Trotz Fachkräftemangel: Kaum ein deutsches Unternehmen wirbt Personal im Ausland an

Die Hürden für Zuwanderung aus Nicht-EU-Ländern sind noch zu hoch.

Der Personalmangel in der deutschen Wirtschaft nimmt immer größere Dimensionen an. 73 Prozent und damit fast drei Viertel der Entscheider:innen in Unternehmen berichten von Fachkräfteengpässen in ihrem Betrieb. Das ergibt eine repräsentative Civey-Befragung für den neuen Fachkräftemigrationsmonitor der Bertelsmann Stiftung.

Kein Wohlstand ohne Zuwanderung

Insbesondere die Nachfrage nach Personen mit Berufsausbildung steigt weiter an: 58 Prozent der befragten Betriebe melden hier Bedarf an, während nur 30 Prozent von ihnen Akademiker:innen fehlen. An Fachkräften mangelt es vor allem in der Kranken- und Altenpflege, im Bau und im Handwerk, in der Industrie und Logistik sowie im Tourismus. Zudem sind größere Unternehmen häufiger von Engpässen betroffen als kleine

"Die niedrigen Geburtenraten der Vergangenheit holen uns jetzt ein. Ohne Zuwanderung kann Deutschland den Wohlstand nicht sichern", betont Susanne Schultz, Expertin für Migrationspolitik der Bertelsmann Stiftung.

Hohe Barrieren sorgen für Passivität

Trotz des eklatanten Personalmangels gibt mit 17 Prozent nicht einmal jedes fünfte Unternehmen an, im Ausland nach neuen Mitarbeiter:innen zu suchen. Dabei geht zugleich nur weniger als ein Fünftel von ihnen davon aus, dass in Deutschland ausreichend Personal zur Verfügung steht. Offenbar sind die Hindernisse für die Rekrutierung von Fachkräften im Ausland nach wie vor zu hoch. Die Unternehmen nennen insbesondere Sprachbarrieren, rechtliche und bürokratische Hürden sowie die schwierige Einschätzung ausländischer Qualifikationen als Hauptprobleme.

Die Zurückhaltung der Unternehmen spiegelt sich in den Zuwanderungszahlen. Zwar sind 2021 wieder mehr Fachkräfte aus Nicht-EU-Ländern nach Deutschland gekommen als unmittelbar nach Beginn der Pandemie. Mit knapp 25.000 Personen lag deren Anzahl aber deutlich unter dem Vor-Corona-Niveau von 40.000. Zugleich hat die Zuwanderung aus anderen EU-Staaten 2021 abgenommen. Den Ländern außerhalb Europas kommt dadurch eine noch größere Bedeutung für den deutschen Arbeitsmarkt zu. Dass der Bedarf an Fachkräften trotz der Wirtschaftsbelastungen durch Ukraine-Krieg, Energiekrise und Inflation ungebrochen steigt, liegt vor allem am demografischen Wandel.

Deutschland muss als Zuwanderungsland attraktiver werden

Die Bertelsmann Stiftung empfiehlt, das Fachkräfteeinwanderungsgesetz weiterzuentwickeln. „Die aktuellen Vorschläge der Bundesregierung, die Berufserfahrung als Kriterium zu berücksichtigen, eine Chancenkarte einzuführen und Visumsverfahren zu digitalisieren, gehen in die richtige Richtung", sagt Susanne Schultz.

Zudem müsste die Bundesrepublik als Einwanderungsland attraktiver werden. Eine Willkommenskultur, Maßnahmen gegen Diskriminierung sowie bessere Bleibeperspektiven würden dazu beitragen. Insbesondere das Potenzial von weiblichen Fachkräften aus dem Ausland ist noch wenig erschlossen.

www.bertelsmann-stiftung.de

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