Viele wünschen sich eine Berufung in ein Aufsichtsgremium am Ende ihrer Karriere. In ein Aufsichtsgremium wird Frau oder Mann aber nur bei ausreichend fachlicher und persönlicher Qualifikation berufen wie in unserer Kolumne "Der Ruf wird lauter" dargestellt. Losgelöst von allen eigenen fachlichen Qualifikations- und Kompetenzvoraussetzungsfragen, muss sich jeder potenzielle Kandidat auch "die" zentrale Frage stellen: "Was habe ich als Beirat oder Aufsichtsrat Besonderes zu bieten?" Das "Warum" haben wir in der Kolumne "Bin ich noch zu Höchstleistungen fähig?" und ein mögliches "Wo" in unserer Kolumne "Der Weg zum Gipfel erfordert gute Kondition und Ausrüstung" hinterfragt. Das "Wann" haben in unserer letzten Kolumne "Ohne realistische Selbsteinschätzung geht gar nichts" dargestellt.
Was habe ich Besonderes zu bieten?
Aufgrund der in der Regel mittelständischen Strukturen in der Wirtschaft und deren zu großen Teilen noch begrenzten Erfahrungen im Bereich von Corporate Governance und Unternehmensaufsicht sind zahlreiche Aufsichtsgremien eher beratende als aktienrechtlich geprägte Gremien mit typischen Defiziten in der Zusammensetzung und der effektiven und effizienten Zusammenarbeit. Deshalb werden neue bzw. weitere Beiratsmitglieder mit komplementären und besonderen Fähigkeiten bzw. Sonderqualifikationen gesucht. Sogenannte "ergänzende" außergewöhnliche Persönlichkeiten in Hinblick auf Branchen- und Markterfahrung, Alter, Geschlecht und berufliche Herkunft. Funktionale Schwerpunkte sind eher gefragt als Allrounder und Generalisten.
Fragen zur eigenen Person benötigen für ehrliche Antworten eine starke persönliche Selbstüberprüfung aller vorhandenen Kompetenzen und Eigenschaften. Also sind Sie ehrlich in der Beantwortung der folgenden Fragen:
Was sind meine besonderen fachlichen Kompetenzen?
Wo habe ich mich bisher mit meinen fachlichen und unternehmerischen Fähigkeiten als State-of-the-Art qualifiziert? Ein Beirat oder Aufsichtsrat muss sich bewusst sein, dass sein Amt Extrementscheidungen mit sich bringen kann. Da ist für Mittelmaß kein Platz. Was sind also meine konkreten USPs (Unique Selling Point), die mich aus der Masse herausheben? Welchen Mehrwert kann ich als Mitglied eines Aufsichtsgremiums dem betreffenden Unternehmen bieten? Kenne ich die Gruppenkompetenz meines zukünftigen Gremiums? Passe ich mit meiner Individualkompetenz in eine vorhandene Gruppe hinein? Welchem Gremium genau kann meine fachliche Expertise einen konkreten Mehrwert bringen?
Was sind meine besonderen persönlichen Kompetenzen?
Bin ich materiell, finanziell, emotional und persönlich unabhängig? Habe ich eine gesellschaftlich akzeptierte persönliche Sinn- und Werte-Orientierung? Will ich die Konsequenzen meines Handelns übernehmen – und nicht auf eine D&O-Versicherung abwälzen)? Kann ich den erforderlichen großen Zeitaufwand zur Wahrnehmung einer Aufsichtsgremienarbeit darstellen? Bin ich auf dem gebotenen Wissensstand. Werde ich mich im Zeitalter des lebenslangen Lernens in den neuen Themen aktiv fort- und weiterbilden? Bringe ich die erforderliche Motivation, Leidenschaft und Innovationsfreudigkeit mit?
Bin ich geeignet als Beirat oder Aufsichtsrat?
Insbesondere in diesen außergewöhnlich schwierigen Zeiten benötigen wir fachlich versierte Persönlichkeiten mit Charakter, die allen Handelnden als Vorbild dienen. Unabhängigkeit und ehrbare Sinn- und Werte-Orientierung sind Basis allen Handelns. Zum Wohle des Unternehmens ist persönliche Verantwortung und das Akzeptieren persönlicher Haftung sowie ausreichende zeitliche Verfügbarkeit gefragt. Zeit auch für Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen. Eine entsprechend hohe Motivation und Innovationsfreudigkeit sind selbstverständlich vorausgesetzt. Empfehlenswert ist, diese Selbsteinschätzung gemeinsam mit einem "Mentor" oder guten Freund durchzuführen. Die folgenden LEADERSNET-Kolumne widmen sich den letzten beiden Kernfragen: "Wie" und "Wer".
Die vorstehenden Gedanken sind entnommen der zweiten, neu bearbeiteten und erweiterten Auflage und im Juni 2021 erschienen Buches "Wie Sie Beirat oder Aufsichtsrat werden. Ein konkreter Plan für den Erfolg".
www.ruter.de
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