Während die Energiepreise für Haushalte steigen, verzeichnen die größten Ölkonzerne weiterhin Rekordgewinne. Die Einführung einer Übergewinnsteuer für die Ölindustrie wird diskutiert, zugleich verstärken die hohen Energiepreise sowie ein Blick auf den anhaltenden Krieg in der Ukraine den Wunsch nach Unabhängigkeit, insbesondere in Europa.
Volatiler Ölpreis
Vor allem der Ölpreis zeigt sich seit mehr als zwei Jahren enorm volatil. Brach dieser im März 2020 aufgrund der Ausgangsbeschränkungen und des folglich gesunkenen Verbrauchs ein, stieg darauffolgend die Nachfrage wieder an. Diese konnte jedoch aufgrund der Unsicherheiten des Ukrainekriegs nicht gedeckt werden und ließ den Preis in die Höhe schnellen. Nach Erhebungen des Statischen Bundesamts waren Anfang September Benzin und Diesel teurer als in allen anderen direkten EU-Staaten.
Doch nicht nur Öl, auch Strom und Gas werden zunehmend teurer: Anfang des Monats zahlten Haushalte in Deutschland einen durchschnittlichen Strompreis von über 50 Cent pro Kilowattstunde, was einem Rekordwert entspricht . Auch der Gaspreis für Neukunden befindet sich im September auf einem Hoch, mit einem Anstieg von über 500 Prozent im Jahresvergleich zu September 2021 . Befürchten Experten fortlaufende Energiepreissteigerungen in den kommenden Monaten, schütteten die westlichen Ölriesen Shell, BP, Total Energies, Chevron und Exxon mit 30 Milliarden Dollar im zweiten Quartal eine Rekordsumme an Dividenden und Aktienrückkäufen aus.
Der Spagat der Ölgiganten
Besonders bei großen Unternehmen sind Aktienrückkäufe eine ziemlich gängige Praxis. Die Milliardengewinne der Giganten lösten Forderungen nach einer Übergewinnsteuer aus. Obwohl viele davon ausgehen, dass höhere Steuersätze zu einem Rückgang der Aktienkurse führen, gab es in der Vergangenheit nach Steuererhöhungen überdurchschnittliche Rendite. Die Ölindustrie wird nun auch dafür kritisiert, von den Rekordgewinnen zu wenig in nachhaltigkeitsfördernde Projekte zu investieren, was angesichts des Klimawandels und der angestrebten Zero-Net-Politik einiger Konzerne einen Widerspruch darzustellen scheint.
BP war einer der ersten Ölkonzerne, der sich im großen Umfang erneuerbaren Energien verschrieben hat und investiert nun trotz der Aktienrückkäufe weiterhin in grüne Technologien, wie in den Ausbau von Schnellladestationen für Elektroautos. Auch Shell fördert Wind- und Solarenergie, engagiert sich für die Weiterentwicklung von Wasserstoff-Mobilität und Eni investiert ebenso in Projekte zur Reduzierung von Treibhausgasen und zur Erhöhung der Energieeffizienz.
Anleger wiegen sich in Sicherheit
Wer in Energietitel investiert ist nicht der Gefahr eines baldigen drastischen Kurscrash ausgesetzt, zumindest nicht im Ölsektor. Die steigenden Ölpreise haben den Energieaktien in der ersten Jahreshälfte gutgetan. Solange die Preise nicht stark fallen, bleibt der Energiesektor attraktiv. Dabei gibt es keinen fundamentalen Grund zu Annahme, dass vor allem die Ölpreise auf ein pandemisches Niveau zurückkehren werden. Die Nachfrage ist einfach zu groß und das Angebot zu knapp, und Unternehmen wie BP oder Exxon profitieren letztendlich davon.
Gelten im Normalfall Versorgeraktien als eine stabile Anlage, da die Nachfrage selbst in einer Rezession konstant bleibt, verunsichert die aktuelle Debatte über die staatliche Regulierung von Energiepreisen die Anleger, sodass Aktienkurse fallen. Wenn alles andere in der Wirtschaft schief zu laufen scheint, sind Versorgerunternehmen für Investoren besonders attraktiv, weil sie weniger von ökonomischen Veränderungen betroffen sind.
Die derzeitige Lage ist jedoch etwas anders zu bewerten: Bei steigenden Kosten müssen auch sie ihre Preise erhöhen und auch die Regierung kann in den Markt eingreifen, wie die kürzlichen Diskussionen über eine Strompreisbremse zeigen. Hinzu kommt das durch den Klimawandel zunehmende Risiko von Naturkatastrophen – Versorger sind auf eine kostspielige Infrastruktur angewiesen. Wird diese bei Bränden, Überschwemmungen oder Stürmen beschädigt, so leidet der Cashflow darunter. Auch Cyberangriffe auf kritische Infrastrukturen der Anbieter sind eine nicht zu unterschätzende Gefahr. Versorgeraktien sollten im eigenen Portfolio deswegen nicht zu stark gewichtet sein.
Klimafreundliche Aktien
Mit anhaltender Energiekrise werden erneuerbare Energien, meist Wind- und Sonnenenergie, als erste attraktive Alternative für eine größere Unabhängigkeit identifiziert. Und auch das Interesse der Anleger an der 2Clean Energy steigt. Zumal der Inflation Reduction Act in den USA, der milliardenschwere Steueranreize für erneuerbare Energien vorsieht, als zusätzlicher Wachstumsmotor des Markts fungiert.
Der globale Markt für alternative Energien wird in den kommenden Jahren wachsen, wenn gesetzliche und finanzielle Initiativen weiter zunehmen und unser Energieverbrauch stetig ansteigt. Wenn die Nachfrage auch künftig so schnell wächst, werden grüne Aktien insbesondere für Investoren, die langfristig anlegen wollen, attraktiv sein. Denn laut dem Center for Climate and Energy Solutions sind erneuerbare Energien die am schnellsten wachsende Energiequelle in den USA.
Börsennotierte und auf nachhaltige Energiegewinnung spezialisierte Unternehmen konnten in jüngster Vergangenheit teils hohe Profite erzielen. Enphase Energy Inc. bietet Lösungen für die Solarstromerzeugung und Energiespeicherung in Privathaushalten an und erreichte nun einen Rekordumsatz von 413 Millionen Dollar in diesem Jahr. Das Unternehmen Plug Power Inc. hingegen gilt als Innovator der modernen Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie. Hier ist der Jahresumsatz um 80 Prozent gegenüber dem Vorjahr angestiegen, auf mehr als 900 Millionen Dollar. Es gibt also einige Aktien, bei denen Anleger vom Megatrend der grünen Energie künftig profitieren könnten.
www.freedomfinance.eu
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