Fragwürdige Methoden?
Entscheid zu Pay or Ok beim Spiegel: Max Schrems reicht Klage gegen Hamburger Datenschutzbehörde ein

| Natalie Oberhollenzer 
| 01.08.2024

Arbeitet dieses Amt zu lasch? Der Datenschutz-Aktivist Max Schrems vertritt die Meinung und geht nun dagegen vor. Anlass ist ein Entscheid der Behörde zum Pay or Ok-Modell des Online-Auftritts vom Spiegel. Geld für Tracking und werbefreie Onlinemedien Geld zu kassieren, ist mittlerweile gemeinhin Usus geworden.

Die Hamburger Datenschutzbehörde steht in der Kritik des Vereins noyb nachdem sie den Einsatz des umstrittenen „Pay or OK“-Systems auf der Website des Spiegel für zulässig erklärt hat. Die Entscheidung kam nach einer Beschwerde der Datenschutzorganisation noyb (None of Your Business), die erhebliche Fragen zu den Untersuchungsmethoden der Behörde aufwirft. Bemängelt wird insbesondere, dass die betroffene Person während des Verfahrens nicht angehört wurde und viele relevante Tatsachen unbeachtet blieben. In einem parallelen Fall soll die Behörde sogar ein Unternehmen aktiv dazu motiviert haben, Geld für das "Nein" beim Cookie-Banner zu verlangen.

Die Details zur Beschwerde

Der Beschwerdeführer hatte im Sommer 2021 eine DSGVO-Beschwerde gegen das „Pay or OK“-Banner auf der Website des Spiegel eingereicht. Nutzer mussten sich, so wie es mittlerweile bei einem Gros der Online-Medien Usus ist, entweder für die Nutzung ihrer persönlichen Daten oder für ein Bezahlabo entscheiden. Nach fast drei Jahren kam die Behörde zu dem Schluss, dass „Pay or OK“ grundsätzlich zulässig sei, ohne dabei detailliert auf die freiwillige Einwilligung und Wahlfreiheit der Nutzer einzugehen. Tatsächlich stimmen mehr als 99,9 % der Nutzer dem Tracking zu, obwohl nur 3-10 % personalisierte Werbung wünschen. Auch die EU-Kommission äußerte in der Zwischenzeit Zweifel an der Legalität des Modells.

„Fake Zustimmung“

Max Schrems, Vorstandsvorsitzender von noyb, äußerte sich dazu: „Der Einsatz von ‘Pay or OK’ zieht eine Einwilligungsrate von 99,9 % nach sich. Eine so hohe Fake-Zustimmung hat nicht mal die DDR zusammengebracht. Von einer freiwilligen Einwilligung kann hier keine Rede sein. Es scheint nur, als wolle die Hamburger Behörde von solchen Zahlen nichts wissen.“

Vorwürfe der Begünstigung

Die Hamburger Datenschutzbehörde soll während des Verfahrens in engem Kontakt mit dem Spiegel gestanden haben, statt unvoreingenommen zu ermitteln, so der Vorwurf. Mehrfach traf sie sich mit Vertretern des Unternehmens und gab Rückmeldungen zu vorgeschlagenen Änderungen. Für den Verwaltungsaufwand des Verfahrens stellte die Behörde dem Spiegel € 6.140 in Rechnung. Ein anderes Medienunternehmen wurde sogar proaktiv ermutigt, auf „Pay or OK“ umzustellen. Der Beschwerdeführer wurde über diese Vorgänge erst nach der Entscheidung informiert und erhielt auf seine Nachrichten an die Behörde keine Antworten.

Stellungnahme von Dr. Raphael Rohrmoser

Dr. Raphael Rohrmoser, Anwalt des Beschwerdeführers, kritisierte die Vorgehensweise der Behörde: „Die Hamburger Datenschutzbehörde hat den Spiegel offensichtlich rechtlich beraten. Die berechnete Verwaltungsgebühr der Datenschutzbehörde dürfte deutlich unter den Gebühren von beratenden Kanzleien liegen. Für den Spiegel stellt dieses Vorgehen der Behörde eine Win-Win-Situation dar.“

Die Rolle der Datenschutzbehörde

Die Datenschutzbehörde wird dafür kritisiert, sowohl als Anwalt als auch als Richter aufzutreten. Dies widerspricht der DSGVO, die vorschreibt, dass Datenschutzbehörden Unternehmen zwar „sensibilisieren“, aber keinesfalls beraten sollen. Ihre Aufgabe ist es, Beschwerden zu untersuchen und auf Grundlage ihrer Ermittlungen eine unparteiische Entscheidung zu treffen.

Max Schrems dazu: „Niemand sollte Anwalt und Richter zugleich sein. Die Hamburger Datenschutzbehörde scheint allerdings kein Problem darin zu erkennen, Unternehmen zu beraten oder sogar aktiv zur Einführung von ‘Pay or OK’ aufzurufen, statt den Sachverhalt objektiv zu ermitteln. Es ist offensichtlich, dass die Behörde die von ihr selbst veranlassten Änderungen nicht als illegal einstufen wird.“

Der Beschwerdeführer hat nun beim Verwaltungsgericht Hamburg beantragt, die Entscheidung der Datenschutzbehörde aufzuheben. Sollte die Klage erfolgreich sein, müsste die Behörde erneut über die Beschwerde aus dem Jahr 2021 entscheiden.

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