Die Tourismusbranche kann sich auf einen starken Sommer freuen

2023 wird das Vorkrisenniveau sogar übertroffen werden – Corona hat das Reiseverhalten aber nachhaltig verändert.

Es geht für den Fremdenverkehr wieder aufwärts: Der "Mobility Market Outlook" (MMO) der Statista und der ITB Berlin (Internationale Tourismus Börse) prognostiziert für 2022 ein Wachstum der weltweiten Reisebranche um voraussichtlich 48 Prozent auf über 637 Milliarden Dollar (588 Milliarden Euro) Im Jahr 2023 wird die Branche mit fast 756 Milliarden Dollar (698 Milliarden Euro) das Vorkrisenniveau um rund fünf Prozent übertreffen.

Die stärksten Wachstumsraten im Jahr 2022 werden neben Kreuzfahrten (+180 Prozent zum Vorjahr) für die Hotellerie prognostiziert: mit 57 Prozent wächst die Hotellerie als größtes Marktsegment im Tourismus voraussichtlich stärker als Privat- und Ferienwohnungen sowie Pauschalurlaube. Dafür wird das Segment der Privat- und Ferienwohnungen laut MMO im Gesamtvolumen auf über 81 Milliarden Dollar (knapp 75 Milliarden Euro) steigen, und damit nur zwei Prozent hinter dem Marktvolumen von 2019 zurückbleiben.

Einfluss des Krieges in der Ukraine vermutlich gering

Da in diesen Prognosen der Einfluss des Ukraine-Krieges noch nicht berücksichtigt ist, stellt sich die Frage: Hat der Ukraine-Krieg langfristigen Einfluss auf die weltweite Reise- und Tourismusindustrie – und wenn ja, welchen? Die Kriegsparteien Russland und Ukraine hatten 2019 laut Daten der UNWTO einen Anteil von rund drei Prozent an den globalen Tourismus-Ausgaben im grenzüberschreitenden Reiseverkehr. Sollte sich der Krieg nicht ausweiten, wird er vermutlich keine erdrutschartigen Auswirkungen auf die globale Reisebranche haben.

Einzelne Märkte könnte die Krise hingegen stärker betreffen: In Zypern haben russische Touristen nach Aussagen des Finanzministers Konstantinos Petridis rund 25 Prozent aller internationalen Besucher ausgemacht, ein Wegbleiben könne bis zu zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes kosten. Die Türkei beherbergte im letzten Jahr laut dem Ministerium für Kultur und Tourismus über 4,5 Millionen Touristen aus Russland und zwei Millionen aus der Ukraine – gemeinsam fast 30 Prozent aller ausländischen Urlaubsgäste im Land. Da die türkische Regierung – im Gegensatz zu Zypern – jedoch noch keine Sanktionen gegen Russland verhängt hat, ist unklar, wie stark die türkische Tourismusbranche betroffen sein wird.

Airlines setzen zu Höhenflug an

Den Krisen zum Trotz scheinen die Deutschen ihre Lust auf Reisen und Urlaube wiederzuentdecken. Laut Global Consumer Survey (GCS) von Statista planen über 62 Prozent der reisenden Deutschen mindestens einen Trip in den kommenden zwölf Monaten. Bernd Eisenstein, Direktor des Deutschen Instituts für Tourismusforschung, sieht darin im Gespräch mit dem Magazin Watson eine Art Nachholeffekt: "Die Reiselust hat sich während der Zeit mit umfassenden Restriktionen aufgestaut und kommt jetzt verstärkt zur Geltung."

Dieser Effekt ist auch an anderer Stelle sichtbar. Dem Bundesverband der Luftverkehrswirtschaft zufolge werden im touristischen Segment drei Prozent mehr Sitzplätze angeboten als im Sommer 2019. Eurowings-Chef Jens Bischof kündigt gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa) an: "Millionen Menschen wollen nach zwei Jahren Pandemie endlich ihren Urlaub nachholen oder wichtige Geschäftskontakte wieder persönlich treffen." Deshalb werde die Airline ab März so viele Ziele wie noch nie anfliegen.

Für Urlauber liege der Fokus dabei auf dem Mittelmeerraum, zu den gefragtesten Reisezielen zählen laut Eurowings Spanien, Portugal, Griechenland und Italien. Allgemein steht Europa bei den Deutschen Urlaubern hoch im Kurs. Laut GCS planen 54 Prozent der Menschen, die im aktuellen Jahr reisen möchten, ihren Urlaub in Europa, Asien belegt mit 18 Prozent auf dem zweiten Platz.

Das hat Corona geändert

Es ist kein Geheimnis, dass die Pandemie das gesamte touristische Verhalten der Urlauber verändert hat – national, aber auch international. Laut GCS hat das Coronavirus Einfluss auf das Reiseverhalten von 90 Prozent der Reisenden aus Deutschland, Großbritannien und den USA. Dieser Einfluss scheint sich zu manifestieren: Nur 31 Prozent der Befragten aller drei Länder glauben nicht, dass die Änderung des Reiseverhaltens permanenter Natur sein wird.

Es gibt jedoch auch "Evergreens". Wie die Flugpläne von Eurowings in Deutschland und die Umfragedaten des GCS nahelegen, ändert sich beispielsweise die Wahl der Destinationen kaum. Die fünf wichtigsten Kriterien für die Auswahl des Reiseziels deutscher Urlauber im Jahr 2022 sind wie auch schon 2019 das Wetter, die Natur, die Sicherheit vor Ort, Sehenswürdigkeiten und der Preis.

Stichwort Preis: 36 Prozent der Befragten in Deutschland möchten mehr für Urlaube ausgeben als vor der Pandemie, 31 Prozent so viel wie zuvor und weitere 31 Prozent planen weniger auszugeben. In absoluten Zahlen: 50 Prozent der Reisenden planen für sich und gegebenenfalls für ihre Familie mit einem Reisebudget von über 2.000 Euro, 17 Prozent sogar über 3.000 Euro. Letztlich kann die Tourismus-Branche also auf einen erholsamen Sommer hoffen, der in manchen Segmenten und Destinationen unter wirtschaftlicher Betrachtung bereits an das Vorkrisenniveau anknüpft. (as)

www.itb.com

www.statista.com

Kommentar schreiben

* Pflichtfelder.

leadersnet.TV