Europäisches Konglomerat gegen Streaming-Riesen
ProSieben Sat.1: Berlusconi-Familie plant offenbar Übernahme

| Redaktion 
| 05.12.2024

Die italienische Medienholding Media For Europe (MFE) der Berlusconi-Familie bereitet offenbar einen großen Schritt vor: Laut Insidern sondiert MFE derzeit bei mehreren Banken die Möglichkeiten für einen Milliardenkredit, um die vollständige Übernahme von Pro Sieben Sat.1 zu finanzieren.

Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters hat MFE mehrere Banken um ein Darlehen in Höhe von 3,4 Milliarden Euro gebeten. Der Kredit soll über fünf Jahre laufen und ab dem 5. Dezember bereitstehen. Damit könnte 2025 die gesamte Finanzierung rund um den deutschen TV-Konzern gesichert sein.

Erstmals berichtete die italienische Zeitung Il Messaggero über die Übernahmepläne. Ein Insider bestätigte, dass MFE zwar bereit sein wolle, derzeit aber keine unmittelbare Entscheidung bevorstehe. Weder MFE noch Pro Sieben Sat.1 äußerten sich zu den Berichten.

Das Problem mit den Randgeschäften

Die Berlusconi-Holding MFE hält bereits knapp 30 Prozent der Anteile an Pro Sieben Sat.1. Zweitgrößter Anteilseigner ist die tschechische PPF-Gruppe mit etwa 15 Prozent. Beide Investoren drängen das Management des deutschen Medienkonzerns unter CEO Bert Habets dazu, sich von Randgeschäften wie dem Kosmetikanbieter Flaconi und dem Vergleichsportal Verivox zu trennen. In italienischen Medien ist außerdem von einem Online-Dating-Portal und einem Immobiliengeschäft die Rede. Zusammen werden sie auf 750 Mio. Euro geschätzt, bisher habe sich jedoch noch kein Käufer gefunden.

Auch Personalentscheidungen könnten eine Rolle spielen. Der Vertrag von Pro-Sieben-CEO Bert Habets läuft bis November 2025 und könnte verlängert werden – vorausgesetzt, die Strategie des Konzerns erfüllt die Erwartungen. Gleiches gilt für Aufsichtsratschef Andreas Wiele, dessen Mandat bis zur Hauptversammlung im Frühjahr 2025 befristet ist.

Bereits im April wurden erste Verhandlungen von MFE mit Banken kolportiert. Nun scheint der Plan konkretere Formen anzunehmen. Eine zentrale Rolle im Kreditprozess soll laut Il Messaggero UniCredit spielen, gemeinsam mit weiteren Banken wie Banco BPM, BPER Banca, BNP Paribas, Deutsche Bank und Intesa Sanpaolo.

Die Verkaufsverhandlungen um Verivox sind offenbar ebenfalls fortgeschritten. Pro Sieben Sat.1 soll laut Insidern Gespräche mit dem italienischen Unternehmen Moltiply führen. Branchenbeobachter gehen davon aus, dass MFE eine Übernahme starten könnte, sobald sich Pro Sieben Sat.1 stärker auf das Kerngeschäft Entertainment fokussiert.

Ein milliardenschweres Vorhaben

MFE setzt mit dem angestrebten Kredit und den Übernahmeplänen ein starkes Signal. Sollte die Finanzierung zustande kommen und die strategischen Verkäufe abgeschlossen werden, könnte die Berlusconi-Familie ihre Position im deutschen Medienmarkt deutlich ausbauen. Beobachter rechnen damit, dass das Jahr 2025 entscheidend für die Zukunft von Pro Sieben Sat.1 und die Pläne der Italiener sein wird.

Gelingt die Übernahme, dann wäre es ein weiterer Schritt in der langjährigen Strategie von MFE, die europäische Medienlandschaft zu konsolidieren – und könnte den angeschlagenen deutschen Medienkonzern in eine neue Ära führen.

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