LEADERSNET: Frau Winter, schlägt Ihr Herz Print?
Petra Winter: Ja, mein Herz schlägt für Print, aber noch viel mehr für die wunderbare Marke Madame – und den Monsieur, den wir seit fünf Jahren produzieren. Natürlich liebe ich nach wie vor ein gut gemachtes, schön gestaltetes und vor allem exzellent geschriebenes Magazin. Da man online sehr viel Content umsonst findet, sehe ich es als unsere Aufgabe, besser zu sein: zielgenau zu kuratieren, unsere Leser und Leserinnen haargenau zu kennen, um Themen passgenau zuzuschneiden.
LEADERSNET: Im Luxus-Segment nicht einfach?
Petra Winter: Ich glaube, auch da hat eine Marke, die journalistisch sehr ambitioniert und sehr gut ist, immer eine Berechtigung. Wenn man 9 Euro für ein Produkt ausgibt, dann möchte ich nichts Flüchtiges, sondern etwas Luxuriöses und Profundes, das ich mir gerne auf den Wohnzimmertisch lege. Dahingehend entwickeln wir die Marke. Ein Vergleich mit Büchern bietet sich an. Diese werden von den Menschen physisch gekauft, wenn sie sich in Ruhe zurückziehen wollen und genießen möchten. Für die Inhalte, die wir kreieren, die mit 9 Euro Copypreis vergleichsweise teuer sind, investieren wir eine Menge und bilden drumherum Kanäle, die das Ganze in neue Richtungen ausbauen.
LEADERSNET: Was bedeutet das?
Petra Winter: Substanzielle Erlösströme kommen von unseren Media-Partnern, die bei uns werben. Wir schauen, dass deren und unsere Botschaften und Inhalte gut zusammenpassen, eine schlüssige und schöne Welt bilden. Darüber hinaus ist unsere Webseite ein Schaufenster, in das man nicht nur reingucken kann, sondern auch ein Shop, den man betreten und dort etwas kaufen kann.
LEADERSNET: Wie beschreiben Sie Ihre Zielgruppe genau?
Petra Winter: Die Madame-Leserin ist im Durchschnitt 47 Jahre alt, zu 80 Prozent berufstätig, lebt zu 70 Prozent in Städten und verfügt über ein sehr hohes Haushaltsnettoeinkommen: 25 Prozent haben mehr als 5.000 Euro zur Verfügung. Die Madame wird zu 85 Prozent mehr als einmal in die Hand genommen. Beim Monsieur sind die Leser zwischen 25 und 65 Jahre alt. Drei Viertel arbeiten in Vollzeit, 16 Prozent sind selbstständig und wir haben eine sehr, sehr urbane Lesergruppe: 86,5 Prozent leben in Städten. Mehr als die Hälfte haben ein Haushaltsnettoeinkommen von mehr als 5.000 Euro. Es sind meistens eher gutverdienende, akademisch gebildete Personen. Das ist wiederum gut für unsere Anzeigenkunden, die Produkte verkaufen wollen, die auf der oberen Preisskala sind.
LEADERSNET: Mit ein Grund, warum Sie mit Madame Arabia in die Vereinigten Arabischen Emirate (UAE) expandiert haben?
Petra Winter: UAE und alle Golfstaaten sind ein spannendes Terrain, weil hier die Spending Power hoch ist und die Luxus-Klientin gute 15 Jahre jünger als bei uns im DACH-Raum. Mit 30, 35 Jahren haben die Leserinnen dort Budgets, die hier 50-Jährige ausgeben können.
LEADERSNET: Was sind weitere Gründe?
Petra Winter: Madame gibt es seit exakt 72 Jahren im deutschsprachigen Raum. Wir haben nie den Sprung ins Ausland gemacht. Die Idee, Madame zu internationalisieren, ist uns aber natürlich schon öfter gekommen, es gab bisher nur nie einen konkreten Impetus. Durch einen Zufall habe ich in Südfrankreich eine sehr spannende arabische Businessfrau kennengelernt – Asma Al Fahim. Die Al Fahims sind eine bekannte Unternehmerfamilie in den Emiraten mit einem Verlag, Arabian Publishing Media, in Abu Dhabi. Asma Al Fahim ist eine Selfmade-Frau, ihr gehört mit Villa88 bereits eine arabischsprachige Luxuszeitschrift und Medienmarke. Sie ist die ideale Partnerin und Lizenznehmerin. Wir teilen unsere Inhalte mit den Kolleginnen vor Ort, die diese um lokale Themen ergänzen. Das Ganze erscheint in englischer Sprache – immerhin sind 90 Prozent aller Bewohner in den Emiraten Expats. Das Team wird von Chefredakteurin Jessica Michault geleitet, die eine internationale Karriere als Journalistin gemacht hat, was wiederum hilft, um den Titel und die Marke gut zu vermarkten. Ich bin guten Mutes, dass wir da eine Lücke aufgetan haben, die uns Gewinne und vielleicht sogar ein weiteres Lizenzgeschäft bringt.
