Die Medienunternehmer Wolf und Wolfram Weimer im Interview
Wolf Weimer: "Offenheit für neue Formate tut Verlagen grundsätzlich gut"

Wie der Vater, so der Sohn? Wolfram Weimer war Chefredakteur von Welt, Berliner Morgenpost, Focus und Cicero. 2012 gründete er die Weimer Media Group, in der u.a. Business Punk erscheint. Sein Sohn Wolf Weimer ist nun auch Unternehmer in der Medienbranche – gemeinsam mit Lukas Paetzmann führt er das Unternehmen Articly, eine App für Zeitungen zum Hören. LEADERSNET sprach mit dem Gründer Wolf und seinem Vater Wolfram.

LEADERSNET: Herr Weimer, Articly vertont ausgewählte Zeitungsartikel von deutschsprachigen Verlagshäusern in Hörbuchqualität und stellt sie Nutzer:innen barrierefrei zur Verfügung. Wie aktuell sind Sie?

Wolf Weimer: In der ARTICLY-App gibt es täglich neue Inhalte. Audio ist ein schnelles Medium und wird gerne zwischendurch oder nebenher konsumiert. Insbesondere unsere neuen Audio-Briefings kommen gut an – dort optimieren wir journalistische Inhalte so, dass sie wirklich für das Hören gemacht sind. Inzwischen bieten wir solche Audio-Briefings und automatisierte Podcasts auch unseren Kunden an – mit großem Erfolg.

LEADERSNET: Sie verwenden KI für die Änderung der Originaltexte, um sie vorlesbar zu machen. Welche Rolle spielt der Mensch in diesem Prozess?

Wolf Weimer: Selbstverständlich spielt ein menschlicher Review-Prozess dabei eine große Rolle. Gemeinsam mit unseren Kunden – etwa Lokalredaktionen – definieren wir Qualitätskriterien. In den ersten Wochen gleichen wir jeden KI-generierten Output mit dem Originaltext ab, um Fakten und Tonalität zu sichern. Erst wenn alles passt, schalten wir die Automatisierung frei. So bleibt die KI ein Werkzeug – die inhaltliche Kontrolle bleibt beim Menschen.

LEADERSNET: Kann Articly dabei helfen, das Sterben von Printprodukten zu vermeiden?

Wolf Weimer: Wir versuchen jedenfalls, unsere Verlagspartner zu unterstützen. Offenheit für neue Formate tut Verlagen grundsätzlich gut. „Liquid Content” ist heute entscheidend – Inhalte müssen flexibel dort verfügbar sein, wo die Leute sie konsumieren wollen. Mit automatisierten Podcasts oder exklusiven Hörformaten helfen wir dabei, hochwertigem Journalismus eine angemessene Bühne zu geben. Print bleibt wichtig, aber Audio kann ihn perfekt ergänzen – und neue Zielgruppen sowie Erlösquellen erschließen.

LEADERSNET: Was meinen Sie, Wolfram Weimer: Was haben Verlage über die Jahre falsch gemacht?

Wolfram Weimer: Klassische Printverlage haben die digitale Revolution zuweilen unterschätzt, manchmal zu spät darauf reagiert, viele aber haben sich auch klug weiterentwickelt. Es gibt in dieser Revolution immer wieder Überraschungen, zum Beispiel dass das gedruckte Buch sich erstaunlich behauptet oder dass amerikanische Plattformen selbst das lokalste Werbegeschäft weitgehend an sich reißen oder dass neue Verhaltensformen wie informationelles Hören plötzlich populär werden. Das birgt immer auch Chancen, die freilich Startups wie ARTICLY häufig besser adressieren als alte Medienhäuser.

LEADERSNET: Haben Sie Ihrem Sohn Ratschläge für die Gründung seines Unternehmens mitgegeben?

Wolfram Weimer: Es ist eher so, dass ich Ratschläge von ihm brauchen kann. ARTICLY bewegt sich in seinem sehr innovativen Feld erfolgreich voran. Das hat mit dem klassischen Verlagsgeschäft wenig zu tun, anders gesagt: ARTICLY baut moderne Raketen der akustischen Informationswelt, wir hingegen bauen klassische Marktplätze der kommunikativen Begegnung. Da wären Ratschläge mehr Schläge als Rat.

