Die EU will der erste klimaneutrale Kontinent werden. Das Ziel: Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2050. Fünf Jahre früher will es die Bundesregierung schaffen. Und die Bundesliga? Welches Klimaneutralitätsziel verfolgen die einzelnen Klubs? Dazu hat die Non-Profit-Organisation Myclimate die Vereine befragt. Das Ergebnis: Die meisten Bundesligisten haben sich aktuell noch kein solches Ziel gesetzt. Warum das so ist, erfahren Sie in diesem Beitrag. Eine Momentaufnahme.
Mainz, Hoffenheim, Wolfsburg und Köln als Vorreiter
Über 60 Prozent der Klubs aus der Bundesligasaison 2021/2022 haben sich noch kein Klimaneutralitätsziel mit konkretem Jahresbezug gesetzt. Im Einzelnen haben der 1. FSV Mainz 05, TSG 1899 Hoffenheim, VFL Wolfsburg und der 1. FC Köln den Status Klimaneutralität nach eigenen Aussagen bereits erreicht.
"Auch wenn jeder der vier Klubs ganz eigene Herausforderungen in diesem Kontext zu bewältigen hat, zeigt es doch, dass es zum jetzigen Zeitpunkt bereits möglich ist – auch für Bundesligaklubs", so Myclimate-Deutschland-Geschäftsführer Stefan Baumeister. Auch Arminia Bielefeld gibt an, noch dieses Jahr treibhausgasneutral werden zu wollen. Darüber hinaus hat sich bislang nur noch Hertha BSC ein Klimaneutralitätsziel gesetzt, das für das Jahr 2050 anvisiert ist.
Der Großteil hält sich noch alles offen
Die verbleibenden zwölf der insgesamt 18 Klubs halten sich diesbezüglich noch alles offen, haben sich also noch nicht auf ein konkretes Jahr festgelegt. Warum das so ist, begründen sie ganz unterschiedlich. So hat der FC Augsburg beispielsweise erst kürzlich seine Nachhaltigkeitsstrategie vorgestellt und darin bekräftigt, den eigenen Betrieb noch wesentlich nachhaltiger gestalten zu wollen. Die Ermittlung eines CO2-Fußabdrucks sowie eine konkrete Zielformulierung bezüglich Klimaneutralität sei aktuell in Arbeit.
Union Berlin erklärt, dass der satzungsgemäße Vereinszweck die Förderung des Fußballsports sei. Dem will man auf möglichst nachhaltige und ressourcenschonende Weise nachgehen, hat sich dafür aber kein "singuläres Klimaschutzziel" gesetzt. In Bochum hat der VFL aktuell mit der Hochschule vor Ort das Vorhaben einer Ökobilanzierung gestartet. Auf Basis der daraus resultierenden Informationen planen die Entscheider, schrittweise den weiteren Weg zu schärfen.
Auch für Borussia Dortmund ist die Formulierung eines Klimaneutralitätsziels zum jetzigen Zeitpunkt nach eigenen Angaben noch nicht möglich. Jedoch arbeite man aktuell an einem energetischen Modernisierungskonzept, das durch unterschiedliche Maßnahmen und Meilensteine gestützt sein wird und den Weg zur Klimaneutralität bereiten soll. Eintracht Frankfurt beabsichtigt zum "schnellstmöglichen Zeitpunkt Klimaneutralität" und geht davon aus, das Klimaziel der Bundesregierung (2045) zu unterbieten.
Konkrete Ziele und vage Angaben
Der SC Freiburg ist im Oktober 2021 in seine neue Spielstätte eingezogen und befindet sich "in Sachen infrastrukturelle Klimaneutralität auf Kurs". So starte im Sommer beispielsweise die Installation der Fotovoltaikanlage auf dem Dach des neuen Stadions. Zudem gäbe es weitere Nachhaltigkeitsprojekte, die aktuell in Arbeit sind wie die Lieferung von Fernwärme beispielsweise. Für die Formulierung eines konkreten Klimaneutralitätsziels gäbe es zum jetzigen Zeitpunkt jedoch noch keine validen Daten.
In Fürth ist man sich seiner "gesellschaftlichen Verantwortung absolut bewusst". Die hiesige Spielvereinigung hat zwar ebenfalls noch kein Jahr als Ziel festgelegt, erklärt jedoch, dass man mit großem Engagement und Schritt für Schritt den eigenen ökologischen Fußabdruck verbessern wird. Sie unterstreicht dies beispielhaft mit der bereits langjährigen Nutzung von Ökostrom und einer aktuell verstärkten Ausrichtung auf E-Mobilität.
