"Noch schlimmere Silvester-Nacht als befürchtet"

Bis zu 9-fach höhere Luftbelastung, millionenfaches Leid bei Menschen und Tieren – Deutsche Umwelthilfe zieht bittere Böller-Bilanz.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) zieht eine bittere Bilanz der Silvesternacht: Die nach zwei Jahren Corona-Pause wieder erlaubte Silvester-Böllerei hat nach Ansicht der Organisation noch dramatischere Folgen gehabt als zuvor bereits befürchtet. Das gilt für die Belastung der Atemluft mit gesundheitsgefährdendem Feinstaub (PM10), die beispielsweise in München um 911 Prozent höher lag als im Vorjahr an Silvester. Ebenso gilt dies für viele, teils sehr schwere Verletzungen und sogar den Todesfall eines 17-jährigen jungen Menschen, den Behörden und Medien im Zusammenhang mit Pyrotechnik melden.

Auch wurden Einsatzkräfte gezielt mit Böllern und Raketen angegriffen, allein in Berlin brannten mehrere hundert Gebäude und Fahrzeuge. Die Belastungen für die Umwelt durch den mit Rückständen verunreinigten Müll sind enorm. Und es war eine Nacht des Schreckens für Millionen Tiere und Menschen, die durch die Knallerei in Panik versetzt wurden.

"Aggressivität in einer noch nie dagewesenen Form"

Die DUH fordert deshalb Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zum sofortigen Handeln auf. Die Regierung müsse angesichts dieser verheerenden Nacht reagieren und den Verkauf und die Benutzung von Pyrotechnik zu Silvester verbieten – so wie es im gesamten Rest des Jahres ohnehin bereits gilt. Unter duh.de/boellerfrei können sich Menschen weiterhin dem Offenen Brief an die Bundesinnenministerin anschließen.

"Unsere Befürchtungen wurden von der Realität noch übertroffen. Meine Gedanken sind bei den tausenden verletzten Menschen und ihren Angehörigen. Und ich bin fassungslos, dass selbst der Tod eines 17-Jährigen nicht zu sofortigen Reaktionen verantwortlicher Bundespolitiker führt. Bundesinnenministerin Faeser hat trotz unserer Warnungen und trotz einer klaren Mehrheit der Menschen für ein absolutes Böllerverbot die schrecklichen Folgen dieser Nacht zu verantworten", zeigt sich DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch erschüttert. "Wir haben eine Aggressivität in einer noch nie dagewesenen Form erlebt. Es ist eine Minderheit, die die Silvesternacht ausnutzt und mit Pyrotechnik die große Mehrheit terrorisiert. Opfer sind häufig auch Einsatzkräfte und vollkommen Unbeteiligte, nicht selten Kinder. Mit aller Macht kämpfen wir für eine schnelle Entscheidung für ein absolutes Böllerverbot. Bundesgesundheitsminister Lauterbach hat bereits klargemacht, dass eine Mehrheit das Böller-Verbot will und er diese Forderung unterstützt. Jetzt müssen aber Worten Taten folgen."

Dramatische Steigerung der Feinstaubbelastung

Die Belastung der Luft in den Städten mit dem Luftschadstoff Feinstaub (PM10) ist dieses Silvester wieder dramatisch gestiegen. Das zeigen die Auswertungen der offiziellen Messstellen. In Berlin (Frankfurter Allee) stieg der maximale Stundenwert um 205 Prozent auf 302 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m³) verglichen mit dem Vorjahr. In Frankfurt (Höchst) betrug der Anstieg 382 Prozent (auf 250,5 µg/m³), in Bremen Dobben 415 Prozent (auf 237 µg/m³).

Spitzenreiter in diesem Jahr ist München (Landshuter Allee), wo der Wert um 911 Prozent nach oben schnellt auf 627 µg/m³. Feinstaub in der Atemluft kann zu schweren gesundheitlichen Folgen, wie Lungen- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen und ist für zehntausende vorzeitige Todesfälle pro Jahr in Deutschland verantwortlich. "Dabei ist sowohl eine langfristige Belastung schädlich als auch die kurzfristige Belastung mit sehr hohen Konzentrationen, wie durch Pyrotechnik", gibt die DUH zu bedenken.

Einsatzkräfte mit Feuerwerkskörpern attackiert

Zu den besonders erschreckenden Ereignissen aus der Nacht, über die Polizei, Feuerwehr und Medien berichten, zählt der Tod eines 17-Jährigen in Leipzig. Auch viele teils schwer Verletzte zeigen die Gefahren auf, die von den mit Schwarzpulver gefüllten Sprengkörpern ausgehen. Medienberichten zufolgen sprechen Augenärzte davon, dass die Hälfte ihrer Patienten Unbeteiligte sind, die gar nicht selbst Pyrotechnik verwendet haben – darunter viele Kinder.

Eine besondere Aggressivität und Brutalität dokumentieren Meldungen der Berliner Behörden. Hier wurden Einsatzkräfte verletzt, als sie offenbar gezielt mit Böllern und Raketen angegriffen wurden. In viele Städten Deutschlands brannten Autos, Balkone und Gebäude.

www.duh.de

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