LEADERSNET: Wie wählen Sie die Texte aus, die Sie vertonen?

Wolf Weimer: Wir setzen auf Qualität statt Quantität. Nicht jeder Artikel eignet sich für Audio – lange Sätze oder viele Zahlen hört man beispielsweise nicht gerne. Wir fokussieren uns auf Hintergründe, Reportagen und Analysen, also Texte mit gutem Storytelling und echtem Mehrwert für den Hörer. Die Auswahl treffen wir gemeinsam mit den Verlagen oder durch automatisierte Kuration, wenn gewünscht. Am Ende geht es darum, dass der Hörer nicht nur informiert, sondern wirklich gefesselt wird. Das schaffen wir in unseren Audio-Briefings besonders gut, indem wir geschriebene Texte auf Audio optimieren.

LEADERSNET: Welche Rolle spielt die journalistische Ethik in Ihrer Arbeit?

Wolf Weimer: Wir vertonen nur geprüften Journalismus und sorgen mit technischen und menschlichen Faktenchecks dafür, dass Inhalte auch nach der Audio-Optimierung faktisch sicher bleiben. Mehrere Kunden haben uns schon zurückgespiegelt, wie beeindruckt sie sind, dass es bei uns keine KI-Halluzinationen gibt – anders als bei klassischen KI-Chats. Unser Ziel ist es, hochwertige Artikel hörbar zu machen, ohne ihre journalistische Integrität zu gefährden.

LEADERSNET: Was können Sie Ihrem Sohn in Bezug auf guten Journalismus mitgeben?

Wolfram Weimer: Glaube denen, die die Wahrheit suchen. Und zweifle an denen, die sie gefunden haben.

LEADERSNET: Besonders Lokalredaktionen haben in diesen Tagen zu kämpfen. Sie legen bewusst ein Augenmerk auf lokale Nachrichten. Warum?

Wolf Weimer: Weil lokale News für viele Menschen unverzichtbar sind. Dank KI können wir jetzt hyperlokale Podcasts realisieren – etwas, das früher zu aufwändig und teuer für Lokalredaktionen war. Wer würde nicht gern im Morning-Briefing-Style erfahren, was gestern in der eigenen Nachbarschaft los war? So machen wir lokalen Journalismus hörbar und zukunftsfähig.

LEADERSNET: Ihr Projekt mit Audi haben Sie innerhalb von fünf Monaten umgesetzt. Ist Schnelligkeit Ihr größter Vorteil?

Wolf Weimer: Schnelligkeit ist wichtig, aber nicht alles. Entscheidend ist, dass wir flexibel und pragmatisch arbeiten. Audio ist ein Routine-Medium – wer es nutzt, soll es regelmäßig tun. Deshalb sehen wir unsere Projekte als Marathon, nicht als Sprint. Wir starten schnell, testen, lernen und optimieren, damit sich unsere Lösungen nachhaltig etablieren. Audi hat das geschätzt – genauso wie viele unserer anderen Partner.

LEADERSNET: Wolfram Weimer, fehlt es Verlagen an Agilität?

Wolfram Weimer: Jedenfalls könnten wir von Startups wie ARTICLY einiges lernen. Etwa: das dynamische Mindset, die Gründermentalität, die technologische Kompetenz, die Flexibilität, Neues zu wagen.

LEADERSNET: Sie wollen nun große Verlagshäuser wie Funke, NOZ, ProSieben Entertainment und Madsack überzeugen. Was braucht es dazu?

Wolf Weimer: Gute Technologie, journalistisches Verständnis und ein klares Geschäftsmodell. Verlage brauchen keine Spielerei, sondern echte Reichweite und Erlöse. Mit automatisierten Podcasts, Premium-Hörinhalten und smarten Audio-Strategien zeigen wir, wie einfach und lukrativ das geht.

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