Neue Flugticket-Regel sorgt für Ärger
Millionen Passagiere müssen sich bei Ryanair auf Chaos an den Flughäfen einstellen

| Redaktion 
| 06.03.2025

Der Countdown läuft, doch viele Reisende sind alles andere als bereit. Ryanair zwingt Passagiere ab November in die digitale Welt – wer kein Smartphone hat, könnte schnell in Schwierigkeiten geraten. An großen Drehkreuzen wie Mallorca oder Berlin drohen chaotische Szenen, während Verbraucherschützer Alarm schlagen. Bleibt diese Maßnahme bestehen oder gibt es noch eine Kehrtwende?

Ryanair schafft die ausgedruckte Bordkarte ab und setzt ab November 2025 vollständig auf digitale Tickets. Wer fliegen will, muss seine Bordkarte künftig auf dem Smartphone oder Tablet vorzeigen. Eine gedruckte Alternative wird es nicht mehr geben – und das sorgt für heftige Diskussionen. Während die Airline den Schritt als modernen und umweltfreundlichen Fortschritt verkauft, warnen Kritiker vor digitalen Hürden und möglichen Zusatzkosten für Passagiere.

Digitalisierung mit Verzögerung

Ursprünglich sollte das Ende der ausgedruckten Bordkarten bereits im Mai dieses Jahres umgesetzt werden. Aufgrund von Kundenprotesten und praktischen Herausforderungen verschiebt Ryanair den Stichtag jedoch auf Anfang November. Passagiere können also noch bis dahin mit einer klassischen Papier-Bordkarte einchecken. Danach wird diese Option ersatzlos gestrichen.

Die Verzögerung zeigt, dass der Übergang nicht so reibungslos verläuft, wie es sich die Airline erhofft hatte. Während der überwiegende Teil der Kunden bereits digitale Bordkarten nutzt, gibt es nach wie vor eine signifikante Anzahl von Reisenden, die entweder keine Möglichkeit oder keinen Zugang zu einem Smartphone haben. Besonders betroffen sind ältere Menschen, die nicht mit der Technologie vertraut sind, sowie Reisende, die aus technischen oder finanziellen Gründen kein Smartphone besitzen.

Herausforderungen und Kritik

Die Umstellung sorgt vor allem bei älteren Passagieren und Reisenden ohne Smartphone für Kritik. In Großbritannien hatte die Ankündigung bereits zu Protesten geführt. Besonders problematisch: Einige Länder, darunter die Türkei und Marokko, verlangen aus Sicherheitsgründen weiterhin eine gedruckte Bordkarte. Ryanair versichert jedoch, dass für Passagiere, deren Smartphones defekt oder deren Akkus leer sind, eine kostenlose Ersatzlösung bereitgestellt wird.

Reise-Experten warnen, dass es besonders für Passagiere ohne digitale Affinität schwer sein wird, sich an das neue System zu gewöhnen. Viele Reisende sind es gewohnt, ihr Ticket in Papierform mit sich zu führen und fühlen sich mit der alleinigen digitalen Option unsicher. Verbraucherschutzorganisationen fordern deshalb, dass eine alternative Lösung bestehen bleibt, um niemanden von Reisen auszuschließen.

Chaos am Flughafen Mallorca befürchtet

Besonders am Flughafen Palma de Mallorca, einem wichtigen Drehkreuz für Ryanair, wird die Umstellung spürbare Auswirkungen haben, so laut eines Berichts des Mallorca Magazins. Dort starten täglich bis zu 40 Maschinen der Airline von und nach Deutschland. Experten warnen vor erheblichen Problemen beim Boarding, da viele Passagiere Schwierigkeiten mit der App oder ihrem Smartphone haben könnten. Der britische Reise-Experte Eoghan Corry prognostiziert "absolutes Chaos", insbesondere in Stoßzeiten.

Schon jetzt sind Flughäfen mit langen Warteschlangen und unvorhergesehenen Verzögerungen konfrontiert. Sollte sich die Zahl der hilflosen Passagiere erhöhen, die ihre Bordkarte nicht finden oder technische Probleme mit ihren Geräten haben, könnte sich der Boarding-Prozess erheblich verlängern. Zudem könnten Mitarbeiter der Airline stärker gefordert sein, anstatt Zeit und Ressourcen zu sparen.

