Zunehmende Digitalisierung von Dienstleistungen treibt Senioren in die Isolation

Die Bundesvereinigung der Senioren Assistenten warnt vor einer "fatalen Entwicklung" und fordert – genauso wie Emporia-Chefin Eveline Pupeter – Institutionen auf, bei der Umstellung in den digitalen Modus, die älteren Menschen nicht zu vergessen.

Die zunehmende Digitalisierug birgt die Gefahr, dass sie ältere Menschen in die Isolation drängt. Davor warnt die Bundesvereinigung der Senioren Assistenten (BdSAD) und fordert, dass Senor:innen stärker in digitale Förderprogramme eingebunden werden. BdSAD-Vorsitzende Carolin Favretto appelliert an Institutionen wie Behörden und Banken, bei der Umstellung ihrer Dienstleistung in den digitalen Modus Alternativangebote für ältere Menschen zu schaffen.

Drastische Einschnitte für ältere Bankkund:innen

Favretto macht ihre Forderung an aktuellen Entwicklungen fest, die in Deutschland zu beobachten sind: Banken und Sparkassen bauen seit Jahren ihre Geldautomaten ab oder schließen ihre Filialen. Meist ersatzlos. Eine Studie der Wirtschaftsberatung PwC sagt eine Welle an Filialschließungen von Banken voraus: Bis zum Jahr 2023 stehen bis zu 40 Prozent der Geschäftsstellen vor dem Aus.

© BdSAD/Carolin Favretto
BdSAD-Vorsitzende Carolin Favretto © BdSAD/Carolin Favretto

Älteren Kund:innen stehen drastische Einschnitte bevor. "Senioren können ihre Überweisung nicht mehr zum Brieffach bringen. Sie werden zum Online-Banking gezwungen. Wer sich damit nicht auskennt, weder Netz noch Laptop besitzt, schaut in die Röhre", formuliert es Favrretto. Sie spricht von einer "fatalen Entwicklung".

Gerade für ältere Menschen in ländlichen Regionen ist die Schließung "ihrer" Bankfiliale mit Einbußen von Lebensqualität belegt. "Wie sollen sie zur nächsten Filiale kommen, die einige Kilometer entfernt liegt?", fragt sich die BdSAD-Vorsitzende. Das Fiasko gelte auch für Beratungstermine, die Banken und Sparkassen online vergeben. Auch Behördentermine wie beispielsweise Impftermine werden heutzutage oft ausschließlich online vergeben. Favretto: "Teilhabe muss unabhängig von der Digitalisierung möglich sein. Sonst droht eine Spaltung der Gesellschaft. Institutionen wie Behörden und Banken müssen die älteren Menschen im Blick behalten."

Keine digitale Diskriminierung

Doch welche Maßnahmen können helfen, um unsere älteren Mitbürger:innen vor der digitalen Isolation zu bewahren? Geht es nach der BdSAD, müssten einmal alle Alten- und Seniorenheime WLAN für ihre Bewohner anbieten: "Eine Netzanbindung in dieser Zeit sollte selbstverständlich sein und nicht die Ausnahme." Der Digitalisierungsschub in Deutschland durch Corona müsse nicht nur die Schulen, sondern auch die Einrichtungen für ältere Menschen erreichen.

Nach Auffassung der BdSAD brauchen ältere Menschen dauerhafte Unterstützung, um sich in der digitalen Welt zurecht zu finden. Das könnten beispielsweise Schulungen sein, die von den Städten und Kommunen angeboten werden. "Auch Senioren Assistenten bieten Beratung beim Umgang mit dem Smartphone oder Laptop. Es geht uns vor allem darum, die Angst vor der neuen Technologie zu nehmen", so Favretto.

