Kaufland hat offenbar ein Rechtsextremen-Problem auf seinem Online-Marktplatz: Mehr als 8.000 Händler verkaufen dort ihre Artikel und bis vor wenigen Tagen haben sich darunter unter anderem die unkommentierte Ausgabe von Adolf Hitlers "Mein Kampf", Werke des Holocaust-Leugners David Irving oder Bücher von NPD-Politiker Rolf Kosiek befunden, wie Leo Schneider, Co-Vorsitzender der Jusos Hamburg-Nord, am Sonntag in einem Twitter-Thread offengelegt hat:
Gestartet war die Diskussion auf Twitter über Kauflands Umgang mit rechtsextremen Produkten bereits einen Tag vorher. Auslöser dafür war die Tatsache, dass das Unternehmen T-Shirts und Jutebeutel mit dem Emblem der Antifaschistischen Aktion (Antifa) aus dem Sortiment nahm, nachdem sich ein User darüber beschwert hatte. Der offizielle Kaufland-Account bedankte sich sogar noch für den Hinweis des Benutzers.
Das wiederum rief zahlreiche andere User:innen auf den Plan, die dem Unternehmen vorwarfen auf dem rechten Auge blind zu sein: Während Antifa-Produkte gesperrt wurden, werde beispielsweise das rechtsextreme Magazin Compact weiterhin in den Filialen der Supermarktkette verkauft. Und auch die eingangs erwähnten "Mein Kampf"-Ausgaben, eine Goebbels-Biographie von David Irving und andere Abscheulichkeiten waren zu diesem Zeitpunkt noch erhältlich.
"Schädlich für den Diskurs und schädlich für die Demokratie"
Man muss Kaufland aber zugute halten, dass die rechtsextremen Artikel unmittelbar nachdem Leo Schneider auf das Problem via Twitter aufmerksam gemacht hatte, entfernt wurden. Darüber hinaus wurde gegenüber Business Insider bestätigt, dass man in den kommenden Tagen die Prozesse sowie das Sortiment auf den Prüfstand stelle und entscheiden werde, ob und welche weiteren Produkte aus dem Angebot genommen werden. "Einzelne Produkte haben wir aktuell bereits aus dem Angebot genommen", wird ein Kaufland-Sprecher zitiert.
Dafür sorgte ein Twitter-Statement des Konzerns wiederum für weniger Freude: "Es kommt hier viel Kritik, weil wir rechtsextreme Magazine verkaufen, dann aber linksextremen Merch auf unserem Marktplatz sperren. Um es deutlich zu sagen: Wir bei Kaufland lehnen extreme Meinungen ab. Sie sind schädlich für den Diskurs und schädlich für die Demokratie." Dass das Unternehmen in seinem Statement Links- und Rechtsextremismus auf eine Stufe stellte, schmeckte nicht allen User:innen. Einige bezeichneten den Tweet auch als "Nicht-Entschuldigung".
"Compact" bleibt im Regal
Anders sieht die Sache hingegen beim Magazin Compact aus. Dieses wird auch weiterhin in den Kaufland-Filialen erhältlich sein. Der Vertrieb von Printmedien in den stationären Geschäften erfolgt bundesweit über Pressegroßhändler, die im Gesamtverband Pressegroßhandel (GVPG) zusammengeschlossen sind. "In Übereinstimmung mit der Satzung des GVPG sowie Artikel 5 des Grundgesetzes, ist es die Verpflichtung der Pressegroßhändler, die Pressefreiheit (Artikel 5 des Grundgesetzes) und Pressevielfalt jederzeit und überall zu gewährleisten", zitiert Business Insider eine Erklärung von Kaufland. "Dazu gehört ein offenes und neutrales Vertriebsnetz – eine Zensur darf seitens der Groß- und Einzelhändler gerade nicht stattfinden."
Der Rechtsanwalt Andreas Thiel der Münchener Anwaltskanzlei AWT Rechtsanwälte bestätigt, dass Kaufland gar keine andere Wahl habe, als das umstrittene Magazin weiterhin zu verkaufen, denn bei einer Auslistung hätten die Magazin-Verleger das Recht zu klagen. Einen Versuch Compact loszuwerden hat es von Seiten Kauflands bereits 2020 gegeben. "Wir nehmen das Magazin aus dem Verkauf. Bei uns ist kein Platz für rechts", twitterte der Konzern damals. Ein Versprechen, das nicht gehalten werden konnte. Das Magazin musste weiterhin verkauft werden.
www.kaufland.de
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