Twitter-Übernahme: Amnesty International fordert Schutz der User

Erste Promis kehren der Plattform den Rücken, andere warten noch ab.

Tesla-Chef Elon Musk hat Twitter mit dem Versprechen für 44 Milliarden Dollar gekauft, die Zensur auf der Plattform zu verringern. Damit stellt sich die Frage, was dieser Ansatz für den digitalen zentralen Ort der Meinungsäußerung und -bildung bedeutet. Menschenrechtsgruppen haben Bedenken dahingehend geäußert, dass das Fehlen einer Zurückhaltung Hassrede Vorschub leisten könnte. Viele User fragen sich auch, ob viele gesperrte Accounts, allen voran jener von Ex-US-Präsident Donald Trump, wieder aktiv werden.

"Free Speech Absolutist"

Nachdem der Deal bekannt gegeben wurde, haben Menschenrechtsgruppen sich nicht nur über Hassreden auf Twitter besorgt gezeigt, sondern auch über die Macht, die Musk durch den Kauf bekommt. Der Milliardär und Unternehmer beschreibt sich selbst als großer Verfechter der freien Rede und daher als "Free Speech Absolutist". Er hat die Richtlinien zur Moderierung der Inhalte lautstark kritisiert und argumentiert, dass Twitter ein echtes Forum der freien Rede sein muss. Für Musk ist die freie Rede, wie er nach Abschluss des Deals mitgeteilt hat, die Grundlage einer funktionierenden Demokratie.

Amnesty International hat bereits Bedenken auf Twitter geäußert. "Alle Schritte, die Twitter unternehmen könnte, um die Durchsetzung der Richtlinien und Mechanismen auszuhöhlen, die darauf ausgerichtet sind, die User zu schützen, sind ein Anlass zur Besorgnis." Das Letzte, was gebraucht werde, sei ein Mikroblogging-Service, der vorsätzlich gewalttätige und beleidigende Worte gegen Nutzer übersieht. Dabei gehe es vor allem um jene, die überproportional betroffen seien - also vor allem Frauen, nicht-binäre Menschen und andere Minderheiten. Twitter hat bisher nicht auf eine Anfrage der "BBC" zu diesem Thema reagiert.

Trump kommt nicht wieder

Trumps Account wurde 2021 im Umfeld des Sturms auf das Kapitol in Washington auf Dauer gesperrt. Aber auch bei einer Aufhebung der Sperre wolle er nicht zu Twitter zurückkehren. Er bleibe laut Fox News bei seiner eigenen Plattform "Truth Social". Für ihn sei Musk jedoch ein "guter Mann", der die Plattform verbessern werde. Auch Trump hat nicht auf eine Anfrage der BBC zu diesem Thema reagiert. Ming-Chi Kuo von TF International Securities äußert hingegen die Vermutung, dass Trump seine Meinung ändern könnte, wenn er 2024 für die US-Präsidentenwahl antritt.

Musk selbst hofft, dass auch seine größten Kritiker:innen bei Twitter bleiben werden, das sei das, was freie Meinungsäußerung ausmache. Manche User:innen drohen bereits damit, ihre Accounts aufzugeben und wieder andere sind bereits weg.

Einige Promis gehen, andere wollen kämpfen

Die britische Schauspielerin Jameela Jamil erwartet, dass Twitter zu einem noch gesetzloseren, hasserfüllteren, fremdenfeindlicheren, bigotteren und frauenfeinlicheren Ort wird. Ihren Followern, rund eine Million User:innen, hat Jamil erklärt, dass das ihr letzter Tweet gewesen sei. Auch der amerikanische Autor und Black-Lives-Matter-Aktivist Shaun King hat am Montag kurz nach Bekanntwerden der Übernahme durch Musk sein seinen Account deaktiviert. Wrestling-Legende Mick Foley denkt zumindest laut darüber nach, der Plattform ebenfalls den Rücken zu kehren: "Ich habe kein gutes Gefühl beim Gedanken daran, wohin sich die Plattform entwickeln wird." Podcasterin Amy Siskind ist sich über ihren Verbleib auf Twitter noch nicht sicher, da sie Musk "absolut furchtbar" finde.

"Star Trek"-Star George Takei will hingegen bleiben. "Ich gehe nirgendwo hin", twitterte er. "Wenn diese Plattform toxischer wird, dann plädiere ich dafür, die Fahne der Vernunft, der Wissenschaft, des Mitgefühls und der Rechtsstaatlichkeit noch höher zu halten. Der Kampf gegen Faschismus, Falschinformationen und Hass benötigt harte Kämpfer. Ich hoffe ihr bleibt und kämpft an meiner Seite." Auch die Forscherin Caroline Orr Bueno von der University of Maryland mit ihren mehr als 450.000 Follower:innen will bei Twitter bleiben. Es sei klar, dass wenn alle anständigen Menschen gehen, es viel rascher schlimm werde.

MSNBC-Moderatorin Joy-Ann Reid setzt hingegen auf Sarksmus. Als Antwort auf Musks Tweet, dass er auch möchte, dass seine größten Kritiker:innen auf Twitter bleiben, schrieb sie: "Übersetzung: Wenn seine größten Kritiker gehen, dann wird Twitter genauso wertlos wie Gab, Gettr (LOL) und Truth Social sein. Er will, dass ihr alle hier bleibt, damit seine 'Freie Meinungsäußerung'-Leute euch aus Spaß schikanieren können."

Ihren Tweet schloss sie mit dem Hinweis "Denn der Typ glaubt nicht immer an die freie Meinungsäußerung …", um dann auf einen Insider-Artikel vom 27. März zu verweisen, in dem dargelegt wird, wie Musk gegen Kritiker:innen vorgeht. So hat der Milliardär beispielsweise einen Journalisten, der sich kritisch zu einem Tesla-Launch-Event geäußert hatte, persönlich angerufen, um ihm zu sagen, dass seine Vorbestellungen eines Teslas gecancelt worden sei. (pte/as)

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