Mehr Effizienz, mehr Verbrauch
Das Jevons-Paradoxon: Warum alle darüber reden – und was es mit DeepSeek zu tun hat

Technologische Innovationen sollen Ressourcen sparen – doch manchmal bewirken sie genau das Gegenteil. Ein Konzept aus dem 19. Jahrhundert erlebt derzeit ein Comeback: das Jevons-Paradoxon, benannt nach dem britischen Ökonomen William Stanley Jevons. Seine These: Je effizienter eine Technologie wird, desto häufiger wird sie genutzt – und desto mehr Ressourcen verbraucht sie am Ende.

Dieses Prinzip wird aktuell im Zusammenhang mit DeepSeek diskutiert, einem chinesischen KI-Start-up, das mit deutlich geringeren Kosten und weniger Energie eine Künstliche Intelligenz auf dem Niveau der Branchengrößen trainieren soll. Eine gute Nachricht für den Klimaschutz? Vielleicht nicht.

Warum mehr Effizienz nicht gleich weniger Verbrauch bedeutet

Effizienzsteigerungen sollen Ressourcen sparen – doch oft geschieht das Gegenteil. Jevons erkannte diesen Effekt bereits im 19. Jahrhundert am Beispiel der Kohlewirtschaft: Je effizienter Dampfmaschinen wurden, desto mehr Kohle wurde insgesamt verbraucht, weil die Technologie in immer mehr Bereichen eingesetzt wurde.

Ein ähnliches Muster könnte sich nun bei der Künstlichen Intelligenz zeigen: Wenn KI-Modelle günstiger und energieeffizienter werden, könnten sie in deutlich mehr Anwendungsfeldern zum Einsatz kommen – mit möglicherweise gleichbleibendem oder sogar steigendem Energieverbrauch. Statt "grüner KI“ könnte das Paradoxon also dazu führen, dass der technologische Fortschritt den Umweltvorteil wieder zunichtemacht.

DeepSeek als Lehrbuchbeispiel für Disruption

DeepSeek sorgt nicht nur wegen seiner Effizienz für Aufsehen. Es könnte auch ein klassisches Beispiel für das Prinzip der Disruption sein, das der US-Wirtschaftswissenschaftler Clayton Christensen 1997 in The Innovator’s Dilemma beschrieb: Kleine Unternehmen mit innovativen, kostengünstigen Lösungen brechen in etablierte Märkte ein, bevor sie mit verbesserten Produkten die Platzhirsche herausfordern.

DeepSeek könnte genau diesen Weg gehen: Erst günstige KI-Modelle für Nischenmärkte, dann der Angriff auf die Branchenriesen. Ob das Unternehmen dabei von der chinesischen Regierung unterstützt wird oder sogar Daten von OpenAI verwendet hat, bleibt umstritten. Klar ist: Die Karten im KI-Sektor werden neu gemischt.

Was bedeutet das für die Zukunft?

Führt Künstliche Intelligenz dazu, dass wir weniger arbeiten? Unwahrscheinlich. Schon John Maynard Keynes prognostizierte in den 1940er-Jahren, dass technologische Fortschritte dem Menschen mehr Freizeit bescheren würden – doch stattdessen arbeiten wir heute mehr als je zuvor.

Ähnlich könnte es mit der KI kommen: Wenn sie günstiger und leistungsfähiger wird, wird sie überall eingesetzt – von der automatisierten Forschung bis hin zum persönlichen Algorithmus, der nicht nur Einkaufslisten optimiert, sondern uns sogar sagt, welches Eis wir beim Abendspaziergang essen sollen.

 

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