Strategien im Mediengeschäft
Bauer-Verlag: Ist die als "Transformation" verkaufte Kehrtwende ein Scheitern?

Die Bauer Media Group ist eines der traditionsreichsten Verlagshäuser Europas. Nach gescheiterten Digitalisierungs- und Diversifikationsversuchen steckt das Unternehmen in einer strategischen Kehrtwende. Was es in einer Videobotschaft vor einigen Monaten als "kontinuierliche Transformation“ bezeichnete, entpuppt sich als Rückkehr zu einer alten Strategie – und als Eingeständnis eines Scheiterns.

Von fünf Geschäftsfeldern zurück zu zwei: 2019 hatte der damalige COO Veit Dengler ambitionierte Ziele ausgegeben. Mit einer Diversifizierung auf bis zu sechs Geschäftsfelder wollte Bauer den Umsatzrückgang im Print-Geschäft kompensieren. Doch die Realität sieht heute anders aus: Die beiden jüngsten Geschäftsfelder – Preisvergleichs-Suchmaschinen und Werbedienstleistungen für KMUs – wurden still und leise abgewickelt. Zurück bleiben nur die Kerngeschäfte Zeitschriften und Radio.

Dabei ist die Situation im Zeitschriftenbereich alles andere als rosig. Obwohl Bauer nach wie vor rund 500 Millionen gedruckte Hefte pro Jahr verkauft, verlieren viele Titel im Heimatmarkt jedes Jahr zweistellig an Auflage. Auch international hat sich das Unternehmen weitgehend aus Märkten wie Neuseeland und Australien zurückgezogen. Der schnelle Rückzug aus Neuseeland sorgte sogar für politischen Widerstand, unter anderem durch die damalige Premierministerin Jacinda Ardern.

Führung in der Krise: Umbau der Managementstruktur

Ende September kündigte Yvonne Bauer, die das Familienunternehmen seit 2010 leitet, nicht nur die strategische Neuausrichtung an, sondern gab auch ihre operative Rolle als CEO ab. Künftig thront sie als "Chair of the Board“ über einer neuen Doppelspitze: Jan Wachtel verantwortet den Zeitschriftenbereich, während Vivian Mohr das Radiogeschäft leitet. Der wahre starke Mann im Konzern ist jedoch Rechtsvorstand Gerald Mai, der inzwischen praktisch alle Entscheidungen kontrolliert.

Die Neubesetzungen folgen einem radikalen Sparkurs: Redaktionen werden zusammengelegt, Produktionsprozesse zentralisiert, und digitale Projekte sollen vorerst mit kleinem Budget getestet werden. Bereits gekündigt wurden beispielsweise die 34 Mitarbeitenden der Foodproduktion. Kochseiten in Magazinen wie "Lecker“ werden künftig aus einer umfangreichen Datenbank bestückt – ohne frische Inhalte. Doch intern gibt es Zweifel, ob diese Maßnahmen genügen, um das Ruder herumzureißen. "Bauer schrumpft und wird weiterschrumpfen, bis es irgendwann verschwindet“, zitieren deutsche Medien eine mit den Plänen vertraute Quelle.

Digitale Transformation kommt Jahre zu spät

Bauers Einstieg in die digitale Welt ist geprägt von Versäumnissen. Noch bei ihrem Amtsantritt warnte Yvonne Bauer vor dem Internet: "Man kann dort sehr schnell viel Geld verlieren, aber nur langsam wenig Geld verdienen.“ Diese Haltung führte dazu, dass Bauer im Vergleich zu Wettbewerbern wie Axel Springer oder Burda den Anschluss verlor.

Zwar hat Bauer inzwischen sieben digitale Testprojekte gestartet, darunter die Monetarisierung von Inhalten durch Produkttests und Empfehlungen. Ein Beispiel ist "Motorcycle News“, das Testsiegel für Helme und Handschuhe vergibt. Doch die bisherigen Ergebnisse bleiben bescheiden. Branchenexperten bezeichnen die Bemühungen als "Hirngespinste“ und kritisieren, dass Bauer schlicht zu spät kommt.

Weichenstellung für die Zukunft

Die Bauer Media Group steht vor einer entscheidenden Weggabelung. Während Radio weiterhin profitabel ist und internationales Wachstumspotenzial bietet, droht das Zeitschriftengeschäft zum Ballast zu werden. Insider vermuten, dass das Unternehmen mittelfristig stärker auf die Rundfunkaktivitäten setzen und das Printgeschäft zurückführen könnte. Bereits jetzt ist die Rundfunkgruppe, die von London aus gesteuert wird, der größere Geschäftsbereich.

Für die Eigentümersfamilie Bauer stellt sich die Frage, wie lange sie noch in das Unternehmen investieren möchte, das von einem Spitzenumsatz von 2,4 Milliarden Euro im Jahr 2017 auf geschätzte 2 Milliarden Euro im Jahr 2022 zurückgefallen ist. Das SAP-Transformationsprojekt, das mit einem hohen zweistelligen Millionenbetrag zu Buche schlägt, könnte ein weiterer Stolperstein werden. Kritiker fürchten, dass die geplanten Umstellungen nicht wie geplant umgesetzt werden können.

Führungsstärke, Innovationskraft und eine klare Vision sind gefragt, um das Unternehmen aus der Krise zu führen. Ob Yvonne Bauer und ihr neues Führungsteam die Weichen dafür stellen können, wird sich zeigen.

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