Im Jahr 2022 sind rund 3.000 Tonnen Teak-Holz aus Myanmar in die EU gelangt – mehr als im Vorjahr – obwohl die EU im Juni 2021 Sanktionen verhängt hat, die dies verhindern sollten. Das geht aus offiziellen Importstatistiken der EU hervor. Auch deutsche Holzhändler stehen im Verdacht in den vergangenen Jahren Teak aus Myanmar illegal erworben zu haben. Demnach gingen zwischen 2018 und 2020 große Teak-Mengen an drei Händler in Dortmund, Seevetal und Hamburg.
Die Recherchen sind Teil des internationalen Investigativ-Projektes Deforestation Inc. unter Leitung des International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ). In Deutschland waren daran NDR, WDR, Süddeutsche Zeitung und Der Spiegel beteiligt. Ein Sprecher der EU-Kommission erklärte auf Anfrage, der Import von Myanmar-Teak, das nach Inkrafttreten der Sanktionen erworben sei, käme einem Sanktionsbruch gleich. Allerdings bräuchten "die zuständigen (…) Behörden der Mitgliedstaaten (…) die nötige Zeit, die Zusammenarbeit mit den Zollbehörden und den Sanktionsbehörden aufzubauen, um die Sanktionen wirksam durchzusetzen". Teak aus Myanmar wird insbesondere für den Bau von Luxus Yachten benötigt.
Über Polen nach Deutschland
Die Recherchen zeigen, dass 2022 auch 17,5 Tonnen Myanmar-Teak offenbar über Deutschland nach Polen geliefert wurden. Das Holz war für das Holzunternehmen "JAF" mit Hauptsitz in Österreich bestimmt. Die JAF-Gruppe zählt zu den größten Holzhändlern Europas. Eine Sprecherin räumte ein, das Teak sei offenbar nach Verhängung der Sanktionen geschlagen worden. Interne Kontrollmechanismen, die derartige Importe verhindern sollen, hätten versagt. Man versuche, den Vorgang aufzuklären. Die in Deutschland zuständige Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) erklärte, da das Holz nicht für einen deutschen Händler bestimmt gewesen sei, habe man die Behörden in Österreich und Polen informiert.
Die BLE steht seit Jahren in der Kritik. Umweltschutzorganisationen werfen der Behörde vor, den Handel mit Teak-Holz nicht streng genug zu kontrollieren. Dieser ist eigentlich spätestens seit dem Jahr 2018, also lange vor Verhängung der Sanktionen, nicht mehr rechtskonform möglich. Der Grund dafür ist die Europäische Holzhandelsrichtlinie (EUTR). Diese verpflichtet Holzhändler dazu, genau zu dokumentieren, dass das erworbene Holz aus legalen Quellen stammt. Im Falle von Myanmar ist das aber kaum möglich. Im dortigen Teak-Handel ist Korruption an der Tagesordnung. Zudem sind häufig kriminelle Akteure in das Geschäft verwickelt.
BLE tappt im Dunkeln
Vertrauliche Unterlagen, die NDR, WDR und SZ einsehen konnten, zeigen allerdings, dass drei deutsche Firmen anscheinend auch nach 2018 noch tausende Tonnen Teak-Mengen erworben haben – offenbar ohne, dass die BLE davon zunächst etwas mitbekommen hat. Die Daten zeigen, dass die Firmen "Alfred Neumann GmbH" mit Sitz in Seevetal und die Firma "WOB Timber" mit Sitz in Hamburg im Zeitraum von 2018 bis 2020 Myanmar-Teak bezogen haben sollen. Die mutmaßlichen Importe sollen über kroatische bzw. italienische Zwischenhändler erfolgt sein. Eine weitere Firma, die in den Daten auftaucht, ist "Koch Furniere" aus Dortmund. Insgesamt geht es um Importe von mehr als 1.300 Tonnen Teak im Wert von etwa sieben Millionen Euro. Die Fälle beschäftigen derzeit mehrere deutsche Staatsanwaltschaften.
Die Alfred Neumann GmbH wies den Vorwurf unrechtmäßiger Importe zurück und erklärte, seit Juni 2018 gar kein Teak mehr aus Myanmar, sondern nur noch aus anderen Ländern zu beziehen. Auch WOB Timber bestritt unerlaubte Importe und erklärte, die Vorschriften würden in verschiedenen EU-Ländern unterschiedlich gehandhabt. Koch Furniere antwortete nicht auf Fragen der Reporter:innen.
Die zuständige Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) bestätigte den Vorgang und erklärte, sie habe erst Ende 2020 von den mutmaßlichen Importen nach Deutschland erfahren. Unabhängig davon habe sie im Rahmen eines "allgemeinen Verdachts" im Frühjahr 2020 die Europäische Betrugsermittlungsbehörde OLAF um Ermittlungen gebeten. "Im November 2020 stellte OLAF als Ergebnis der Recherche vor, dass es Importe in die EU von den Firmen Neumann, Koch und WOB gibt. Im Frühjahr 2021 begann OLAF mit der Prüfung der Unternehmen Neumann und Koch. Um Ermittlungen gegen WOB wurde das BKA gebeten", so eine BLE-Sprecherin auf Anfrage.
Holzlobby legt sich quer
Ob noch mehr Teak nach Deutschland gelangte, lässt sich kaum sagen. Der Grund ist eine auf Drängen der Holzlobby in die EU-Holzhandelsverordnung geschriebene Regel. Sie erlegt nur demjenigen strenge Pflichten auf, der das Holz als Erster in die EU einführt. Alle nachfolgenden Händler können die Ware in der EU frei handeln. Ob dies aber auch dann gilt, wenn Händler den Kauf des Teaks direkt bei einem Zwischenhändler beauftragen, ist fraglich.
Johannes Zahnen vom WWF kritisiert in diesem Zusammenhang, dass der Handel mit Teak aus Myanmar europaweit nicht entschlossen genug bekämpft werde: "Man nimmt wissentlich in Kauf, dass die Wälder in Myanmar zerstört werden. Man nimmt auch in Kauf, dass die Militärs damit Geld verdienen. Menschenrechtsverletzungen sind damit verbunden. All das nimmt man in Kauf und ignoriert die eigenen Gesetze."
Der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament, Bernd Lange (SPD), forderte die EU-Kommission als Reaktion auf die Recherchen zu deutlicheren Maßnahmen auf: "Ich glaube, hier ist ein größerer wirtschaftlicher Hebel gegenüber Myanmar möglich. Aber dazu ist ein stärkerer politischer Wille notwendig", so Lange gegenüber dem NDR. Der NDR präsentiert die Ergebnisse unter anderem als Folgen des Recherche-Podcasts "Organisiertes Verbrechen" unter dem Titel "Gestohlener Wald".
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