Die Ex-Stuntfrau und Top-Keynote-Speakerin im Interview
Miriam Höller: "Ohne Risiko gibt es keinen Wachstumsprozess"

| Dagmar Zimmermann 
| 24.02.2025

Wenn Miriam Höller auf der Bühne spricht, berichtet sie von ihren eigenen Erfahrungen. Von ihrem Leben als Stuntfrau – und davon, wie sie beide Füße brach und wenig später ihr Partner, der österreichische Kunstflugpilot und Red-Bull-Air-Race-Weltmeister Hannes Arch, starb. Auch in den Wirtschaftskreisen ist Miriam Höller als Speakerin gefragt – weil sie über Mut, Krisen und Resilienz spricht. Vor Kurzem erschien ihr Buch "Das Leben ist ungerecht: Und das ist gut so", das zum Spiegel-Bestseller wurde.

LEADERSNET: Leben bedeutet Risiko, sagen Sie. Wie kann man Risiken abwägen?

Miriam Höller: Risiken zu kalkulieren bedeutet, mögliche Gefahren oder Nachteile einer Entscheidung systematisch zu analysieren und mit den potenziellen Vorteilen abzuwägen. Das Leben selbst lässt sich aber kaum kalkulieren. Es ist unvorhersehbar. Leben bedeutet Veränderung zu jeder Zeit. Das macht es so spannend, aber auch oft schmerzhaft. Wir sollten also lernen, flexibel mit Veränderungen umzugehen und somit optimal mit dem Leben zu gehen.

LEADERSNET: Wie kann man Risiken eingehen und Motivation finden, vor allem in wirtschaftlich schwierigen Zeiten?

Miriam Höller: Ohne Risiko gibt es keinen Wachstumsprozess – das wird immer so sein. Wir müssen bestimmte Risiken eingehen, um weiterzukommen. Natürlich gibt es unbedachte Handlungen, die keinen Sinn machen. Doch in den meisten Fällen stehe ich auf der Seite, mutige Entscheidungen zu treffen. Denn auch das Scheitern nach mutigen Entscheidungen gehört zum Wachstumsprozess – ich erhalte neue Informationen und kann es beim nächsten Versuch besser machen.

LEADERSNET: Gelingt es Ihnen als Ex-Stuntfrau, Risiken besser abzuschätzen?

Miriam Höller: Man muss keine Stuntfrau sein, um Risiken besser abzuschätzen. In meinem Job war es meine Aufgabe, gefährliche Situationen zu kontrollieren. Doch das hat nichts mit den Herausforderungen des Lebens zu tun. Manche Dinge kann ich übertragen – zum Beispiel die Erkenntnis, dass mutige Entscheidungen uns weiterbringen. Doch das Leben hat seine eigenen Spielregeln, und auch als Stuntfrau bin ich letztendlich nur ein ganz normaler Mensch.

LEADERSNET: Kann man Mut lernen?

Miriam Höller: Auf jeden Fall kann man Mut lernen – und man sollte es auch. Denn am Ende unseres Lebens werden wir vor allem an die Schlüsselmomente zurückdenken, in denen wir vielleicht nicht mutig waren, und uns fragen: Was hätte ich werden können? Wie hätte mein Leben aussehen können? Was hätte ich erreichen und bewegen können?
Mutige Entscheidungen sind wichtig, um später nicht sagen zu müssen: "Ach, hätte ich doch …". Deshalb sollten wir mutige Entscheidungen im Alltag trainieren – indem wir kleine Dinge tun, die uns Angst machen, und sie trotzdem angehen.

LEADERSNET: Glückwunsch auch zu Ihrem neuen Buch "Das Leben ist ungerecht: Und das ist gut so". Wie kam es denn dazu?

Miriam Höller: Das Buch ist in den letzten acht Jahren entstanden. Ich habe viel geschrieben, um meine Gedanken zu sortieren und einen Platz für meinen Schmerz und meine Lösungen zu finden. Aus diesen vielen Schriftstücken ist schließlich mein Buch geworden. Denn mit diesem Buch, das ich für jeden geschrieben habe, der gerade mit Herausforderungen zu kämpfen hat, möchte ich den Menschen Halt und Orientierung geben und ihnen meinen erlebten Prozess der Heilung zeigen.

LEADERSNET: Wie gehen Sie mit Herausforderungen um?

Miriam Höller: Ich gehe Herausforderungen immer mit viel Neugier und vor allem mit dem Willen an, an ihnen zu wachsen. Herausforderungen machen mir keine Angst – ich sehe sie mit Freude. Sie sind eine wunderbare Möglichkeit, sich selbst besser kennenzulernen. Natürlich sind Herausforderungen oft mit Schmerz und Anstrengung verbunden, doch genau in diesen Momenten gewinnen wir wertvolle Erkenntnisse.

