Kommt jetzt die Wirtschaftswende?
Deutschland nach der Bundestagswahl: DAX im Plus, Reformdruck steigt – Wirtschaft fordert schnellen Kurswechsel

| Redaktion 
| 24.02.2025

Nach der Bundestagswahl zeichnen sich für die Wirtschaft sowohl erste Erleichterung als auch berechtigte Skepsis ab. Inmitten zweier Jahre rückläufigen Wachstums und steigender Arbeitslosenzahlen zeigt sich, dass der Markt in Erwartung einer zügigen Regierungsbildung bereits erste Impulse setzt.

Anleger und Wirtschaftsexperten blicken gespannt auf eine mögliche Koalition zwischen Union und SPD – ein Bündnis, das laut historischer Analysen für stabile Kursgewinne am DAX sorgen könnte.

Erste Marktreaktionen und Impulse

Bereits in der Eröffnungsphase des Handelstages reagierte der deutsche Leitindex DAX positiv und legte um 0,8 Prozent auf knapp unter 22.500 Punkte zu. Besonders Rüstungswerte profitierten von der Aussicht auf höhere Verteidigungsausgaben unter einer unionsgeführten Regierung. Eine Analyse des Family Office HQ Trust erinnert daran, dass der DAX in Zeiten großer Koalitionen aus Union und SPD tendenziell besser performte als die Weltmärkte – ein Zeichen, das Investoren beruhigt.

Wirtschaftsverbände und Branchenvertreter sind sich einig: Die Zeit drängt.

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger fordert "Mut und Kompromissbereitschaft" von allen Seiten, während Peter Leibinger, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, den drängenden Handlungsstau bei Themen wie Bürokratieabbau, staatlichen Investitionen und Energieversorgung kritisiert. Auch die Gewerkschaften, vertreten durch Yasmin Fahimi vom Deutschen Gewerkschaftsbund, fordern eine "Investitionsoffensive" und eine Reform der Schuldenbremse – unabdingbare Schritte, um den dringend benötigten Aufschwung zu erzielen.

Auf den Punkt gebracht heißt es: Eine handlungsfähige Bundesregierung muss so rasch wie möglich die Weichen stellen, um den Standort Deutschland vor dem weiteren wirtschaftlichen Abstieg zu bewahren.

CDU-Chef Friedrich Merz machte deutlich, dass man den Regierungsauftrag als gegeben ansieht und er spätestens bis Ostern eine handlungsfähige Regierung bilden will – um so den notwendigen Kurswechsel einzuleiten.

Koalitionskonzept: Gemeinsam statt gegeneinander

Im Wahlkampf prägten unterschiedliche wirtschaftspolitische Ansätze das Bild der Konkurrenten. Während die Union mit einer Senkung der Unternehmenssteuern lockte, versprach die SPD einen "Made in Germany"-Bonus, der gezielt Investitionen in Deutschland stimulieren soll. Die Gemeinsamkeit: Beide Konzepte setzen auf staatliche Impulse, um Unternehmen zu Investitionen zu ermutigen. Experten sehen hier gute Chancen, einen Kompromiss zu erzielen – vorausgesetzt, die Koalitionsverhandlungen verlaufen zügig und konstruktiv.

Die Herausforderung bleibt jedoch: Wie sollen notwendige Investitionen, etwa in Infrastruktur und Verteidigung, finanziert werden? Friedrich Merz hat bereits angekündigt, vor dem ersten Zusammentritt des neuen Bundestags Gespräche mit SPD, Grünen und FDP über alternative Finanzierungswege – jenseits der Schuldenbremse – aufzunehmen. Damit soll auch dem drohenden Zwang zur Reform der Schuldenbremse begegnet werden, die angesichts der bevorstehenden Mehrheiten im Bundestag alles andere als einfach umzusetzen ist.

Wirtschaftsklima im Umbruch

Der Ifo-Geschäftsklima-Index, ein zentraler Indikator für die konjunkturelle Stimmung, liegt aktuell bei 85,2 Punkten – ein deutliches Signal für die angespannte Lage. Wenn Werte unter 100 sprechen, so herrscht in der deutschen Wirtschaft ein deutlicher Aufschub an Zuversicht. Branchenvertreter wie Michael Hüther vom Institut der Deutschen Wirtschaft appellieren daher an alle Parteien: "Schnell Stabilität schaffen, lautet das Gebot der Stunde"

Wirtschaftsvertreter sehen den Wahlabend als Weckruf. Marie-Christine Ostermann, Präsidentin des Verbands „Die Familienunternehmer“, formulierte es gegenüber Reuters unverblümt: "Unser Land verkraftet keine weitere Legislaturperiode ohne echte Wirtschaftsreformen."

Auch Marija Kolak, Präsidentin des Bundesverbands der Volks- und Raiffeisenbanken, fordert einen gemeinsamen Neustart – weg von langwierigen Verhandlungen und hin zu entschlossenen Reformzielen in den Bereichen Wohnungsbau, Altersvorsorge, Bürokratieabbau und Mittelstandsunterstützung.

Blick in die Zukunft

Die künftige Bundesregierung steht vor einem Mammutpaket: Neben der Bewältigung der aktuellen Wirtschaftskrise gilt es, den Strukturwandel zu meistern – von der grünen Transformation über die Modernisierung der Energieversorgung bis hin zur Sicherstellung der Verteidigungsfähigkeit in einem sich wandelnden globalen Umfeld. Es bleibt abzuwarten, ob die kommenden Koalitionsverhandlungen diesen hohen Erwartungen gerecht werden können. Eines steht fest: Deutschland braucht jetzt schnelle Entscheidungen, damit der Wachstumsstau endlich gelöst und der dringend benötigte wirtschaftliche Aufschwung eingeleitet wird.

 

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