Die Urlaubssaison auf Mallorca gerät allmählich in Gang, sodass sich in den nächsten Monaten mehrere Millionen Touristen an die berühmt-berüchtigte Playa de Palma begeben werden. Neben der Strandkulisse lockt viele Besucher das Unterhaltungsprogramm vor Ort an, das in Locations wie dem Mega Park oder dem Bierkönig schon in den Mittagsstunden auf antreibende Musik setzt. Sportmannschaften, Junggesellenabschiede, Partygruppen und viele weitere Erlebnislustige versüßen sich das losgelöste Treiben traditionell mit Bier und anderen alkoholischen Mixgetränken, die längst nicht nur innerhalb der Clubs, Bars und Restaurants verköstigt werden.
In den frühen Morgenstunden bietet sich Joggern und Spaziergängern schließlich ein Bild, um dessen Beseitigung man die örtlichen Reinigungskräfte keinesfalls beneidet: Zahllose Dosen und Flaschen säumen die kilometerlange Promenade, während sich Vögel an den verstreuten Verpackungsresten der ansässigen Fast-Food-Restaurants zu schaffen machen – oder kurzerhand an einer der Pfützen von Erbrochenem, die häufig vor der als Sitzgelegenheit genutzten Mauer zum Strand selbst zu finden sind.
Unliebsames Ballermann-Image ist geblieben
Seit Jahren bemüht sich die balearische Regierung um eine Regulierung der Zustände vor Ort, da sich viele Einheimische von ungehemmt auftretenden Urlaubern zunehmend überrannt und belästigt fühlen. An der Playa de Palma, die sich neben der namensgebenden Hauptstadtregion auch auf die Gemeinde Llucmajor (speziell S’Arenal) erstreckt, sind vor allem an Deutsche und Niederländer gerichtete Anlaufstellen beheimatet.
Daneben haben die Strandlokale den hierzulande besonders geläufigen Namen der Playa geprägt: Während es sich heutzutage schlicht um durchnummerierte "Beach Clubs“ handelt, sind die einstigen "Balnearios“ im deutschen Volksmund zum sagenumwitterten "Ballermann“ geworden.
Schon 2020 erließ die damalige Regierung ein Dekret, das den sogenannten Exzesstourismus einschränken sollte. Seitdem ist es Ladenlokalen in einer festgelegten Zone vor Ort beispielsweise untersagt, alkoholische Getränke zu bewerben oder im Schaufenster auszustellen. Darüber hinaus bedingt der Verkauf von Alkohol automatisch eine Schließungszeit zwischen 21:30 Uhr und 8 Uhr, um den nächtlichen Nachschub für besonders Durstige zu erschweren.
1500 Euro Strafe, 16 Millionen Euro Unterstützung
Die Regeln waren seinerzeit eine Reaktion auf die Unzufriedenheiten, die auch heute in weitgehend unveränderter Form für anhaltende Verstimmung unter Inselanwohnern sorgen. Deshalb haben die als konservativ eingestuften Entscheidungsträger um Ministerpräsidentin Marga Prohens, seit letztem Juli im Amt, die bislang – und auch weiterhin – geltenden Benimmregeln für besonders belastete Bereiche erweitert. Nach einem entsprechenden Beschluss am vergangenen Freitag sind diese laut Mallorca Zeitung bereits am Sonntag in Kraft getreten.
Unter dem offiziellen Titel "Dekret für einen verantwortlichen Tourismus und zur Verbesserung der Qualität der Tourismuszonen" wird demnach unter anderem festgelegt, dass der Konsum von alkoholischen Getränken auf offener Straße ab sofort komplett untersagt ist. "Ausgenommen hiervon sind Bereiche oder Zonen, die laut Gesetz für Beherbergungs-, Gaststätten- oder Freizeitbetriebe zugelassen sind, oder wenn Patronatsfeste oder ähnliche durch die entsprechende Gemeindeverordnung geregelte Veranstaltungen abgehalten werden", heißt es weiter. Zuwiderhandlung kann eine Geldstrafe von bis zu 1500 Euro zur Folge haben.
Die verschärften Regeln gelten neben der Playa de Palma und Arenal auch für das vor allem unter englischen Urlaubern beliebte Magaluf sowie Sant Antoni de Portmany auf Ibiza. In diesen Bereichen sind Hoteliers und Gastronomen fortan aufgefordert, ihre Gäste klar auf die Gesetzeslage und mögliche Strafen hinzuweisen. Zur erfolgreichen Umsetzung aller neuen Regeln soll den Betrieben vor Ort ein 16 Millionen Euro schwerer Topf zugutekommen, der sich aus Einnahmen aus der Touristensteuer speist.
"Alles vollgekotzt, alles vollgekackt – wie immer"
Wie die Mallorca Zeitung berichtet, haben sich Hoteliers, Gastronomen, Nachtclubbetreiber und Einzelhändler in einer gemeinsame Pressemitteilung ihrer jeweiligen Verbände zufrieden mit den Änderungen – und den in Aussicht gestellten Zuwendungen – gezeigt. Sie versprechen sich dadurch eine erhöhte Sicherheit für Einheimische wie auch Urlauber.
Beatrice Ciccardini, ihres Zeichens erfahrene Gastronomien und derzeit im Lokal Zur Krone zuständig, gibt sich dagegen kaum Illusionen hin: "Die Hütchenspieler sind wieder hier, die Masseurinnen, die Klauhuren. Es ist schon wieder alles schmutzig, alles vollgekotzt, alles vollgekackt – wie immer", wird sie unverblümt zitiert. Ihr zufolge würde die Lage immer schlimmer werden, doch gleichzeitig sieht sie Schwierigkeiten bei der praktischen Unterbindung: "Wie wollen sie das denn erreichen? Dann müssten sie ja alle verhaften. Es gibt ja keinen, der nicht trinkt auf der Straße oder am Strand."
Genau wie Ciccardini bemängelt auch Gerlinde Weininger vom Münchner Kindl, dass zur Durchsetzung der Regeln zu wenig Polizisten vertreten sind. Weininger erinnert daran, dass diese auch mit Diebstählen und Raubüberfällen beschäftigt sind. Grundsätzlich stört sie sich nicht am Alkoholkonsum am Strand, relativiert aber: "Kritisch wird es nur, wenn der verursachte Müll nicht weggeräumt wird oder Glasscherben sich in den Sand mischen. "
An anderer Stelle führt die Mallorca Zeitung an, dass ausländische Urlauber im vergangenen Jahr etwa 17,7 Milliarden Euro auf Mallorca ausgegeben haben. Bewusste Exzesstouristen könnten auf weniger streng regulierte Alternativziele ausweichen - man wird also auch in Regierungskreisen gespannt erwarten, in welche Richtung sich diese Zahl vor dem Hintergrund des aktuellen Dekrets bewegt.
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