Bayer 04 Leverkusen beschäftigt sich nach eigenen Angaben zwar mit dem Thema CO2-Neutralität, lässt die Frage nach einem konkreten Klimaneutralitätsziel jedoch ungeklärt und informiert: Sie verfolgen "eine ganze Reihe ökologischer Maßnahmen und Projekte wie z. B. die Einrichtung und Nutzung von Fotovoltaikanlagen, Perlatoren, Brunnen zur Wasserreduktion oder 100 Prozent Ökostrom im Stadion".
Ambitionierter als die Bundesregierung
RB Leipzig hat vor wenigen Wochen seine Nachhaltigkeitsstrategie veröffentlicht. Darin erklärt der Rasenballsport-Verein aus Sachsen, dass er aktuell dabei ist, seinen eigenen CO2-Fußabdruck zu ermitteln. Anschließend soll eine schrittweise Emissionsreduktion erfolgen. Wie ambitioniert der Reduktionspfad wird und bis zu welchem Jahr Netto-Null-Emissionen erreicht werden sollen, stehe aktuell noch nicht fest.
Borussia Mönchengladbach stellt in Aussicht, dass das Klimaneutralitätsziel des Klubs "deutlich ambitionierter als das der Bundesregierung (2045) sein wird." Ein fixes Datum für die rechnerische Treibhausgasneutralität wurde bislang jedoch noch nicht festgelegt. Zurzeit arbeite man daran, seine Emissionen systematisch zu erfassen und Reduktionspotenziale zu ermitteln. Unter anderem auf dieser Basis wollen die Verantwortlichen dann einen Zeitrahmen für die Zielerreichung skizzieren.
© Myclimate
Der FC Bayern München verfolgt die Vision einer klimaneutralen Allianz Arena – und das bis zum Jahr 2030. Bis wann der gesamte Klub dieses Ziel jedoch erreichen will, ist bislang noch offen. Im Herbst 2019 hat der Vereinsvorstand unter anderem die ökologische Nachhaltigkeit zu einem zentralen Unternehmensziel erklärt.
Der ebenfalls im Süden Deutschlands beheimatete Klub VfB Stuttgart ist "im Rahmen seines ganzheitlichen Nachhaltigkeitsengagements gerade dabei, seinen ersten Corporate Carbon Footprint zu berechnen". Unter anderem auf Basis dieser Ergebnisse sollen in der Folge weitere Klima- und Umweltschutzziele festgelegt sowie entsprechende Maßnahmen angegangen werden.
Nachhaltigkeit als Lizenzierungskriterium
"Die Mehrheit der Klubs verfolgt bereits konkrete Schritte, um die Thematik Klimaneutralität künftig strategisch und planvoll umsetzen zu können", schlussfolgert Baumeister aus den Antworten der Klubs. Den konkreten Fahrplan und die Zielmarke Klimaneutralität gilt es für die allermeisten Klubs in der nächsten Zeit jedoch noch auszuarbeiten und vorzustellen. Eine CO2-Bilanz stellt in diesem Zusammenhang die Grundlage für die Zielsetzung und alle damit verbundenen Emissionsreduktionsmaßnahmen dar.
"Aktuell sind die Bundesligavereine noch nicht dazu verpflichtet, eine solche CO2-Bilanz durchführen zu müssen. Es ist aber denkbar, dass sich dies sehr bald ändern könnte, vermutet Baumeister. Erst vor wenigen Monaten hat der Verband der Deutschen Fußballliga (DFL) beschlossen, dass Nachhaltigkeit ab der Saison 2023/2024 ein Lizenzierungskriterium für die Bundesliga und 2. Bundesliga wird. Welche Kriterien es dann im Einzelnen für die Klubs zu erfüllen gilt und ob eine CO2-Bilanz sowie ein konkretes Klimaneutralitätsziel darunterfallen, ist zum aktuellen Zeitpunkt jedoch noch nicht beschlossen. Sicher ist jedoch, dass jeder Klub bis spätestens 2050 bilanziell klimaneutral sein muss, damit das globale Klimaziel erreicht werden kann. (as)
www.myclimate.org
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