LEADERSNET: Welcher Markt könnte noch vielversprechend sein?
Petra Winter: Für uns machen Märkte Sinn, in denen Luxuskunden sind, besonders, in denen sich dieser Sektor gerade massiv entwickelt. Ich sehe momentan einen konkreten Markt, auf den das sehr zutrifft.
LEADERSNET: Sie sind bereits viele Jahre Journalistin. Wann kam der Punkt, an dem Sie verlegerischer gedacht haben?
Petra Winter: Das kam Stück für Stück. Aber meine Erziehung als Kind niedersächsischer Eltern hat schon geholfen: Wer gelernt hat, vernünftig zu haushalten und zu planen, hat schon mal eine gute Basis. Außerdem bin ich ja schon mit 28 Jahren sehr früh Chefin geworden – als Entwicklungschefredakteurin beim Bauer Verlag. Ein Jahr später bot man mir die Leitung der Cosmopolitan an, das Kronjuwel des Schweizer Verlegers Jürg Marquardt. Die Cosmo machte damals den mit Abstand größten Umsatz seines Verlages – entsprechend groß waren der Druck und die Verantwortung. Bis heute besteht meine Arbeit neben dem Redaktionellen zu einem wichtigen Anteil in der Kommunikation mit unseren Mediapartnern. Ein Heft muss ja nicht nur den Leser:innen gefallen, sondern auch den Mediakunden – idealerweise beiden gleichzeitig. Die Wünsche beider Parteien sind meist deckungsgleich, darum ist das kein Spagat, denn beide wollen journalistische Qualität und optische Exzellenz.
LEADERSNET: In den vergangenen Monaten gab es negative Nachrichten über die Looping Group. Hier waren Ihre Mit-Gesellschafter Robin Houcken und Dominik Wichmann involviert. Wie sehr hat es Sie persönlich und wie sehr hat es die Madame belastet?
Petra Winter: Die Madame hat es weniger belastet, weil sie in der Beautiful Minds Media GmbH erscheint, also einer unabhängigen Einheit. Weil Robin und Dominik aber die Looping-Eigentümer waren und Geschäftsführer sind sowie meine Mitgesellschafter, hat uns die Situation alle natürlich emotional sehr belastet. Eine unverschuldete Insolvenz ist immer unfair und ungerecht, mehr kann und will ich dazu nicht sagen.
LEADERSNET: Über allen Journalist:innen schwebt das große Thema KI. Wie gehen Sie damit um?
Petra Winter: Ich sehe dem mit großer Neugier und großen Erwartungen entgegen. Ich glaube, es ist wichtig, manche Prozesse zu automatisieren und zu optimieren, gerade wenn es um digitale Mechanismen und Inhalte geht wie SEO-optimiertes Schreiben und E-Commerce. Unsere Texte schreiben wir generell aus einem sehr persönlichen Erfahrungshorizont, das kann keine KI leisten. Vielleicht irgendwann einmal, aber momentan habe ich nicht den Eindruck, dass das schon sehr bald gelingt.
LEADERSNET: Sie haben selbst schon ein Beauty Produkt gelauncht. Wie kam es dazu?
Petra Winter: Das ist sicher unserer Abenteuerlust geschuldet, ich glaube, das wäre in keinem anderen Verlag möglich gewesen (lacht). Wir wollten ein Produkt, das zu uns passt und glaubwürdig ist, und haben eine Analyse gemacht, was unsere Leserinnen wirklich brauchen könnten. Mit einem Kosmetik-Partner haben wir dann das Maison Madame Le Sérum entwickelt. Unser Vorteil ist, dass unsere Marke glaubwürdig und seriös ist – und dass wir über unsere eigenen Kommunikationskanäle verfügen, um es zu bewerben. Ich freue mich jedenfalls jeden Morgen und jeden Abend, wenn ich den Flakon in die Hand nehme, weil das Produkt so gut ist. Darum haben wir auch den Mut, das Serum durch weitere Produkte zu ergänzen.
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