Gefunden-Werden ist die Kunst

Wie Sie Beirat oder Aufsichtsrat werden: Gastkommentar von Rudolf X. Ruter, Experte für Corporate Governance und Nachhaltigkeit, Buchautor und Mitglied in diversen Aufsichtsgremien.

Viele wünschen sich eine Berufung in ein Aufsichtsgremium am Ende ihrer Karriere. In ein Aufsichtsgremium wird Frau oder Mann aber nur bei ausreichend fachlicher und persönlicher Qualifikation berufen wie in unserer Kolumne "Der Ruf wird lauter" dargestellt. Losgelöst von allen eigenen fachlichen Qualifikations- und Kompetenz-voraussetzungsfragen, muss sich jeder potenzielle Kandidat auch "die" zentrale Frage stellen: "Wie muss ich in Erscheinung treten?"

Das "Warum" haben wir in der Kolumne "Bin ich noch zu Höchstleistungen fähig?" und ein mögliches "Wo" in unserer Kolumne "Der Weg zum Gipfel erfordert gute Kondition und Ausrüstung" hinterfragt. Das "Wann" haben in unserer Kolumne "Ohne realistische Selbsteinschätzung geht gar nichts" und das "Was" haben wir in der Kolumne "Was habe ich als Beirat oder Aufsichtsrat Besonderes zu bieten" beantwortet. In der letzten Kolumne haben wir darauf hingewiesen "Bleiben Sie bescheiden und geduldig".

Wer wird mich bei meinem Anliegen unterstützen?

Wenn nun alle vorangegangen Fragen positiv beantwortet wurden und persönliche Kompetenzen ausreichend vorhanden sind, muss der Mandatssuchende die Anzahl der Gelegenheiten erhöhen, wo er berufen werden könnte. Dazu braucht es ein funktionsfähiges Netzwerk mit ausreichenden Kontakten in die Welt der Aufsichtsgremien.

Wer würde mich unterstützen oder tragen sich meine Kontakte und Bekannten mit den gleichen Gedanken? Sind meine Freunde vielleicht Wettbewerber oder eignet sich jemand sogar als Mentor in dieser Angelegenheit – ein vertrauenswürdiger und kompetenter Mentor, der bereits mit der Beiratslandschaft gut vertraut und in dieser anerkannt ist. Einige der in der letzten Zeit gegründeten Frauennetzwerke betreiben bereits erfolgreiche Mentoren-Programme für Mandatssuchende.

Die richtigen Netzwerke "finden" und "bespielen"

Die Erfahrung zeigt, dass ein großer Teil der deutschen Führungskräfte kein berufliches Netzwerk in der Aufsichtsrats- und Beiratslandschaft besitzt. Der Kandidat sollte also eruieren: Welche Netzwerke sind interessant? Wo muss ich mich frühzeitig positionieren und aktiv einbringen? Formelle und informelle Netzwerke gibt es zahlreich in allen Bereichen des Lebens und der Wirtschaft. Im Bereich der vermeintlichen Wirtschaftselite sind es eher informelle Zirkel, die meist im geheimen ihre Beziehungen und Verknüpfungen leben. Welche Netzwerke kenne ich bereits? Wie vertraut ist mir die deutsche Beirats- und Aufsichtsratslandschaft? In welchem Netzwerk bin ich heute schon ein aktiver Netzwerker? Welche Netzwerke gibt es, in die ich aufgenommen werden sollte?

Der Kandidat muss beim Auf- und Ausbau auf ein zielgerichtetes Netzwerk für seine "Vision Beirat oder Aufsichtsrat" aktiv hinarbeiten. Da die Berufung als Mitglied eines Aufsichtsgremium in der Regel auf einem vorhandenen Vertrauensverhältnis beruht, kennt der Kandidat im Idealfall bereits das infrage kommende Unternehmen und den aktuellen Vorsitzenden. Der Kandidat muss also zuerst sein bestehendes, eigenes Netzwerk und seine bestehenden Mitgliedschaften kritisch durchleuchten wie zum Beispiel Interessens- und Berufsverbände, Branchenverbände, Service- und Businessclubs und sonstige persönliche und berufliche Netzwerke.

Netzwerke wie "Family, Friends and Fools" werden allerdings heutzutage für eine Beiratsberufung immer unbedeutender. Erst wenn diese bisherigen Netzwerke keine ausreichenden Kontakte liefern, sollte an die Erweiterung bzw. dem zielgerichteten Aufbau eines eigenen Beirats- und Aufsichtsratsnetzwerk gedacht werden. Dabei muss der Mandatssuchende folgende Fragen stellen: Welche Eigentümer, Familienunternehmer, Gesellschafter, Aktionäre, Aktionärsvertreter und Aktionärsvereinigung kennen mich bereits? Wo bin ich bereits im Gespräch? Welche Entscheider wissen schon von meinem Wunsch der Berufung? Welcher Aufsichtsratsvorsitzende, welches Beiratsmitglied hat meine Telefonnummer bereits in seinem Handy abgespeichert? Welche Interessens- und Berufsverbände für Aufsichtsgremien und welche Berater kennen meinen Wunsch? In welchen Verzeichnissen von potenziellen Mandatssuchenden bin ich bereits aufgeführt? Nochmals zur Erinnerung: Man oder Frau kann sich nicht bewerben. Man oder Frau wird berufen. Das "Gefunden-Werden" ist das oberste Ziel eines Mandatssuchenden.

Die folgende letzte LEADERSNET-Kolumne in der Reihe "Wie Sie Beirat oder Aufsichtsrat werden" widmen sich der konkreten Umsetzung mit einem persönlichen Erfolgsplan: "Welche konkreten Maßnahmen und Aktivitäten kann ich ergreifen?"

Die vorstehenden Gedanken sind entnommen der zweiten, neu bearbeiteten und erweiterten Auflage und im Juni 2021 erschienen Buches "Wie Sie Beirat oder Aufsichtsrat werden. Ein konkreter Plan für den Erfolg.

www.ruter.de


 

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