Künstliche Intelligenz
Weniger Gemeinwohl, mehr Gewinn: OpenAI strukturiert um

Die Entwicklerfirma von ChatGPT will sich für Investoren attraktiver machen. Laut Insidern plant das Unternehmen, seine Eigentümerstruktur so zu verändern, dass die ursprünglich gemeinnützige Organisation ihre Mehrheit am profitorientierten Teil abgibt. Der Schritt geht mit prominenten personellen Veränderungen einher.

Mehrere Quellen - darunter Reuters, Bloomberg und das Wall Street Journal - berichten, dass OpenAI plant, die Kontrolle über den gewinnorientierten Unternehmenszweig stärker in Richtung Investoren zu verlagern. Die gemeinnützige Organisation, die bisher über den Verwaltungsrat die Geschäfte lenkte, soll künftig nur noch eine Minderheitsbeteiligung am Unternehmen halten. OpenAI will seine Attraktivität für Investoren steigern und im Zuge dessen die Obergrenze für die Rendite aufheben. Ein Schritt, der laut Analysten in erster Linie dazu dient, das Unternehmen auf eine neue Finanzierungsrunde vorzubereiten.

Im Zuge dieser Umstrukturierung könnte OpenAI-CEO Sam Altman selbst Aktien des gewinnorientierten Unternehmens erhalten. Der Wert dieser Beteiligung wird aktuell auf 150 Milliarden US-Dollar geschätzt.

Weiterhin "mission-orientiert“?

Trotz dieser Schritte bleibt OpenAI öffentlich bemüht, seine gemeinnützige Mission zu betonen. "Die gemeinnützige Organisation bleibt das Herzstück unserer Arbeit“, ließ das Unternehmen verlauten. Dennoch scheint es klare Anzeichen dafür zu geben, dass der Einfluss des gemeinnützigen Teils auf die zukünftige Ausrichtung des Unternehmens schrumpfen könnte. Wie viel Einfluss die gemeinnützige Muttergesellschaft nach der Umstrukturierung noch haben wird, bleibt offen, da die Verhandlungen über Details und Zeitplan noch andauern.

Mira Murati und Greg Brockman gehen

Die möglichen Umbaupläne fallen mit mehreren hochkarätigen Abgängen innerhalb des Unternehmens zusammen. So hat Technologiechefin Mira Murati überraschend ihren Rücktritt angekündigt. Auch Greg Brockman, der bisher das Tagesgeschäft leitete, hat seinen Abschied von OpenAI eingeleitet. Bereits zuvor verließen zwei Mitbegründer, John Schulman und Ilya Sutskever, das Unternehmen. Schulman wechselte zu Anthropic, einem konkurrierenden KI-Entwickler, während Sutskever sein eigenes KI-Start-up gründete.

Murati, die fast sieben Jahre lang bei OpenAI tätig war, lobte in einem Post auf X die Errungenschaften des Unternehmens und erklärte, dass sie sich Zeit für eigene Forschungsvorhaben nehmen wolle. Altman bedankte sich öffentlich bei Murati für ihre Beiträge und die Unterstützung in schwierigen Zeiten. Die personellen Veränderungen haben in der Tech-Community für Aufsehen gesorgt. Ein Investor kommentierte mit der spitzen Bemerkung, dass OpenAI bald eine "One-Man-Show“ werden könnte.

Microsoft bleibt an Bord, neue Investoren im Gespräch

Microsoft, einer der größten Investoren und Partner von OpenAI, wollte sich auf Nachfrage nicht zu den Umstrukturierungsplänen äußern. Der Software-Gigant hat jedoch Milliarden in OpenAI investiert und dürfte weiterhin eine zentrale Rolle spielen. Medienberichten zufolge plant OpenAI, in der nächsten Finanzierungsrunde 6,5 Milliarden US-Dollar aufzunehmen, um seine Bewertung von 150 Milliarden Dollar zu rechtfertigen. Neben Microsoft sollen auch Nvidia und Apple an einer Investition interessiert sein.

Der Risikokapitalgeber Thrive Capital wird voraussichtlich 1,25 Milliarden Dollar in dieser Runde investieren, während sich andere prominente Investoren, etwa Sequoia Capital, aufgrund von Engagements bei konkurrierenden Projekten wohl zurückziehen werden.

Eine neue Phase beginnt

Die geplante Umstrukturierung wäre zweifellos eine der weitreichendsten Veränderungen in der Geschichte des Unternehmens. OpenAI wurde 2015 ursprünglich als gemeinnützige Organisation gegründet, um die Entwicklung sicherer Künstlicher Intelligenz (KI) voranzutreiben. Diese besondere Eigentümerstruktur sollte sicherstellen, dass der Fortschritt im Bereich der Artificial General Intelligence (AGI) zum Wohl der Menschheit dient. Doch seit der Einführung des profitablen Unternehmenszweigs OpenAI LP im Jahr 2019 und dem darauffolgenden weltweiten Erfolg von ChatGPT steht das Unternehmen immer stärker unter dem Druck, gewinnorientierte Entscheidungen zu treffen.

Sollte OpenAI den gemeinnützigen Teil tatsächlich weiter in den Hintergrund rücken, könnte das Unternehmen zunehmend wie ein traditionelles, profitorientiertes Start-up agieren. Kritiker befürchten, dass dabei die langfristige Verpflichtung, sicherheitsrelevante Aspekte bei der KI-Entwicklung im Auge zu behalten, ins Wanken geraten könnte.

Altman selbst hat wiederholt betont, dass er der Überzeugung ist, die Entwicklung von KI müsse sich am Wohl der Menschheit orientieren. Zugleich unterstrich er, dass die Weiterentwicklung der Technologie gewaltige Investitionen erfordere. Ob OpenAI letztlich den Weg in die komplette Gewinnorientierung einschlägt oder eine hybride Form wie eine "Public-Benefit Corporation“ wählt, bleibt abzuwarten.

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