum um 3,6 Prozent auf 83 Billionen US-Dollar zurück. Das zeigt der heute veröffentlichte World Wealth Report von Capgemini. Dem Report zufolge ist dies der stärkste Rückgang seit zehn Jahren. Ursache waren die geopolitischen wie auch makroökonomischen Unsicherheiten.
Nordamerika verzeichnete den stärksten Vermögensrückgang (-7,4 Prozent), gefolgt von Europa (-3,2 Prozent) und Asien-Pazifik (-2,7 Prozent). Im Gegensatz dazu zeigten sich Afrika, Lateinamerika sowie der Nahe Osten widerstandsfähig und verzeichneten im Jahr 2022 ein finanzielles Wachstum, das auf starke Entwicklungen im Öl- und Gassektor zurückzuführen ist.
Rückgang in Österreich größer als in Deutschland
In Deutschland sank 2022 das Gesamtvermögen der HNWI um 2,2 Prozent auf 6,142 Billionen US-Dollar. Im Vorjahreszeitraum 2021 war es noch um 7,4 Prozent gestiegen. Bei der Anzahl der HNWI gab es einen Rückgang um 1,3 Prozent (2021: +6,4 Prozent) auf 1.612.100 Dollar-Millionäre. Das sind 20.900 HNWI weniger als im Vorjahreszeitraum (1.633.000).
In Österreich sank 2022 die Anzahl der HNWI um 3,4 Prozent auf knapp 170.000 Dollar-Millionäre. Das sind rund 6.400 HNWI weniger als im Vorjahreszeitraum. 2021 stieg diese Zahl in Österreich noch um 8 Prozent auf rund 176.000 Personen. Das Vermögen dieser Personengruppe betrug im Jahr 2022 in Summe 469 Milliarden US-Dollar. Das entspricht einem Vermögensverlust von 4,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Vermögensverwaltern fehlen Daten
Trotz der wirtschaftlichen Unsicherheit, bei der nur 23 Prozent der HNWI angaben, eine höhere Rendite aus Anlagen nach ESG-Kriterien** erzielt zu haben, bekunden sie weiterhin Interesse an solchen Produkten: 41 Prozent der Befragten sehen Investitionen mit ESG-Bezug als oberste Priorität. 63 Prozent der HNWI gaben an, dass sie ESG-Bewertungen für ihre Anlagen angefordert haben. Allerdings sehen nur rund die Hälfte der Vermögensverwalter (52 Prozent) die Analyse von ESG-Daten und deren Rückverfolgbarkeit (31 Prozent) als oberste Priorität an.
Von den befragten Kundenbetreuern gaben 40 Prozent an, dass sie mehr Daten benötigen, um die ESG-Auswirkungen zu verstehen, und fast jeder zweite gab an, dass sie mehr ESG-Informationen benötigen, um effektiv mit ihren Kunden in Kontakt treten zu können. Dem Bericht zufolge hindert der derzeitige Mangel an digitaler Unterstützung die Kundenbetreuer daran, ihre Kunden zeitnah und wertschöpfend zu beraten – was sich letztlich auch auf ihre Profitabilität auswirkt.
Hervorragendes Kundenerlebnis schaffen
Vermögensverwalter sollten laut "World Wealth Report" ihren Kundenbetreuern einen integrierten "One-Stop-Shop" zur Verfügung stellen und ein hervorragendes Kundenerlebnis schaffen, um so das Ertragswachstum wie auch die Kundenzufriedenheit zu steigern. So liegt die Zukunft beispielsweise in einem digitalen Cockpit für die Berater. Mit diesem lassen sich Produktivität wie auch Kundenbindung verbessern. Auch erhalten die Kundenbetreuer die Möglichkeit, für ihre Kunden die richtigen Experten zum richtigen Zeitpunkt einzusetzen.
"Vermögensverwaltungsunternehmen befinden sich an einem kritischen Wendepunkt: Der Zeitgeist fordert einen Wechsel der Denkweise und der Geschäftsmodelle, um ein nachhaltiges Ertragswachstum zu erzielen. Um relevant zu bleiben, muss die Branche ihren Mehrwert für den Kunden steigern, Kundenbetreuer technisch besser unterstützen und neue Wachstumsmöglichkeiten für sich erschließen", so Klaus-Georg Meyer, Leiter Business and Technology Innovation für Financial Services bei Capgemini in Deutschland. Martina Sennebogen, Vorstandsvorsitzende bei Capgemini in Österreich, ergänzt: "Ihr Erfolg wird davon abhängen, ob sie die Herausforderungen der unzureichenden digitalen Reife in der Vermögensverwaltungsbranche bewältigen können."
Wachstumspotenzial im Bereich des "Affluent"-Segments
Nach Angaben des World Wealth Reports besteht für die Vermögensverwalter ein langfristiges Wachstumspotenzial in der Ausweitung des Pools potenzieller Wealth-Management-Kunden. Das Segment der wohlhabenden Privatkunden (Affluents) mit einem investierbaren Vermögen zwischen 250.000 und einer Million US-Dollar stellt nun eine neue Zielgruppe dar, da diese in Bezug auf Größe und finanzielles Gewicht weiter wächst.
Regional gesehen haben Nordamerika (46 Prozent) und der asiatisch-pazifische Raum (32 Prozent) den größten Anteil an diesen wohlhabenden Kunden, sowohl gemessen am Vermögenswert als auch an der Anzahl. Obwohl sie über ein Vermögen von fast 27 Billionen US-Dollar verfügen (was rund 32 Prozent des Vermögens der HNWI entspricht), befassen sich 24 Prozent der klassischen Vermögensverwalter und 33 Prozent der Universalbanken nicht mit diesem Segment.
Die Affluents sind in den nächsten zwölf Monaten in überwältigender Mehrheit (71 Prozent) daran interessiert, von ihrer Bank eine Vermögensberatung in Anspruch zu nehmen. Eine technologiegestützte Betreuung wäre hier das Mittel der Wahl, um zum einen die Betriebskosten niedrig zu halten und zum anderen die von diesen Personen nachgefragte Expertise zu bieten. Je nach Größe und Umfang der Geschäftstätigkeit, so der "World Wealth Report", können Vermögensverwalter dabei eine von drei Optionen verfolgen, um einen vermögenden Kundenstamm aufzubauen:
- Nutzung der bestehenden Wealth-Management-Strukturen durch eine beschleunigte Digitalisierung
- Entwicklung eines Wealth-as-a-Service (WaaS)-Angebots unter Nutzung von Drittkanälen wie Retailbanken und unabhängigen Beratern.
- Aufbau einer eigenen Plattform für Wealth-Services, ergänzt durch Self-Service-Tools zur Verbesserung des Kundenmanagements.
www.capgemini.com
* High Net Worth Individuals (HNWI) sind definiert als Personen mit einem investierbaren Vermögen von 1 Million US-Dollar oder mehr, mit Ausnahme von Hauptwohnsitz, Sammlerstücken, Verbrauchs- und Gebrauchsgütern.
** Unter ESG versteht man die Berücksichtigung von Kriterien aus den Bereich Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (Governance).
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