Schätzungen zufolge sind vier bis sechs Prozent der Menschen in US-Gefängnissen unschuldig und sitzen eine Strafe für ein Verbrechen ab, das sie gar nicht begangen haben. Einer von diesen Unschuldigen hinter Gittern war John Galvan. Unfassbare 35 Jahre musste der heute 54-Jährige im berüchtigten Cook County Jail in Chicago verbringen, bevor er endlich wieder ungesiebte Luft atmen durfte.
Die Zigarette und der Molotowcocktail
Dass der Mann sowie zwei seiner vermeintlichen Komplizen überhaupt freigekommen sind, haben sie einer Folge der Serie "Mythbusters – Die Wissensjäger" zu verdanken. Galvan war beschuldigt worden, im September 1986 einen Molotowcocktail durch das Fenster eines Hauses geworfen zu haben, der ein Feuer entfachte, das den Tod zweier Menschen zur Folge hatte. John Galvan, der zum Zeitpunkt des Brandes im Haus seiner Großmutter schlief, wurde – ebenso wie sein Bruder und ein weiterer junger Mann – von einem Zeugen beschuldigt, den Molotowcocktail geworfen zu haben.
Die drei Beschuldigten wurden daraufhin festgenommen und verhört. Im Zuge des Verhörs, bei dem es den Beschuldigten zufolge auch zu körperlichen Misshandlungen durch die Polizei gekommen sei, unterschrieben sie schließlich ein Geständnis, dass sie es waren, die den Molotowcocktail geworfen hatten. Eines der Details in dem Geständnis, das 35 Jahre später die Unschuld Galvans und seiner Mitstreiter bewies, war, dass der Molotowcocktail mit einer brennenden Zigarette entzündet worden sein.
2.000 Versuche und sieben Zeugen
Als der damals 39-Jährige John Galvan dann 2007 die Wiederholung einer älteren "Mythbusters"-Folge sah – in der unter anderem gezeigt wurde, dass es praktisch nicht möglich ist, mit einer brennenden Zigarette einen Molotowcocktail zu entzünden – kontaktierte er umgehend seine Anwältin Tara Thompson, die die Folge ebenfalls zufällig gesehen hatte und sofort weitere Recherchen anstellte. Dabei stellte sich heraus, dass ein Forscher-Team des Bureau of Alcohol, Tobacco, Firearms and Explosives (ATF) kurz zuvor im Zusammenhang mit einem Fall von Brandstiftung herausgefunden hatte, dass es de facto unmöglich ist, mit einer brennenden Zigarette Benzin zum Brennen zu bringen. Ganze 2.000 Mal hatten sie im Zuge ihres Versuchs probiert, ein entsprechendes Feuer zu entfachen und scheiterten jedes Mal.
Dennoch musste Galvan weitere zehn Jahre warten, bis die von ihm und seiner Anwältin gesammelten wissenschaftlichen Beweise bei einer erneuten Anhörung unter die Lupe genommen wurden. Dabei hatten sie zudem sieben Zeugen im Schlepptau, die bestätigten von dem Kriminalbeamten, der Galvan seinerzeit verhört hatte, ebenfalls misshandelt worden zu sein. Zudem bestätigte ein Experte zum Thema Brandstiftung, dass es "wissenschaftlich unmöglich" sei, dass Galvan das Feuer, so wie in seinem Geständnis beschrieben, hätte entfachen können.
Beratungsresistente Ankläger
Wer jetzt glaubt, dass dies die Anklage überzeugte, Galvan wieder auf freien Fuß zu setzen, der hat sich getäuscht. Es waren mehrere Berufungen notwendig, bis er und seine beiden vermeintlichen Komplizen jetzt endlich freigelassen wurden. Insgesamt verbrachten die Drei zusammen 105 Jahre unschuldig hinter Gittern. So froh John Galvan ist, wieder in Freiheit zu sein, so schwierig ist es für ihn, sich in einer Welt zurechtzufinden, die sich seit 1986 massiv verändert hat. Wer ihm dabei ein wenig unter die Arme greifen möchte, hier ist seine Amazon-Wunschliste.
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