Business-Knigge
Cappuccino am Nachmittag – ein No-Go oder völlig in Ordnung?

| Redaktion 
| 11.03.2025

Manchmal sind es kleine Dinge im Geschäftsleben, die große Fragen aufwerfen. So auch diese: Darf man am Nachmittag Cappuccino bestellen – oder ist das ein Fauxpas von internationalem Format? Eine scheinbar harmlose Kaffeewahl kann je nach Kontext, Land und Gesellschaftsschicht unterschiedlich bewertet werden. Zeit also für einen Blick auf die Cappuccino-Etikette – und die Frage, ob wir uns damit wirklich blamieren oder ob das eine überholte Regel ist.

Beginnen wir mit der Heimat des Cappuccinos: Italien. Wer in Rom, Mailand oder Florenz nach 11 Uhr einen Cappuccino bestellt, erntet zumindest hochgezogene Augenbrauen, wenn nicht gar ein mitleidiges Lächeln des Baristas. Denn in Italien gilt: Milchkaffee ist ein Frühstücksgetränk. Die Idee dahinter? Die warme, cremige Milch wird als schwer verdaulich angesehen – etwas, das nach einem herzhaften Mittagessen den Magen überfordern könnte. Stattdessen trinkt man Espresso, der kurz, stark und auf den Punkt ist. Wobei das in den letzten Jahren nicht mehr so streng gesehen wird, wie einst, schon alleine wegen der vielen Touristen.

Weniger Strenge in Deutschland

Während Italien also eine klare Linie zieht, sieht es in Deutschland etwas anders aus. Hierzulande ist der Cappuccino ein Alleskönner – am Morgen, am Nachmittag oder auch als Begleiter zum Geschäftsmeeting. Tatsächlich gibt es keine feste Regel, die besagt, dass man nach 14 Uhr auf Schaum verzichten muss. Dennoch könnte es in feinen Restaurants oder bei hochrangigen Business-Dinners irritierte Blicke geben, wenn jemand zum Dessert einen Cappuccino statt eines Espressos wählt. Aber sind wir ehrlich: Die meisten Servicekräfte in Deutschland würden es eher als individuellen Geschmack und nicht als Regelbruch ansehen.

Das internationale Parkett?

Doch wie sieht es in anderen Ländern aus? In den USA ist Kaffee eine durchgehende Begleitung des Tages. Ob Cappuccino, Latte oder Frappuccino – Hauptsache, es gibt ihn wahlweise auch to-go. Ähnliches gilt für den angelsächsischen Raum, wo die Kaffeehauskultur wenig strenge Regeln kennt. In Frankreich hingegen wird zum Dessert gerne ein kleiner Schwarzer, also ein „café“, getrunken – aber niemand würde einen Geschäftspartner für einen Cappuccino schräg anschauen.

Wann es wirklich unpassend wird

Während also kulturelle Unterschiede existieren, gibt es Momente, in denen ein Cappuccino zur falschen Zeit ein echter Knigge-Fauxpas sein könnte:

  • Bei sehr formellen Business-Dinners: Wer mit hochrangigen Partnern in einem Michelin-Restaurant sitzt, sollte vielleicht auf die italienische Regel hören und auf Espresso umsteigen.
  • In internationalen Meetings mit italienischen Geschäftspartnern: Wer Eindruck machen will, hält sich an deren Gepflogenheiten.
  • Wenn der Gastgeber etwas anderes empfiehlt: Wer mit einem versierten Gastgeber unterwegs ist, folgt dessen Führung – sei es beim Wein, beim Digestif oder eben beim Kaffee.

Erlaubt ist, was gefällt – meistens

Letztlich zeigt sich: Wer in Deutschland oder den USA nachmittags einen Cappuccino bestellt, braucht sich keine Sorgen zu machen. In Italien kann es hingegen als Zeichen mangelnder Stilempfindlichkeit gewertet werden. Heißt das, dass man sich an diese Regeln halten muss? Natürlich nicht. Aber wer in internationalen Business-Kreisen unterwegs ist, punktet mit Feingefühl – und manchmal auch mit der Kunst, sich charmant über Regeln hinwegzusetzen.

"Jeder wie er will"

Eine Absolution in Sachen Kaffekultur erteilte zuletzt Italiens älteste Barista Anna Passi. Die 100-Jährige, die oberhalb des Lago Maggiore eine Cafébar betreibt, hat auch gegen einen Cappuccino nach zwölf Uhr mittags nichts einzuwenden. "Wer bin ich, dass ich meinen Gästen vorschreiben muss, wann sie welchen Kaffee zu trinken haben?“, sagte Passi der Deutschen Presse-Agentur dpa. "Das kann jeder halten, wie er will.“

© Instagram

So hält es auch Vittorio Rossi, ein Geschäftsmann aus Verona. Ihm selbst würde es zwar nicht unbedingt gelüsten, am Nachmittag einen "Cappuccio" zu schlürfen. Aber wenn ihm wer sagen würde, dass er das nicht dürfe, dann würde er flugs einen bestellen, als eine Art auflehnenden Akt.

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