Hohe Zusatzgebühren für analoge Alternativen

Wer sich mit der Technologie schwertut, muss tief in die Tasche greifen. Schon jetzt erhebt Ryanair eine Gebühr von 20 Euro für die "Wiederausgabe des Flugtickets" am Schalter. Ab November 2025 soll dieser Service bis zu 75 Euro kosten – ein wahrer Digitalisierungszuschlag, der in erster Linie zusätzliche Einnahmen für die Airline generieren dürfte.

Kritiker werfen Ryanair vor, hier gezielt Einnahmen aus einem erzwungenen digitalen Wandel zu generieren. Kunden, die mit dem neuen System nicht zurechtkommen oder schlichtweg ihr Smartphone verlieren, sehen sich einer drastischen Zusatzgebühr ausgesetzt. Der Gedanke der Kosteneinsparung für die Fluggesellschaft steht für viele im Widerspruch zu einem fairen Umgang mit den Passagieren.

Umweltfreundlich oder Kostensenkung?

Ryanair gibt an, mit der Abschaffung der Papier-Bordkarten jährlich 300 Tonnen Abfall einzusparen. Kritiker vermuten jedoch, dass es dem Unternehmen in erster Linie um Kosteneinsparungen geht. Derzeit erhebt Ryanair bereits eine Gebühr für das Einchecken am Schalter. Mit der digitalen Bordkarte entfällt dieser Service weitgehend – und damit auch die Notwendigkeit, Personal an den Flughafenschaltern vorzuhalten.

Ob der Umweltschutz hier wirklich im Vordergrund steht, wird von Verbraucherschutzorganisationen bezweifelt. Immerhin müssen Passagiere, die auf ein ausgedrucktes Ticket angewiesen sind, mit zusätzlichen Kosten rechnen – was letztlich nur den Gewinn der Airline steigert. Zudem ist nicht eindeutig belegt, ob die Einsparung von Papier einen tatsächlich messbaren ökologischen Vorteil bietet, wenn man den erhöhten Energieaufwand für die Produktion und Nutzung von Smartphones mit einrechnet.

Verbraucherschützer fordern Ausnahmen

Die belgische Verbraucherschutzorganisation Test-Achats wirft Ryanair Diskriminierung vor und fordert ein Eingreifen der europäischen Behörden. Besonders ältere Menschen und Reisende mit Behinderungen seien von der digitalen Zwangsmaßnahme betroffen.

Es bleibt abzuwarten, ob Ryanair die Kritik ernst nimmt oder sich weiterhin stur zeigt. Bislang hat das Unternehmen wenig Bereitschaft signalisiert, alternative Lösungen anzubieten. In der Vergangenheit hat Ryanair bewiesen, dass es kaum auf Beschwerden reagiert, wenn diese nicht mit wirtschaftlichen Konsequenzen verbunden sind.

Andere Fluggesellschaften wie Lufthansa oder EasyJet setzen zwar auch verstärkt auf digitale Bordkarten, lassen aber weiterhin die Option für gedruckte Tickets offen. Ryanair geht mit seinem radikalen Schritt einen Sonderweg, der möglicherweise noch zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen könnte.

Ein Modell für die Zukunft oder ein Risiko?

Die Digitalisierung des Flugverkehrs ist unumgänglich, aber die Umsetzung sollte nicht zu Lasten der Passagiere gehen. Während viele Kunden den Komfort der digitalen Bordkarte schätzen, bleibt die Frage, ob Ryanair mit seiner harten Linie nicht zu weit geht. Die kommenden Monate werden zeigen, ob sich die Maßnahme als Erfolg erweist oder zu einem Imageproblem für die Airline wird.

Passagiere sollten sich jedenfalls darauf einstellen, künftig nur noch mit Smartphone oder Tablet zum Flugsteig zu gelangen – oder alternativ tief in die Tasche zu greifen, falls sie nicht mitziehen können oder wollen.

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