In eine ähnliche Kerbe schlägt Eveline Pupeter, Eigentümerin und Geschäftsführerin von Emporia Telecom, führender Anbieter von Smartphones für Senior:innen: "Um den älteren Menschen den Weg in die digitale Welt zu ebnen, braucht es im Wesentlichen zwei Dinge: Erstens geeignete, einfach bedienbare Smartphones, Tablets oder Computer, die auf die besonderen Bedürfnisse der Senioren abgestimmt sind. Und zweitens braucht es speziell für Senioren konzipierte Trainings für diese Geräte beziehungsweise für digitale Anwendungen wie Online-Banking oder das digitale Amt."

© Emporia
Emporia-Telekom-Chefin Eveline Pupeter © Emporia

Ähnlich wie der BdSAD sieht sie auch die Politik gefordert: "Zuallererst braucht es den politischen und gesellschaftlichen Konsens, dass ältere Menschen nicht diskriminiert werden dürfen durch digitale Anwendungen und dass es ein Grundrecht auf die Nutzung digitaler Angebote gibt. Daraus leitet sich ab, dass sowohl die Hersteller digitaler Geräte als auch die Software-Entwickler dafür Sorge zu tragen haben, dass auch ältere Menschen mit diesen Geräten und Anwendungen umgehen können. Die öffentliche Hand hat auch dafür Sorge zu tragen, dass zur raschen Überbrückung des digitalen Spalts geeignete Trainings und Schulungen für Senioren angeboten und durchgeführt werden."

Probieren statt isolieren

Gleichwohl gebe es Senior:innen, die aufgrund ihrer körperlichen und geistigen Verfassung oder wegen ihrer finanziellen Lage nicht in der Lage sind, die Digitalisierung für sich zu nutzen. "In diesen Fällen helfen wir schnell und praktisch bei Bankgeschäften, bei der Terminbuchung und fahren mit unserem Senior gemeinsam zu seinem Bankberater", verrät Carolin Favretto.

Die BdSAD begrüßt das Projekt der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) "Digital souverän mit KI", das Älteren an 16 neuen lokalen Standorten in Deutschland die Möglichkeit gibt, sich mit Künstlicher Intelligenz auseinanderzusetzen. Die Senior:innen dürfen KI-basierte Systeme wie Haushaltsgeräte und Sprachassistenten ausprobieren. "Alles, was älteren Menschen den Zugang in die digitale Welt öffnet oder gar beschleunigt, ist zu begrüßen", stimmt auch Pupeter zu. (as)

www.bdsad.de

Über die BdSAD

Die Bundesvereinigung der Senioren Assistenten Deutschland (BdSAD) e.V. mit Sitz in Berlin ist die Interessenvertretung qualifizierter Dienstleister, die begleitende Alltagsunterstützung für Senioren und Menschen mit Hilfebedarf anbieten.

Der Verein setzt sich für die Anerkennung des Berufsbildes in der Gesellschaft ein und ist ein Beratungs- und Kompetenznetzwerk mit hohen Qualitätsansprüchen. Auf ihrer Homepage bietet die BdSAD eine Suchfunktion mit der Liste aller Mitglieder als übersichtlichen und schnellen Service an.

Guten Tag!
Im Namen zahlreicher Menschen spreche ich, die durch die fehlende Möglichkeit, Angelegenheiten (dringender Arztbesuch steht an an erster Stelle) auf digitalen Wege oder analog per Telefon regeln zu können.
Wir schreiben trotz des Zeitalters der Digitalisierung und damit verbunden Auswirkungen das Recht auf Gleichstellung und Diskriminierung aller ! Menschen.
Was ist im Gange ist, spricht gegen das Recht auf Würde, Teilhabe usw.
Das ist unrechtmäßig und bedarf ganz schnelles Handeln im Sinne der Betroffenen.
Ich habe mich bereits an die Antidiskriminierungstelle Berlin gewandt.
Für eine gesunde und bunte Vielfalt bin ich auch, daher sollte unbedingt die Belange dieser Betroffenen ernst genommen werden und ein ganz schnelles Umdenken und Handeln geschehen.
Leider fehlte es an Zuständigkeit (...).
MFG
Fr. Krüger

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