Angriff auf Temu und Shein
Amazon drängt mit Discount-Plattform Haul offenbar nach Europa

Amazon will seinen Discount-Marktplatz Haul international ausrollen und damit Konkurrenten wie Temu und Shein unter Druck setzen. Laut Insider-Informationen soll der Dienst noch in diesem Jahr in Europa starten.

Seit November ist Haul in den USA verfügbar – ein Online-Store, der ausschließlich über die Amazon-App zugänglich ist und vor allem extrem günstige Produkte unter 20 Dollar anbietet. Die Plattform soll Kunden mit Niedrigpreisen für Kleidung, Kosmetik und Haushaltswaren anlocken, ähnlich wie es Temu und Shein vormachen. Haul befindet sich noch in der Beta-Phase, doch Amazon treibt den Ausbau konsequent voran.

Nun wird der nächste Schritt vorbereitet: Laut zwei mit der Angelegenheit vertrauten Personen, die in einem Bericht in CNBC anonym bleiben möchten, plant Amazon den Markteintritt in Europa. Stellenanzeigen deuten zudem auf eine globale Expansion hin.

Ein Amazon-Sprecher hielt sich zu den Plänen bedeckt. „Wir suchen immer nach neuen Wegen, um unseren Kunden weltweit eine größere Auswahl, günstigere Preise und mehr Komfort zu bieten“, teilte das Unternehmen auf Anfrage mit.

Wimpernzange: 1 Dollar, Ringe: 2 Dollar, Kosmetiktasche: 3 Dollar

Amazon reagiert mit Haul auf die rasante Expansion chinesischer Online-Händler wie Temu und Shein, die mit aggressiven Rabatten und günstigen Direktlieferungen Millionen Kunden gewinnen. Plattformen wie TikTok Shop treiben den Trend weiter an.

Mit Haul setzt Amazon auf eine ähnliche Strategie: Die Preise sind teils absurd niedrig – Wimpernzangen für einen Dollar, Kosmetiktaschen oder Ringe mit Zirkonia-Steinen für unter drei Dollar. Die Ware stammt größtenteils von chinesischen Verkäufern, die über die Plattform an US-Kunden liefern.

Das Geschäftsmodell gerät jedoch zunehmend ins Visier der Politik. Ex-US-Präsident Donald Trump setzte Anfang des Monats kurzfristig die sogenannte de-minimis-Regel aus, die den zollfreien Import von Paketen im Wert von bis zu 800 Dollar erlaubt. Kurz darauf wurde die Regelung zwar wieder in Kraft gesetzt, doch es gilt als sicher, dass sie künftig verschärft wird. Millionen Pakete – viele davon aus China – könnten dann mit Zöllen belegt werden.

Amazon-CEO Andy Jassy betonte in einem Interview mit Bloomberg, Haul nutze das System in geringerem Maße als Wettbewerber wie Temu oder Shein. Doch die Pläne für eine internationale Expansion zeigen, dass Amazon den Discount-Markt keineswegs kampflos den chinesischen Konkurrenten überlassen will.

Nachhaltigkeitsprobleme in Europa

Der Start in Europa könnte für Amazon jedoch einige Hürden mit sich bringen. Ein Insider weist darauf hin, dass Haul auf Plastikverpackungen setzt – ein Problem, da der Konzern in Europa 2023 auf recycelbare Papierverpackungen umgestellt hat.

Zudem ist unklar, wie Amazon das Haul-Angebot langfristig profitabel halten will. Seit diesem Monat experimentiert der Konzern mit gesponserten Produkten in den Haul-Suchergebnissen – eine bewährte Einnahmequelle, die Amazon 2024 Werbeeinnahmen von über 56 Milliarden Dollar einbrachte. Auch Influencer-Marketing wird forciert: Auf der Haul-Startseite finden sich Produktempfehlungen von TikTok-Stars wie Michaela Delvillar.

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