LEADERSNET: Bauen Sie Ihr Business strategisch auf – oder lassen Sie sich auch hier vom Leben leiten?

Miriam Höller: In den seltensten Fällen bin ich eine Strategin, sondern vielmehr ein Mensch, der mit offenen Augen durchs Leben geht und Entscheidungen aus dem Bauch heraus trifft – jemand, der auf die Intuition hört. Du kannst dein Business noch so strategisch planen und deine nächsten Schritte genau durchdenken, aber wenn deine Dienstleistung in der Gesellschaft gerade nicht gefragt ist, wirst du scheitern. Deshalb beobachte ich die Welt, wie sie ist, und biete Lösungen für das an, was gerade gebraucht wird.

LEADERSNET: Welche Rolle spielt Teamarbeit für Sie?

Miriam Höller: Teamwork ist absolut wichtig – das habe ich in meiner Stunt-Arbeit gelernt. Ich kann nicht von Kopf bis Fuß brennen und niemanden haben, der mich löscht. Das gilt bis heute. Ich brauche Menschen um mich herum, um Großes zu bewegen – Menschen, auf die ich mich verlassen kann. Es ist nicht leicht, ein kraftvolles Team aufzubauen. Doch wenn man es geschafft hat, macht es umso mehr Freude, die Erfolge gemeinsam zu feiern.

LEADERSNET: Was macht für Sie gute Führung aus?

Miriam Höller: Klar definierte Ziele, ein vertrauensvolles Miteinander und gute Kommunikation.

LEADERSNET: Resilienz – warum gibt es Menschen, die viel davon mitbringen? Und andere Menschen, die sich damit so schwertun?

Miriam Höller: Manche Menschen konnten sich Resilienz schon früh von ihrem Umfeld abschauen, andere nicht. Es geht jedoch nicht darum, sich darüber zu ärgern, wenn man das in der Vergangenheit nicht konnte, weil man keine guten Vorbilder hatte. Es geht immer um das Jetzt. Eine Verantwortung, die bei jedem von uns liegt, ist es, sich eine gute Resilienz aufzubauen. Das geht über das Umfeld hinaus, aber auch über Wissen und Training.

LEADERSNET: Wie strukturieren Sie sich selbst?

Miriam Höller: Auch hier bin ich flexibel. Es gibt Tage, an denen ich sehr kraftvoll bin, und Tage, an denen ich erschöpft bin. Ich achte auf mich, meine Energie und teile meinen Tag individuell nach meinem Energielevel ein. Das ist in meinem Berufsleben möglich, da ich selbstständig bin und kein Tag dem anderen gleicht. Jeder sollte für sich eine Strategie finden, um seinen Alltag zu strukturieren. Wichtig ist zu wissen, dass alles bei uns beginnt und wir nur etwas bewegen und umsetzen können, wenn wir selbst kraftvoll sind. Das bedeutet, auf unsere Energie zu achten.

LEADERSNET: Trennen Sie Work und Life?

Miriam Höller: Nein, ich trenne nicht Arbeit und Privatleben. Ich bin in einem Unternehmerhaushalt aufgewachsen und kenne es, dass beim Abendessen über Kunden und Projekte gesprochen wird. So handhabe ich es auch mit meinem Lebenspartner, meinen Eltern und Freunden. Mein berufliches Leben bedeutet mir so viel, dass es kein Beruf, sondern eine Berufung ist, und somit immer Teil meines Alltags. Mein Job beflügelt mich, weil er meine Leidenschaft ist. Somit ist alles miteinander verwoben – alles im positiven Sinn.

LEADERSNET: Sie treten als Speakerin auf. Spüren Sie Lampenfieber?

Miriam Höller: Natürlich bin ich vor jedem Auftritt aufgeregt. Es ist mein Anspruch, meine bestmögliche Leistung dem Publikum zu bieten. Jeder Mensch, der dort sitzt, schenkt mir seine Zeit, und ich möchte ihm daher meine wertvollsten, klarsten und kraftvollsten Impulse mitgeben. Es ist ein Geschenk, jemand zu sein, dem man zuhört. Somit liegt viel Fokus und auch Druck auf mir, doch auch den liebe ich und ich brauche ihn, um gut performen zu können. Mein Lampenfieber nehme ich vor dem Auftritt als Kribbeln der Dankbarkeit und als Privileg wahr. Also atme ich vorher tief und spreche dann aus voller Überzeugung, weil ich weiß, was Begegnungen und Worte bewegen können.

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