Produktivitäts- vs. Verdrängungseffekte
Wenn die KI ersetzt statt hilft: Wann der Inflection Point in welchem Job erreicht ist

Künstliche Intelligenz vereinfacht den Arbeitsalltag gewaltig, und das in vielen Branchen. Doch was passiert, wenn die Technologien so weit sind, dass Menschen ersetzen statt unterstützen? Der Wendepunkt, auch "Inflection Point" genannt, beschreibt den Moment, an dem die Integration von KI in einem Job derart umfassend wird, dass menschliche Arbeitskraft weitgehend obsolet erscheint. Wissenschaftler haben untersucht, wann dieser Punkt in welcher Berufsgruppe eintritt.

Der Inflection Point ist kein plötzlicher, sondern ein schrittweiser Prozess, bei dem KI von einer ergänzenden zu einer dominierenden Kraft wird. In der Praxis hängt dieser Moment von mehreren Faktoren ab: Etwa von der Komplexität der Aufgaben: Je einfacher und repetitiver die Aufgaben, desto schneller kann KI diese übernehmen. Von Kosten/ Nutzen Aspekten, sprich, wenn KI günstiger und effizienter arbeitet als Menschen, beschleunigt dies den Prozess. Und freilich von der Risikotoleranz. In Berufen, in denen Fehler fatale Folgen haben können, wird die KI vorsichtig (bis gar nicht) integriert.

Dandan Qiao, Huaxia Rui und Qian Xiong von der National University of Singapore, der Universität von Rochester und der Universität von Tsinghua haben nun Studie veröffentlicht, die Aufschluss darüber gibt, wie KI verschiedene Arbeitsmärkte beeinflusst. Die Autoren von "AI and Freelancers: Has the Inflection Point Arrived?" analysieren insbesondere die Auswirkungen der Einführung von ChatGPT auf Freiberufler in unterschiedlichen Bereichen.

Der Befund: Die Auswirkungen von KI auf Freiberufler variieren je nach Branche, Region und Erfahrung variieren. Webentwickler in den USA beispielsweise hätten stark von der Einführung von ChatGPT profitiert, und erleben einen Produktivitätsschub. Erfahrene Übersetzer hingegen verlassen den Markt scharenweise.

Andy Forbes, Berater von Capgemini in den USA hat bereits vor einem Jahr eine Analyse veröffentlicht, in der er beschreibt, welche Berufe, wann von diesem Wendepunkt betroffen sind. Da sind zum Beispiel jene, bei denen der Inflection Point eher früher als später eintritt:

Schnellerer Inflection Point:

  1. Routinejobs mit klaren Strukturen
    Berufe, die durch wiederholbare Prozesse und klare Abläufe geprägt sind, stehen an vorderster Front der Automatisierung.
    • Beispiele: Datenanalysten, Buchhalter, IT-Support.
  2. Kreative Berufe mit hoher Datenbasis
    Selbst Kreativberufe bleiben nicht verschont. KI kann große Datenmengen analysieren und kreative Prozesse anstoßen.
    • Beispiele: Grafikdesigner, Content-Creator.
  3. Physische Arbeiten mit begrenzter Komplexität
    In der Industrie und Logistik ersetzt KI-gesteuerte Robotik zunehmend menschliche Arbeitskraft.
    • Beispiele: Lagerarbeiter, Fertigungsmitarbeiter.

Langsamerer Inflection Point

  1. Hochspezialisierte Fachkräfte
    Je anspruchsvoller und unvorhersehbarer die Aufgaben, desto länger wird es dauern, bis KI diese übernehmen kann.
    • Beispiele: Ärzte, Rechtsanwälte, Wissenschaftler.
  2. Interaktive und empathische Berufe
    Menschliche Interaktion und emotionale Intelligenz bleiben vorerst schwer durch Maschinen zu ersetzen.
    • Beispiele: Pflegekräfte, Lehrer, Therapeuten.

Generell lasse sich der Wendepunkt eines jeden Jobs anhand des Automatisierungsgrades (beobachten Sie, welche Aufgaben bereits durch KI übernommen werden), des technologischen Fortschrittes (bleiben Sie über die neuesten Entwicklungen in Ihrer Branche informiert) und Veränderungen in Stellenanzeigen (wenn Ihr Beruf vermehrt auf strategische oder kreative Aufgaben ausgerichtet wird, könnte dies ein Zeichen für eine schrittweise Automatisierung sein) ausmachen.

Der Inflection Point ist kein Grund zur Panik, beteuert Forbes. Vielmehr handle es sich um eine Chance zur Neuausrichtung. Er empfiehlt, sich Dynamik der KI-Integration genau anzuschauen und proaktiv zu handeln. Weiterbildung, insbesondere in Sachen technologischer Kompetenz, sowie Flexibilität seien jedoch notwendig, um die Veränderungen zu seinem eigenen Vorteil zu nutzen.

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